Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749.

Bild:
<< vorherige Seite


Wenn ich mich darin versündige, daß ich aus
allen schönen Kindern Göttinnen mache und sie an-
bete: so sollte billig das gantze schöne Geschlecht
mich desto mehr lieben.

Doch das thun sie. Jch sage ihnen von Her-
tzen Danck. Nur selten geschiehet es, daß mir ein
geitziges schelmisches Mädchen zuwider ist, das
unter dem Vorwand der Tugend mich allein be-
sitzen und andern schönen Kindern nicht gönnen
will.

Genung Thorheiten.
Lebe jetzund wohl.


Der vierzehente Brief
von
Fräulein Clarissa Harlowe an Fräulein
Howe.

Jch habe stets Lust zu dem Schreiben gehabt-
Meine unglücklichen Umstände geben mir
jetzt genug und Jhnen zu viel Anlaß dazu. Jch
habe abermahls einen harten Satz mit Herrn Lo-
velace
gehabt. Dieses gab Gelegenheit, auf das
zu sprechen zu kommen, was ich nach Jhrem Rath
nicht aus den Händen lassen sollte, wenn sich eine
gute Gelegenheit dazu zeigete. Jch wünsche von
Jhnen deswegen entweder losgesprochen oder ver-

urthei-
K 2


Wenn ich mich darin verſuͤndige, daß ich aus
allen ſchoͤnen Kindern Goͤttinnen mache und ſie an-
bete: ſo ſollte billig das gantze ſchoͤne Geſchlecht
mich deſto mehr lieben.

Doch das thun ſie. Jch ſage ihnen von Her-
tzen Danck. Nur ſelten geſchiehet es, daß mir ein
geitziges ſchelmiſches Maͤdchen zuwider iſt, das
unter dem Vorwand der Tugend mich allein be-
ſitzen und andern ſchoͤnen Kindern nicht goͤnnen
will.

Genung Thorheiten.
Lebe jetzund wohl.


Der vierzehente Brief
von
Fraͤulein Clariſſa Harlowe an Fraͤulein
Howe.

Jch habe ſtets Luſt zu dem Schreiben gehabt-
Meine ungluͤcklichen Umſtaͤnde geben mir
jetzt genug und Jhnen zu viel Anlaß dazu. Jch
habe abermahls einen harten Satz mit Herrn Lo-
velace
gehabt. Dieſes gab Gelegenheit, auf das
zu ſprechen zu kommen, was ich nach Jhrem Rath
nicht aus den Haͤnden laſſen ſollte, wenn ſich eine
gute Gelegenheit dazu zeigete. Jch wuͤnſche von
Jhnen deswegen entweder losgeſprochen oder ver-

urthei-
K 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0161" n="147"/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>Wenn ich mich darin ver&#x017F;u&#x0364;ndige, daß ich aus<lb/>
allen &#x017F;cho&#x0364;nen Kindern Go&#x0364;ttinnen mache und &#x017F;ie an-<lb/>
bete: &#x017F;o &#x017F;ollte billig das gantze &#x017F;cho&#x0364;ne Ge&#x017F;chlecht<lb/>
mich de&#x017F;to mehr lieben.</p><lb/>
          <p>Doch das thun &#x017F;ie. Jch &#x017F;age ihnen von Her-<lb/>
tzen Danck. Nur &#x017F;elten ge&#x017F;chiehet es, daß mir ein<lb/>
geitziges &#x017F;chelmi&#x017F;ches Ma&#x0364;dchen zuwider i&#x017F;t, das<lb/>
unter dem Vorwand der Tugend mich allein be-<lb/>
&#x017F;itzen und andern &#x017F;cho&#x0364;nen Kindern nicht go&#x0364;nnen<lb/>
will.</p><lb/>
          <closer>
            <salute>Genung Thorheiten.<lb/><hi rendition="#et"><hi rendition="#fr">Lebe jetzund wohl.</hi></hi></salute>
          </closer>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#fr">Der vierzehente Brief</hi><lb/>
von<lb/><hi rendition="#fr">Fra&#x0364;ulein Clari&#x017F;&#x017F;a Harlowe an Fra&#x0364;ulein<lb/>
Howe.</hi></head><lb/>
          <dateline> <hi rendition="#et">Donnerstag Abends den 13. April.</hi> </dateline><lb/>
          <p><hi rendition="#in">J</hi>ch habe &#x017F;tets Lu&#x017F;t zu dem Schreiben gehabt-<lb/>
Meine unglu&#x0364;cklichen Um&#x017F;ta&#x0364;nde geben mir<lb/>
jetzt genug und Jhnen zu viel Anlaß dazu. Jch<lb/>
habe abermahls einen harten Satz mit Herrn <hi rendition="#fr">Lo-<lb/>
velace</hi> gehabt. Die&#x017F;es gab Gelegenheit, auf das<lb/>
zu &#x017F;prechen zu kommen, was ich nach Jhrem Rath<lb/>
nicht aus den Ha&#x0364;nden la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ollte, wenn &#x017F;ich eine<lb/>
gute Gelegenheit dazu zeigete. Jch wu&#x0364;n&#x017F;che von<lb/>
Jhnen deswegen entweder losge&#x017F;prochen oder ver-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">K 2</fw><fw place="bottom" type="catch">urthei-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[147/0161] Wenn ich mich darin verſuͤndige, daß ich aus allen ſchoͤnen Kindern Goͤttinnen mache und ſie an- bete: ſo ſollte billig das gantze ſchoͤne Geſchlecht mich deſto mehr lieben. Doch das thun ſie. Jch ſage ihnen von Her- tzen Danck. Nur ſelten geſchiehet es, daß mir ein geitziges ſchelmiſches Maͤdchen zuwider iſt, das unter dem Vorwand der Tugend mich allein be- ſitzen und andern ſchoͤnen Kindern nicht goͤnnen will. Genung Thorheiten. Lebe jetzund wohl. Der vierzehente Brief von Fraͤulein Clariſſa Harlowe an Fraͤulein Howe. Donnerstag Abends den 13. April. Jch habe ſtets Luſt zu dem Schreiben gehabt- Meine ungluͤcklichen Umſtaͤnde geben mir jetzt genug und Jhnen zu viel Anlaß dazu. Jch habe abermahls einen harten Satz mit Herrn Lo- velace gehabt. Dieſes gab Gelegenheit, auf das zu ſprechen zu kommen, was ich nach Jhrem Rath nicht aus den Haͤnden laſſen ſollte, wenn ſich eine gute Gelegenheit dazu zeigete. Jch wuͤnſche von Jhnen deswegen entweder losgeſprochen oder ver- urthei- K 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/161
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/161>, abgerufen am 21.12.2024.