Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749.

Bild:
<< vorherige Seite


Wie unglücklich ist es, daß diese beyden Frauen-
zimmer so nahe Nachbarinnen und so vertraute
Freundinnen gewesen sind! Wie artig hätte ich
sonst mit ihnen beyden spielen wollen!

Allein einer kann nicht alle Frauenzimmer ha-
ben, die einer bösen Lust werth sind: Gott erbar-
me das, wenn es einen muntern und braven Kerl
betrübet.



Der zwölfte Brief.
Lovelaces
Fortsetzung.

Zwey verliebte Leute, die beyde solche Liebha-
ber von dem Schreiben sind, als wir, hat
die Sonne noch nicht gesehen! Zwey Leute, die
vor einander das, was sie schreiben, so sorgfältig
verbergen müssen, als wir!

Sie will sonst nichts zu thun haben. Jch woll-
te ihr wol andere Arbeit machen: allein sie hat
nicht Lust dazu: ich bin noch nicht bekehrt, noch
nicht heilig genug, sie nach mir umzutauffen.
Geduld ist eine große Tugend: spricht mein
Onckle. Jch trete leise und sicher: das ist ein
anderer Spruch des weisen Mannes. Wenn ich
diese Tugend nicht [unleserliches Material - Zeichen fehlt] einem reichen Maaß besäße,
so hätte ich ohnmöglich die Zeit erwarten können,
die mir die Harlowes selbst gegeben haben, sie und
ihre Göttin Tochter zu berücken.

Meine
J 4


Wie ungluͤcklich iſt es, daß dieſe beyden Frauen-
zimmer ſo nahe Nachbarinnen und ſo vertraute
Freundinnen geweſen ſind! Wie artig haͤtte ich
ſonſt mit ihnen beyden ſpielen wollen!

Allein einer kann nicht alle Frauenzimmer ha-
ben, die einer boͤſen Luſt werth ſind: Gott erbar-
me das, wenn es einen muntern und braven Kerl
betruͤbet.



Der zwoͤlfte Brief.
Lovelaces
Fortſetzung.

Zwey verliebte Leute, die beyde ſolche Liebha-
ber von dem Schreiben ſind, als wir, hat
die Sonne noch nicht geſehen! Zwey Leute, die
vor einander das, was ſie ſchreiben, ſo ſorgfaͤltig
verbergen muͤſſen, als wir!

Sie will ſonſt nichts zu thun haben. Jch woll-
te ihr wol andere Arbeit machen: allein ſie hat
nicht Luſt dazu: ich bin noch nicht bekehrt, noch
nicht heilig genug, ſie nach mir umzutauffen.
Geduld iſt eine große Tugend: ſpricht mein
Onckle. Jch trete leiſe und ſicher: das iſt ein
anderer Spruch des weiſen Mannes. Wenn ich
dieſe Tugend nicht [unleserliches Material – Zeichen fehlt] einem reichen Maaß beſaͤße,
ſo haͤtte ich ohnmoͤglich die Zeit erwarten koͤnnen,
die mir die Harlowes ſelbſt gegeben haben, ſie und
ihre Goͤttin Tochter zu beruͤcken.

Meine
J 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0149" n="135"/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>Wie unglu&#x0364;cklich i&#x017F;t es, daß die&#x017F;e beyden Frauen-<lb/>
zimmer &#x017F;o nahe Nachbarinnen und &#x017F;o vertraute<lb/>
Freundinnen gewe&#x017F;en &#x017F;ind! Wie artig ha&#x0364;tte ich<lb/>
&#x017F;on&#x017F;t mit ihnen beyden &#x017F;pielen wollen!</p><lb/>
          <p>Allein einer kann nicht alle Frauenzimmer ha-<lb/>
ben, die einer bo&#x0364;&#x017F;en Lu&#x017F;t werth &#x017F;ind: Gott erbar-<lb/>
me das, wenn es einen muntern und braven Kerl<lb/>
betru&#x0364;bet.</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#fr">Der zwo&#x0364;lfte Brief.<lb/>
Lovelaces</hi> Fort&#x017F;etzung.</head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">Z</hi>wey verliebte Leute, die beyde &#x017F;olche Liebha-<lb/>
ber von dem Schreiben &#x017F;ind, als wir, hat<lb/>
die Sonne noch nicht ge&#x017F;ehen! Zwey Leute, die<lb/>
vor einander das, was &#x017F;ie &#x017F;chreiben, &#x017F;o &#x017F;orgfa&#x0364;ltig<lb/>
verbergen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, als wir!</p><lb/>
          <p>Sie will &#x017F;on&#x017F;t nichts zu thun haben. Jch woll-<lb/>
te ihr wol andere Arbeit machen: allein &#x017F;ie hat<lb/>
nicht Lu&#x017F;t dazu: ich bin noch nicht bekehrt, noch<lb/>
nicht heilig genug, &#x017F;ie nach mir umzutauffen.<lb/><hi rendition="#fr">Geduld i&#x017F;t eine große Tugend:</hi> &#x017F;pricht mein<lb/>
Onckle. <hi rendition="#fr">Jch trete lei&#x017F;e und &#x017F;icher:</hi> das i&#x017F;t ein<lb/>
anderer Spruch des wei&#x017F;en Mannes. Wenn ich<lb/>
die&#x017F;e Tugend nicht <gap reason="illegible" unit="chars"/> einem reichen Maaß be&#x017F;a&#x0364;ße,<lb/>
&#x017F;o ha&#x0364;tte ich ohnmo&#x0364;glich die Zeit erwarten ko&#x0364;nnen,<lb/>
die mir die Harlowes &#x017F;elb&#x017F;t gegeben haben, &#x017F;ie und<lb/>
ihre Go&#x0364;ttin Tochter zu beru&#x0364;cken.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">J 4</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">Meine</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[135/0149] Wie ungluͤcklich iſt es, daß dieſe beyden Frauen- zimmer ſo nahe Nachbarinnen und ſo vertraute Freundinnen geweſen ſind! Wie artig haͤtte ich ſonſt mit ihnen beyden ſpielen wollen! Allein einer kann nicht alle Frauenzimmer ha- ben, die einer boͤſen Luſt werth ſind: Gott erbar- me das, wenn es einen muntern und braven Kerl betruͤbet. Der zwoͤlfte Brief. Lovelaces Fortſetzung. Zwey verliebte Leute, die beyde ſolche Liebha- ber von dem Schreiben ſind, als wir, hat die Sonne noch nicht geſehen! Zwey Leute, die vor einander das, was ſie ſchreiben, ſo ſorgfaͤltig verbergen muͤſſen, als wir! Sie will ſonſt nichts zu thun haben. Jch woll- te ihr wol andere Arbeit machen: allein ſie hat nicht Luſt dazu: ich bin noch nicht bekehrt, noch nicht heilig genug, ſie nach mir umzutauffen. Geduld iſt eine große Tugend: ſpricht mein Onckle. Jch trete leiſe und ſicher: das iſt ein anderer Spruch des weiſen Mannes. Wenn ich dieſe Tugend nicht _ einem reichen Maaß beſaͤße, ſo haͤtte ich ohnmoͤglich die Zeit erwarten koͤnnen, die mir die Harlowes ſelbſt gegeben haben, ſie und ihre Goͤttin Tochter zu beruͤcken. Meine J 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/149
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/149>, abgerufen am 21.12.2024.