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Raschdorff, Julius: Die Hochbau-Ausfuehrungen des preußischen Staates. Berlin, 1880.

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Sowohl der Staat, wie vor allem auch die Volksthümlichkeit
der Baukunst könnten nur gewinnen, wenn diesen Behörden,
welche in Wirklichkeit doch offenbar die Stelle des Bauherrn
zu vertreten haben, bei Herstellung unserer öffentlichen Gebäude
eine weniger passive Rolle zugewiesen würde, als dies bisher
in der Regel geschehen ist. --

Wo eine größere Zahl von Bewerbern vorhanden, die Aus¬
wahl unter denselben also schwieriger ist, sowie für eine gewisse
Art von Aufgaben wird sich das in anderen Ländern auch für
Staatsbauten mit Vorliebe angewandte System der Kon¬
kurrenz
empfehlen. Dank der unablässigen Mühe, welche die
Architekten Deutschlands seit geraumer Zeit an die Verbesserung
des Konkurrenzwesens gewandt haben und angesichts so mancher
Erfolge, die mit demselben seither erzielt wurden, ist ja das aus
mangelhaft vorbereiteten und geleiteten Konkurrenzen entsprungene
Vorurtheil gegen dieselben mehr und mehr im Entschwinden be¬
griffen. Selbstverständlich würde in jedem einzelnen Falle nicht
nur die rein künstlerische, sondern auch die praktische und
namentlich die finanzielle Seite des Baues zur Konkurrenz
stehen und bei der Entscheidung eine wesentliche Rolle spielen. --

Die allgemeine und öffentliche Konkurrenz, gegen
welche jenes Vorurtheil hauptsächlich sich richtete, ist in ihrer
Anwendung auf einen bestimmten Kreis von Aufgaben begrenzt.
Sie wird in allen den Fällen am Platze, hier aber auch un¬
bedingt zu wählen sein, in denen es vorzugsweise um eine
originelle -- bekanntlich nur durch einen glücklichen Wurf zu
gewinnende -- Grundidee des Projekts sich handelt. Die für das
Gelingen einer öffentlichen Konkurrenz in erster Linie verantwort¬
liche Aufstellung des Programms, sowie die Funktion des Preis¬
gerichts würde Mitgliedern jener mehrfach erwähnten Provinzial-
Baukollegien obliegen; auch würden die letzteren zu entscheiden haben,
ob die Ausführung eines aus der Konkurrenz hervorgegangenen
Entwurfs dem Verfasser desselben anvertraut werden darf.

Weitaus häufiger würde für die Lösung der architektonischen
Aufgaben des Staates die beschränkte Konkurrenz unter
mehren, in gleicher Weise zur Uebernahme des Baues geeigneten
Architekten sich eignen, bei welcher dem Verfasser des zur Aus¬

Sowohl der Staat, wie vor allem auch die Volksthümlichkeit
der Baukunſt könnten nur gewinnen, wenn dieſen Behörden,
welche in Wirklichkeit doch offenbar die Stelle des Bauherrn
zu vertreten haben, bei Herſtellung unſerer öffentlichen Gebäude
eine weniger paſſive Rolle zugewieſen würde, als dies bisher
in der Regel geſchehen iſt. —

Wo eine größere Zahl von Bewerbern vorhanden, die Aus¬
wahl unter denſelben alſo ſchwieriger iſt, ſowie für eine gewiſſe
Art von Aufgaben wird ſich das in anderen Ländern auch für
Staatsbauten mit Vorliebe angewandte Syſtem der Kon¬
kurrenz
empfehlen. Dank der unabläſſigen Mühe, welche die
Architekten Deutſchlands ſeit geraumer Zeit an die Verbeſſerung
des Konkurrenzweſens gewandt haben und angeſichts ſo mancher
Erfolge, die mit demſelben ſeither erzielt wurden, iſt ja das aus
mangelhaft vorbereiteten und geleiteten Konkurrenzen entſprungene
Vorurtheil gegen dieſelben mehr und mehr im Entſchwinden be¬
griffen. Selbſtverſtändlich würde in jedem einzelnen Falle nicht
nur die rein künſtleriſche, ſondern auch die praktiſche und
namentlich die finanzielle Seite des Baues zur Konkurrenz
ſtehen und bei der Entſcheidung eine weſentliche Rolle ſpielen. —

