Siebenbürgen seyen von den beiden östreichischen Brüdern zu- gleich in Erwägung gezogen worden: man habe sehr wohl gesehen, daß die Erneuerung des osmanischen Krieges die unausbleibliche Folge davon seyn würde, aber es darauf gewagt, um der großen Vortheile willen die man erwartete. Die Vortheile waren nicht gewonnen; die Nachtheile traten in vollem Maaße ein: zu beiden Seiten erhob sich ein für die beiderseitigen Länder höchst gefährlicher Krieg, der alle Aufmerksamkeit und Kraftentwickelung in Anspruch nahm.
Und wenden wir nun unser Augenmerk von dem Osten nach dem Westen, wo die Thätigkeit des Kaisers von sei- nen Beziehungen zu England und Frankreich und dem ge- genseitigen Verhältniß dieser beiden Reiche bedingt wurde, so waren auch hier die größten Veränderungen eingetreten, oder bahnten sich doch in diesem Augenblicke an.
Bleiben wir zunächst bei dem Gange der Dinge in England stehn, der zugleich die kirchliche Seite der kaiserli- chen Unternehmungen nahe berührt.
Fortgang der Reformation in England.
Wenn sich der Kaiser und König Heinrich VIII nach langem Hader wieder verbündeten, so konnte das, so viel dringende Antriebe dafür vorhanden waren, bei der Sin- nesweise jener Zeit doch nicht wohl geschehen, ohne daß auch in ihren kirchlichen Tendenzen wieder eine gewisse Ana- logie eintrat.
Nachdem Heinrich VIII mit seinem Clerus und seinem Parlament sich einige Jahre daher in einer Richtung bewegt, die dem deutschen Protestantismus entsprach, vereinigten sich
Neuntes Buch. Viertes Capitel.
Siebenbürgen ſeyen von den beiden öſtreichiſchen Brüdern zu- gleich in Erwägung gezogen worden: man habe ſehr wohl geſehen, daß die Erneuerung des osmaniſchen Krieges die unausbleibliche Folge davon ſeyn würde, aber es darauf gewagt, um der großen Vortheile willen die man erwartete. Die Vortheile waren nicht gewonnen; die Nachtheile traten in vollem Maaße ein: zu beiden Seiten erhob ſich ein für die beiderſeitigen Länder höchſt gefährlicher Krieg, der alle Aufmerkſamkeit und Kraftentwickelung in Anſpruch nahm.
Und wenden wir nun unſer Augenmerk von dem Oſten nach dem Weſten, wo die Thätigkeit des Kaiſers von ſei- nen Beziehungen zu England und Frankreich und dem ge- genſeitigen Verhältniß dieſer beiden Reiche bedingt wurde, ſo waren auch hier die größten Veränderungen eingetreten, oder bahnten ſich doch in dieſem Augenblicke an.
Bleiben wir zunächſt bei dem Gange der Dinge in England ſtehn, der zugleich die kirchliche Seite der kaiſerli- chen Unternehmungen nahe berührt.
Fortgang der Reformation in England.
Wenn ſich der Kaiſer und König Heinrich VIII nach langem Hader wieder verbündeten, ſo konnte das, ſo viel dringende Antriebe dafür vorhanden waren, bei der Sin- nesweiſe jener Zeit doch nicht wohl geſchehen, ohne daß auch in ihren kirchlichen Tendenzen wieder eine gewiſſe Ana- logie eintrat.
Nachdem Heinrich VIII mit ſeinem Clerus und ſeinem Parlament ſich einige Jahre daher in einer Richtung bewegt, die dem deutſchen Proteſtantismus entſprach, vereinigten ſich
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Neuntes Buch. Viertes Capitel.
Siebenbürgen ſeyen von den beiden öſtreichiſchen Brüdern zu-
gleich in Erwägung gezogen worden: man habe ſehr wohl
geſehen, daß die Erneuerung des osmaniſchen Krieges die
unausbleibliche Folge davon ſeyn würde, aber es darauf
gewagt, um der großen Vortheile willen die man erwartete.
Die Vortheile waren nicht gewonnen; die Nachtheile traten
in vollem Maaße ein: zu beiden Seiten erhob ſich ein für
die beiderſeitigen Länder höchſt gefährlicher Krieg, der alle
Aufmerkſamkeit und Kraftentwickelung in Anſpruch nahm.
Und wenden wir nun unſer Augenmerk von dem Oſten
nach dem Weſten, wo die Thätigkeit des Kaiſers von ſei-
nen Beziehungen zu England und Frankreich und dem ge-
genſeitigen Verhältniß dieſer beiden Reiche bedingt wurde,
ſo waren auch hier die größten Veränderungen eingetreten,
oder bahnten ſich doch in dieſem Augenblicke an.
Bleiben wir zunächſt bei dem Gange der Dinge in
England ſtehn, der zugleich die kirchliche Seite der kaiſerli-
chen Unternehmungen nahe berührt.
Fortgang der Reformation in England.
Wenn ſich der Kaiſer und König Heinrich VIII nach
langem Hader wieder verbündeten, ſo konnte das, ſo viel
dringende Antriebe dafür vorhanden waren, bei der Sin-
nesweiſe jener Zeit doch nicht wohl geſchehen, ohne daß
auch in ihren kirchlichen Tendenzen wieder eine gewiſſe Ana-
logie eintrat.
Nachdem Heinrich VIII mit ſeinem Clerus und ſeinem
Parlament ſich einige Jahre daher in einer Richtung bewegt,
die dem deutſchen Proteſtantismus entſprach, vereinigten ſich
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/170>, abgerufen am 22.02.2025.
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