Wohlstand und Reichthum unter seinen Fusssta- pfen auf. Es vergieng kein Jahr, in welchem es sich nicht durch den Wachsthum des National- glücks ein Monument seiner Existenz setzte, das seinen geringen Aufwand rechtfertigte, wenn grössere Anstrengungen der Staatsfinanzen ent- weder keine, oder eine mit Zerstörung bezeich- nete Spur von sich zurückliessen.
§. 7.
Es giebt nur zwey Wege, Krankheiten zu heilen, entweder wir tilgen sie direkt, oder entfernen die Ursachen, durch welche sie entstehn. Wir vernichten das Produkt, oder die Kräfte, durch welche es ursprünglich erzeugt und in der Folge unterhalten wird, und die Vegetation zer- stört alsdenn das Produkt. Ein krummer Baum wird gerade, wenn er an eine Stange gebunden, oder dem Windstoss, der ihn krümmt, der Zu- gang vermauert wird. Alle andere Curregeln sind unter diese begriffen.
Nach diesen Regeln muss auch der Wahn- sinn geheilt werden. Doch scheint es, dass wir bloss die erste Indication durch Arzneien, aber die zweite, die unmittelbare Tilgung des Wahnsinns, keineswegs durch dieselben erreichen können. Arzneien können den An- drang des Bluts zum Kopf, Verstopfungen des Unterleibes, Würmer im Darmkanal, Reize im Sonnengeflecht und in den Geschlechtstheilen
Wohlſtand und Reichthum unter ſeinen Fuſsſta- pfen auf. Es vergieng kein Jahr, in welchem es ſich nicht durch den Wachsthum des National- glücks ein Monument ſeiner Exiſtenz ſetzte, das ſeinen geringen Aufwand rechtfertigte, wenn gröſsere Anſtrengungen der Staatsfinanzen ent- weder keine, oder eine mit Zerſtörung bezeich- nete Spur von ſich zurücklieſsen.
§. 7.
Es giebt nur zwey Wege, Krankheiten zu heilen, entweder wir tilgen ſie direkt, oder entfernen die Urſachen, durch welche ſie entſtehn. Wir vernichten das Produkt, oder die Kräfte, durch welche es urſprünglich erzeugt und in der Folge unterhalten wird, und die Vegetation zer- ſtört alsdenn das Produkt. Ein krummer Baum wird gerade, wenn er an eine Stange gebunden, oder dem Windſtoſs, der ihn krümmt, der Zu- gang vermauert wird. Alle andere Curregeln ſind unter dieſe begriffen.
Nach dieſen Regeln muſs auch der Wahn- ſinn geheilt werden. Doch ſcheint es, daſs wir bloſs die erſte Indication durch Arzneien, aber die zweite, die unmittelbare Tilgung des Wahnſinns, keineswegs durch dieſelben erreichen können. Arzneien können den An- drang des Bluts zum Kopf, Verſtopfungen des Unterleibes, Würmer im Darmkanal, Reize im Sonnengeflecht und in den Geſchlechtstheilen
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0049"n="44"/>
Wohlſtand und Reichthum unter ſeinen Fuſsſta-<lb/>
pfen auf. Es vergieng kein Jahr, in welchem es<lb/>ſich nicht durch den Wachsthum des National-<lb/>
glücks ein Monument ſeiner Exiſtenz ſetzte, das<lb/>ſeinen geringen Aufwand rechtfertigte, wenn<lb/>
gröſsere Anſtrengungen der Staatsfinanzen ent-<lb/>
weder keine, oder eine mit Zerſtörung bezeich-<lb/>
nete Spur von ſich zurücklieſsen.</p></div><lb/><divn="2"><head>§. 7.</head><lb/><p>Es giebt nur <hirendition="#g">zwey</hi> Wege, Krankheiten zu<lb/>
heilen, <hirendition="#g">entweder</hi> wir tilgen ſie direkt, oder<lb/>
entfernen die Urſachen, durch welche ſie entſtehn.<lb/>
Wir vernichten das Produkt, oder die Kräfte,<lb/>
durch welche es urſprünglich erzeugt und in der<lb/>
Folge unterhalten wird, und die Vegetation zer-<lb/>ſtört alsdenn das Produkt. Ein krummer Baum<lb/>
wird gerade, wenn er an eine Stange gebunden,<lb/>
oder dem Windſtoſs, der ihn krümmt, der Zu-<lb/>
gang vermauert wird. Alle andere Curregeln ſind<lb/>
unter dieſe begriffen.</p><lb/><p>Nach dieſen Regeln muſs auch der Wahn-<lb/>ſinn geheilt werden. Doch ſcheint es, daſs wir<lb/>
bloſs die erſte Indication <hirendition="#g">durch Arzneien</hi>,<lb/>
aber die zweite, die unmittelbare Tilgung des<lb/>
Wahnſinns, <hirendition="#g">keineswegs durch dieſelben</hi><lb/>
erreichen können. Arzneien können den An-<lb/>
drang des Bluts zum Kopf, Verſtopfungen des<lb/>
Unterleibes, Würmer im Darmkanal, Reize im<lb/>
Sonnengeflecht und in den Geſchlechtstheilen<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[44/0049]
Wohlſtand und Reichthum unter ſeinen Fuſsſta-
pfen auf. Es vergieng kein Jahr, in welchem es
ſich nicht durch den Wachsthum des National-
glücks ein Monument ſeiner Exiſtenz ſetzte, das
ſeinen geringen Aufwand rechtfertigte, wenn
gröſsere Anſtrengungen der Staatsfinanzen ent-
weder keine, oder eine mit Zerſtörung bezeich-
nete Spur von ſich zurücklieſsen.
§. 7.
Es giebt nur zwey Wege, Krankheiten zu
heilen, entweder wir tilgen ſie direkt, oder
entfernen die Urſachen, durch welche ſie entſtehn.
Wir vernichten das Produkt, oder die Kräfte,
durch welche es urſprünglich erzeugt und in der
Folge unterhalten wird, und die Vegetation zer-
ſtört alsdenn das Produkt. Ein krummer Baum
wird gerade, wenn er an eine Stange gebunden,
oder dem Windſtoſs, der ihn krümmt, der Zu-
gang vermauert wird. Alle andere Curregeln ſind
unter dieſe begriffen.
Nach dieſen Regeln muſs auch der Wahn-
ſinn geheilt werden. Doch ſcheint es, daſs wir
bloſs die erſte Indication durch Arzneien,
aber die zweite, die unmittelbare Tilgung des
Wahnſinns, keineswegs durch dieſelben
erreichen können. Arzneien können den An-
drang des Bluts zum Kopf, Verſtopfungen des
Unterleibes, Würmer im Darmkanal, Reize im
Sonnengeflecht und in den Geſchlechtstheilen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Reil, Johann Christian: Rhapsodieen über die Anwendung der psychischen Curmethode auf Geisteszerrüttungen. Halle, 1803, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reil_curmethode_1803/49>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.