Die allgemeine und öffentliche Konkurrenz, gegen
welche jenes Vorurtheil hauptſächlich ſich richtete, iſt in ihrer
Anwendung auf einen beſtimmten Kreis von Aufgaben begrenzt.
Sie wird in allen den Fällen am Platze, hier aber auch un¬
bedingt zu wählen ſein, in denen es vorzugsweiſe um eine
originelle — bekanntlich nur durch einen glücklichen Wurf zu
gewinnende — Grundidee des Projekts ſich handelt. Die für das
Gelingen einer öffentlichen Konkurrenz in erſter Linie verantwort¬
liche Aufſtellung des Programms, ſowie die Funktion des Preis¬
gerichts würde Mitgliedern jener mehrfach erwähnten Provinzial-
Baukollegien obliegen; auch würden die letzteren zu entſcheiden haben,
ob die Ausführung eines aus der Konkurrenz hervorgegangenen
Entwurfs dem Verfaſſer deſſelben anvertraut werden darf.

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[17/0025] Sowohl der Staat, wie vor allem auch die Volksthümlichkeit der Baukunſt könnten nur gewinnen, wenn dieſen Behörden, welche in Wirklichkeit doch offenbar die Stelle des Bauherrn zu vertreten haben, bei Herſtellung unſerer öffentlichen Gebäude eine weniger paſſive Rolle zugewieſen würde, als dies bisher in der Regel geſchehen iſt. — Wo eine größere Zahl von Bewerbern vorhanden, die Aus¬ wahl unter denſelben alſo ſchwieriger iſt, ſowie für eine gewiſſe Art von Aufgaben wird ſich das in anderen Ländern auch für Staatsbauten mit Vorliebe angewandte Syſtem der Kon¬ kurrenz empfehlen. Dank der unabläſſigen Mühe, welche die Architekten Deutſchlands ſeit geraumer Zeit an die Verbeſſerung des Konkurrenzweſens gewandt haben und angeſichts ſo mancher Erfolge, die mit demſelben ſeither erzielt wurden, iſt ja das aus mangelhaft vorbereiteten und geleiteten Konkurrenzen entſprungene Vorurtheil gegen dieſelben mehr und mehr im Entſchwinden be¬ griffen. Selbſtverſtändlich würde in jedem einzelnen Falle nicht nur die rein künſtleriſche, ſondern auch die praktiſche und namentlich die finanzielle Seite des Baues zur Konkurrenz ſtehen und bei der Entſcheidung eine weſentliche Rolle ſpielen. — Die allgemeine und öffentliche Konkurrenz, gegen welche jenes Vorurtheil hauptſächlich ſich richtete, iſt in ihrer Anwendung auf einen beſtimmten Kreis von Aufgaben begrenzt. Sie wird in allen den Fällen am Platze, hier aber auch un¬ bedingt zu wählen ſein, in denen es vorzugsweiſe um eine originelle — bekanntlich nur durch einen glücklichen Wurf zu gewinnende — Grundidee des Projekts ſich handelt. Die für das Gelingen einer öffentlichen Konkurrenz in erſter Linie verantwort¬ liche Aufſtellung des Programms, ſowie die Funktion des Preis¬ gerichts würde Mitgliedern jener mehrfach erwähnten Provinzial- Baukollegien obliegen; auch würden die letzteren zu entſcheiden haben, ob die Ausführung eines aus der Konkurrenz hervorgegangenen Entwurfs dem Verfaſſer deſſelben anvertraut werden darf. Weitaus häufiger würde für die Löſung der architektoniſchen Aufgaben des Staates die beſchränkte Konkurrenz unter mehren, in gleicher Weiſe zur Uebernahme des Baues geeigneten Architekten ſich eignen, bei welcher dem Verfaſſer des zur Aus¬

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Zitationshilfe: Raschdorff, Julius: Die Hochbau-Ausfuehrungen des preußischen Staates. Berlin, 1880, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raschdorff_hochbau_1880/25>, abgerufen am 27.04.2024.