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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748.

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Jch muß mich wundern, daß sich mein Bru-
der durch so weit aussehende eigennützige Absich-
ten regieren läßt. Der geringste Zufall kan seine
Hoffnung zu Wasser machen: ein jedes Fieber,
dazu der Saame schon in seinem hitzigen und un-
ruhigen Geblüt liegt, ein jeder unglücklicher Stich
eines gereitzten Widersachers, ist hinlänglich alle
seine Absichten zu vereiteln. Jch will meinen
Brief abbrechen. Wenn ich gleich noch so frey
von meinen Anverwandten schreibe, so bin ich doch
versichert, daß Sie es gütig auslegen werden.
Jch traue Jhnen auch zu, daß Sie die Stellen
meiner Briefe andern weder vorlesen noch in Ab-
schrifft überschicken werden, in denen ich zu frey
von meinen Eltern und Geschwistern geurtheilet
habe, und die Gelegenheit geben möchten, mich
des Mangels der kindlichen Ehrfurcht und
schwesterlichen Liebe, oder jene eines Unverstan-
des und einer übereilten Aufführung zu beschul-
digen. Diese Hoffnung heget

Dero ergebenste
Clarissa Harlowe.


Der vierzehnte Brief
von
Fräulein Clarissa Harlowe an Fräulein
Howe.

Als Hannichen meinen langen Brief, den ich
gestern angefangen und wegen mancher Hin-

derun-
der Clariſſa.

Jch muß mich wundern, daß ſich mein Bru-
der durch ſo weit ausſehende eigennuͤtzige Abſich-
ten regieren laͤßt. Der geringſte Zufall kan ſeine
Hoffnung zu Waſſer machen: ein jedes Fieber,
dazu der Saame ſchon in ſeinem hitzigen und un-
ruhigen Gebluͤt liegt, ein jeder ungluͤcklicher Stich
eines gereitzten Widerſachers, iſt hinlaͤnglich alle
ſeine Abſichten zu vereiteln. Jch will meinen
Brief abbrechen. Wenn ich gleich noch ſo frey
von meinen Anverwandten ſchreibe, ſo bin ich doch
verſichert, daß Sie es guͤtig auslegen werden.
Jch traue Jhnen auch zu, daß Sie die Stellen
meiner Briefe andern weder vorleſen noch in Ab-
ſchrifft uͤberſchicken werden, in denen ich zu frey
von meinen Eltern und Geſchwiſtern geurtheilet
habe, und die Gelegenheit geben moͤchten, mich
des Mangels der kindlichen Ehrfurcht und
ſchweſterlichen Liebe, oder jene eines Unverſtan-
des und einer uͤbereilten Auffuͤhrung zu beſchul-
digen. Dieſe Hoffnung heget

Dero ergebenſte
Clariſſa Harlowe.


Der vierzehnte Brief
von
Fraͤulein Clariſſa Harlowe an Fraͤulein
Howe.

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[139/0159] der Clariſſa. Jch muß mich wundern, daß ſich mein Bru- der durch ſo weit ausſehende eigennuͤtzige Abſich- ten regieren laͤßt. Der geringſte Zufall kan ſeine Hoffnung zu Waſſer machen: ein jedes Fieber, dazu der Saame ſchon in ſeinem hitzigen und un- ruhigen Gebluͤt liegt, ein jeder ungluͤcklicher Stich eines gereitzten Widerſachers, iſt hinlaͤnglich alle ſeine Abſichten zu vereiteln. Jch will meinen Brief abbrechen. Wenn ich gleich noch ſo frey von meinen Anverwandten ſchreibe, ſo bin ich doch verſichert, daß Sie es guͤtig auslegen werden. Jch traue Jhnen auch zu, daß Sie die Stellen meiner Briefe andern weder vorleſen noch in Ab- ſchrifft uͤberſchicken werden, in denen ich zu frey von meinen Eltern und Geſchwiſtern geurtheilet habe, und die Gelegenheit geben moͤchten, mich des Mangels der kindlichen Ehrfurcht und ſchweſterlichen Liebe, oder jene eines Unverſtan- des und einer uͤbereilten Auffuͤhrung zu beſchul- digen. Dieſe Hoffnung heget Dero ergebenſte Clariſſa Harlowe. Der vierzehnte Brief von Fraͤulein Clariſſa Harlowe an Fraͤulein Howe. Donnerſtag Abends den 2. Maͤrtz. Als Hannichen meinen langen Brief, den ich geſtern angefangen und wegen mancher Hin- derun-

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/159>, abgerufen am 21.11.2024.