schöpfe sein Siegel drücken werde? Gebrauchen Sie sich nur Jhrer gewöhnlichen Klugheit, so wird das Ende gut seyn.
Jch habe sonst gleiche Gedancken mit Jhnen von einem väterlichen Fluche: allein ich muß den Fluch solcher Eltern ausnehmen, die selbst mehr Schuld. an den Vergehungen, die sie verfluchen, haben, als das Kind. Sollen solche entsetzliche Flüche von einiger Kraft seyn, so müssen sich bey den Eltern lau- tere Absichten befinden, der Ungehorsam des Kindes muß ohne Entschuldigung, und dessen getroffene Wahl ebenfalls gantz und gar nicht zu rechtferti- gen seyn.
Von dieser Seite sollten Sie und jederman die Flüche der Eltern ansehen. Es wird Jhnen die Wahrheit dieser Sätze immer klärer in die Augen leuchten, wenn Sie sich nur jetzt der verzweiflenden Gedancken entschlagen, und Sie werden sehen, daß Jhnen keinen falschen Trost zugesprochen hat, Jhre ewig ergebene und getreue
Anna Howe.
Jch schicke diesen Brief eilig durch Robert weg. Jch werde mich erkundigen, ob das Vorgeben der Frau Hervey richtig ist, daß man gelinder mit Jhnen hätte verfahren wollen, wenn Sie nicht geflüchtet wären.
Der fünf und funfzigste Brief von Fräulein Clarissa Harlowe an Fräulein Howe.
Mittewochens Morgens den 26ten April.
Jch bin durch Jhren Brief von neuen aufge- lebet. Was für eine angenehme Probe von
der
ſchoͤpfe ſein Siegel druͤcken werde? Gebrauchen Sie ſich nur Jhrer gewoͤhnlichen Klugheit, ſo wird das Ende gut ſeyn.
Jch habe ſonſt gleiche Gedancken mit Jhnen von einem vaͤterlichen Fluche: allein ich muß den Fluch ſolcher Eltern ausnehmen, die ſelbſt mehr Schuld. an den Vergehungen, die ſie verfluchen, haben, als das Kind. Sollen ſolche entſetzliche Fluͤche von einiger Kraft ſeyn, ſo muͤſſen ſich bey den Eltern lau- tere Abſichten befinden, der Ungehorſam des Kindes muß ohne Entſchuldigung, und deſſen getroffene Wahl ebenfalls gantz und gar nicht zu rechtferti- gen ſeyn.
Von dieſer Seite ſollten Sie und jederman die Fluͤche der Eltern anſehen. Es wird Jhnen die Wahrheit dieſer Saͤtze immer klaͤrer in die Augen leuchten, wenn Sie ſich nur jetzt der verzweiflenden Gedancken entſchlagen, und Sie werden ſehen, daß Jhnen keinen falſchen Troſt zugeſprochen hat, Jhre ewig ergebene und getreue
Anna Howe.
Jch ſchicke dieſen Brief eilig durch Robert weg. Jch werde mich erkundigen, ob das Vorgeben der Frau Hervey richtig iſt, daß man gelinder mit Jhnen haͤtte verfahren wollen, wenn Sie nicht gefluͤchtet waͤren.
Der fuͤnf und funfzigſte Brief von Fraͤulein Clariſſa Harlowe an Fraͤulein Howe.
Mittewochens Morgens den 26ten April.
Jch bin durch Jhren Brief von neuen aufge- lebet. Was fuͤr eine angenehme Probe von
der
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ſchoͤpfe ſein Siegel druͤcken werde? Gebrauchen Sie
ſich nur Jhrer gewoͤhnlichen Klugheit, ſo wird das
Ende gut ſeyn.
Jch habe ſonſt gleiche Gedancken mit Jhnen von
einem vaͤterlichen Fluche: allein ich muß den Fluch
ſolcher Eltern ausnehmen, die ſelbſt mehr Schuld.
an den Vergehungen, die ſie verfluchen, haben,
als das Kind. Sollen ſolche entſetzliche Fluͤche von
einiger Kraft ſeyn, ſo muͤſſen ſich bey den Eltern lau-
tere Abſichten befinden, der Ungehorſam des Kindes
muß ohne Entſchuldigung, und deſſen getroffene
Wahl ebenfalls gantz und gar nicht zu rechtferti-
gen ſeyn.
Von dieſer Seite ſollten Sie und jederman die
Fluͤche der Eltern anſehen. Es wird Jhnen die
Wahrheit dieſer Saͤtze immer klaͤrer in die Augen
leuchten, wenn Sie ſich nur jetzt der verzweiflenden
Gedancken entſchlagen, und Sie werden ſehen, daß
Jhnen keinen falſchen Troſt zugeſprochen hat,
Jhre ewig ergebene und getreue
Anna Howe.
Jch ſchicke dieſen Brief eilig durch Robert weg. Jch
werde mich erkundigen, ob das Vorgeben der Frau
Hervey richtig iſt, daß man gelinder mit Jhnen haͤtte
verfahren wollen, wenn Sie nicht gefluͤchtet waͤren.
Der fuͤnf und funfzigſte Brief
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Fraͤulein Clariſſa Harlowe an Fraͤulein
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 410. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/424>, abgerufen am 21.11.2024.
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