und umwunden werden. Ferner muß man an dem Stamme, worauf oculiret worden, die Zel- ken oder Zweige oben ein wenig verkürzen, da- mit der Saft in etwas zurück gehe, und desto besser um das eingesetzte Auge umlaufen möge.
Diese Arbeit kan eine Person alleine vor- nehmen, doch es ist besser, wenn solche von zweyen verrichtet wird. Z. E. Einer schneidet und lö- set das Auge von dem Reise ab, und schiebet sol- ches in den gemachten Spalt des Baumes, die andere aber verbindet dasselbe, wo besonders der Linden-Bast von den Matten, welche man bey den Materialisten bekommen kan, gut zu ge- brauchen, wenn er vorher eingeweichet worden.
§. 5.
Die rechte Zeit, wenn man oculiren sol,Wenn die beste Zeit sey zum Oculiren. ist eben so nicht gewiß zu bestimmen, indem sich in manchen Jahren die Schale oder die Rinde eher auch langsamer zu lösen pfleget. Solches aber beruhet auf der Witterung: denn wenn ein starker Regen vor der Oculir-Zeit sich ereignet, so folget, daß der Saft auch eher eintrit, oder aber, wenn sich dürre und trockene Witterung einstellet, so wird auch der Saft 8 bis 14 Tage langsamer eintreten. Einige pflegen zwar in Ansehung der Oculir-Zeit einen Unterschied un- ter den treibenden und schlaffenden Auge zu ma- chen. Die erste Art nehmen sie sehr zeitig vor, woraus folgt, daß das Auge noch in demselben Jahre hervorwachsen und aufschiessen muß. Es ist aber nach meiner Einsicht und Erfahrung nicht
viel
6. Cap. Vom Oculiren.
und umwunden werden. Ferner muß man an dem Stamme, worauf oculiret worden, die Zel- ken oder Zweige oben ein wenig verkuͤrzen, da- mit der Saft in etwas zuruͤck gehe, und deſto beſſer um das eingeſetzte Auge umlaufen moͤge.
Dieſe Arbeit kan eine Perſon alleine vor- nehmen, doch es iſt beſſer, wenn ſolche von zweyen verrichtet wird. Z. E. Einer ſchneidet und loͤ- ſet das Auge von dem Reiſe ab, und ſchiebet ſol- ches in den gemachten Spalt des Baumes, die andere aber verbindet daſſelbe, wo beſonders der Linden-Baſt von den Matten, welche man bey den Materialiſten bekommen kan, gut zu ge- brauchen, wenn er vorher eingeweichet worden.
§. 5.
Die rechte Zeit, wenn man oculiren ſol,Wenn die beſte Zeit ſey zum Oculiren. iſt eben ſo nicht gewiß zu beſtimmen, indem ſich in manchen Jahren die Schale oder die Rinde eher auch langſamer zu loͤſen pfleget. Solches aber beruhet auf der Witterung: denn wenn ein ſtarker Regen vor der Oculir-Zeit ſich ereignet, ſo folget, daß der Saft auch eher eintrit, oder aber, wenn ſich duͤrre und trockene Witterung einſtellet, ſo wird auch der Saft 8 bis 14 Tage langſamer eintreten. Einige pflegen zwar in Anſehung der Oculir-Zeit einen Unterſchied un- ter den treibenden und ſchlaffenden Auge zu ma- chen. Die erſte Art nehmen ſie ſehr zeitig vor, woraus folgt, daß das Auge noch in demſelben Jahre hervorwachſen und aufſchieſſen muß. Es iſt aber nach meiner Einſicht und Erfahrung nicht
viel
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6. Cap. Vom Oculiren.
und umwunden werden. Ferner muß man an
dem Stamme, worauf oculiret worden, die Zel-
ken oder Zweige oben ein wenig verkuͤrzen, da-
mit der Saft in etwas zuruͤck gehe, und deſto
beſſer um das eingeſetzte Auge umlaufen moͤge.
Dieſe Arbeit kan eine Perſon alleine vor-
nehmen, doch es iſt beſſer, wenn ſolche von zweyen
verrichtet wird. Z. E. Einer ſchneidet und loͤ-
ſet das Auge von dem Reiſe ab, und ſchiebet ſol-
ches in den gemachten Spalt des Baumes, die
andere aber verbindet daſſelbe, wo beſonders
der Linden-Baſt von den Matten, welche man
bey den Materialiſten bekommen kan, gut zu ge-
brauchen, wenn er vorher eingeweichet worden.
§. 5.
Die rechte Zeit, wenn man oculiren ſol,
iſt eben ſo nicht gewiß zu beſtimmen, indem ſich
in manchen Jahren die Schale oder die Rinde
eher auch langſamer zu loͤſen pfleget. Solches
aber beruhet auf der Witterung: denn wenn ein
ſtarker Regen vor der Oculir-Zeit ſich ereignet,
ſo folget, daß der Saft auch eher eintrit, oder
aber, wenn ſich duͤrre und trockene Witterung
einſtellet, ſo wird auch der Saft 8 bis 14 Tage
langſamer eintreten. Einige pflegen zwar in
Anſehung der Oculir-Zeit einen Unterſchied un-
ter den treibenden und ſchlaffenden Auge zu ma-
chen. Die erſte Art nehmen ſie ſehr zeitig vor,
woraus folgt, daß das Auge noch in demſelben
Jahre hervorwachſen und aufſchieſſen muß. Es
iſt aber nach meiner Einſicht und Erfahrung nicht
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Wenn die
beſte Zeit
ſey zum
Oculiren.
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Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 2. Erfurt, 1753, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz02_1753/109>, abgerufen am 03.03.2025.
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