gungen zu viel nach, so werden sie unbändig und albern: gehet man rauh mit ihnen um, so sind sie kriechende Sclavinnen. Sollte uns nachge- sagt werden, daß uns die Furcht willfärthiger, als die Liebe mache? Da sey Ehre, Danckbarkeit und Gerechtigkeit vor! daß ein verständiges Frauen- zimmer eine solche Nachrede veranlassen sollte.
Wenn ich glaubte, daß der Jnhalt und die Schreib-Art dieses Briefes Jhnen diejenige nicht genug verriethen, deren Feder so ausschweifft, so wollte ich meinen Nahmen gantz ausschreiben. Denn ich schreibe zu sehr von Hertzen, als daß ich ihn verhelen möchte. So aber mögen die An- fangs-Buchstaben genug seyn, und ich schreibe gleich noch mehr.
A. H.
Der dritte Brief von Fräulein Howe an Fräulein Clarissa Harlowe.
Den 23. Mertz Donnerstags Morgens um 10. Uhr.
Jch will manches übergehen, was ich in Ab- sicht auf andere Stücke Jhres Briefes zu schreiben hatte: um Jhnen von der Erkundigung
voll-
Die Geſchichte
gungen zu viel nach, ſo werden ſie unbaͤndig und albern: gehet man rauh mit ihnen um, ſo ſind ſie kriechende Sclavinnen. Sollte uns nachge- ſagt werden, daß uns die Furcht willfaͤrthiger, als die Liebe mache? Da ſey Ehre, Danckbarkeit und Gerechtigkeit vor! daß ein verſtaͤndiges Frauen- zimmer eine ſolche Nachrede veranlaſſen ſollte.
Wenn ich glaubte, daß der Jnhalt und die Schreib-Art dieſes Briefes Jhnen diejenige nicht genug verriethen, deren Feder ſo ausſchweifft, ſo wollte ich meinen Nahmen gantz ausſchreiben. Denn ich ſchreibe zu ſehr von Hertzen, als daß ich ihn verhelen moͤchte. So aber moͤgen die An- fangs-Buchſtaben genug ſeyn, und ich ſchreibe gleich noch mehr.
A. H.
Der dritte Brief von Fraͤulein Howe an Fraͤulein Clariſſa Harlowe.
Den 23. Mertz Donnerſtags Morgens um 10. Uhr.
Jch will manches uͤbergehen, was ich in Ab- ſicht auf andere Stuͤcke Jhres Briefes zu ſchreiben hatte: um Jhnen von der Erkundigung
voll-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0028"n="22"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#g">Die Geſchichte</hi></hi></fw><lb/>
gungen zu viel nach, ſo werden ſie unbaͤndig und<lb/>
albern: gehet man rauh mit ihnen um, ſo ſind<lb/>ſie kriechende Sclavinnen. Sollte uns nachge-<lb/>ſagt werden, daß uns die Furcht willfaͤrthiger, als<lb/>
die Liebe mache? Da ſey Ehre, Danckbarkeit und<lb/>
Gerechtigkeit vor! daß ein verſtaͤndiges Frauen-<lb/>
zimmer eine ſolche Nachrede veranlaſſen ſollte.</p><lb/><p>Wenn ich glaubte, daß der Jnhalt und die<lb/>
Schreib-Art dieſes Briefes Jhnen diejenige nicht<lb/>
genug verriethen, deren Feder ſo ausſchweifft,<lb/>ſo wollte ich meinen Nahmen gantz ausſchreiben.<lb/>
Denn ich ſchreibe zu ſehr von Hertzen, als daß ich<lb/>
ihn verhelen moͤchte. So aber moͤgen die An-<lb/>
fangs-Buchſtaben genug ſeyn, und ich ſchreibe<lb/>
gleich noch mehr.</p><lb/><closer><salute><hirendition="#et">A. H.</hi></salute></closer></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><divn="2"><head><hirendition="#fr">Der dritte Brief</hi><lb/><hirendition="#g">von</hi><lb/><hirendition="#fr">Fraͤulein Howe an Fraͤulein Clariſſa<lb/>
Harlowe.</hi></head><lb/><dateline><hirendition="#et">Den 23. Mertz Donnerſtags<lb/>
Morgens um 10. Uhr.</hi></dateline><lb/><p><hirendition="#in">J</hi>ch will manches uͤbergehen, was ich in Ab-<lb/>ſicht auf andere Stuͤcke Jhres Briefes zu<lb/>ſchreiben hatte: um Jhnen von der Erkundigung<lb/><fwplace="bottom"type="catch">voll-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[22/0028]
Die Geſchichte
gungen zu viel nach, ſo werden ſie unbaͤndig und
albern: gehet man rauh mit ihnen um, ſo ſind
ſie kriechende Sclavinnen. Sollte uns nachge-
ſagt werden, daß uns die Furcht willfaͤrthiger, als
die Liebe mache? Da ſey Ehre, Danckbarkeit und
Gerechtigkeit vor! daß ein verſtaͤndiges Frauen-
zimmer eine ſolche Nachrede veranlaſſen ſollte.
Wenn ich glaubte, daß der Jnhalt und die
Schreib-Art dieſes Briefes Jhnen diejenige nicht
genug verriethen, deren Feder ſo ausſchweifft,
ſo wollte ich meinen Nahmen gantz ausſchreiben.
Denn ich ſchreibe zu ſehr von Hertzen, als daß ich
ihn verhelen moͤchte. So aber moͤgen die An-
fangs-Buchſtaben genug ſeyn, und ich ſchreibe
gleich noch mehr.
A. H.
Der dritte Brief
von
Fraͤulein Howe an Fraͤulein Clariſſa
Harlowe.
Den 23. Mertz Donnerſtags
Morgens um 10. Uhr.
Jch will manches uͤbergehen, was ich in Ab-
ſicht auf andere Stuͤcke Jhres Briefes zu
ſchreiben hatte: um Jhnen von der Erkundigung
voll-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/28>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.