Viertes Capitel. Fortgang des tridentinischen Conciliums.
Während die Heere des Kaisers und des Papstes ge- gen die Protestanten zu Felde lagen, hatten ihre Theologen und Prälaten sich in Trient vereinigt, um im Namen der all- gemeinen Kirche über die großen Streitfragen welche Deutsch- land und die Welt entzweiten, entscheidende Beschlüsse zu fassen.
Das tridentinische Concilium, wie es sich im Frühjahr 1546 beisammen fand, dürfte doch kein Mensch als eine Re- präsentation der christlichen Welt im Sinne der alten Kir- chenversammlungen betrachten: die Diöcesen sämmtlicher dort versammelten Bischöfe betrugen nach einer Berechnung die man damals angestellt hat, einen sehr geringen Theil der Christenheit. Es waren fast nur Spanier und Italiener zu- gegen. Wie hätten die deutschen Bischöfe erscheinen können, in einem Augenblick wo ein Krieg ausgebrochen, in wel- chem ihr ferneres Bestehen bedroht war. Eine Verordnung des Papstes, welche den Prälaten verbot sich durch Procu- ratoren vertreten zu lassen ohne die dringendsten Entschul- digungen, machte es für eine große Anzahl von Diöcesen unmöglich, in Trient repräsentirt zu werden. Aus großen
Viertes Capitel. Fortgang des tridentiniſchen Conciliums.
Während die Heere des Kaiſers und des Papſtes ge- gen die Proteſtanten zu Felde lagen, hatten ihre Theologen und Prälaten ſich in Trient vereinigt, um im Namen der all- gemeinen Kirche über die großen Streitfragen welche Deutſch- land und die Welt entzweiten, entſcheidende Beſchlüſſe zu faſſen.
Das tridentiniſche Concilium, wie es ſich im Frühjahr 1546 beiſammen fand, dürfte doch kein Menſch als eine Re- präſentation der chriſtlichen Welt im Sinne der alten Kir- chenverſammlungen betrachten: die Diöceſen ſämmtlicher dort verſammelten Biſchöfe betrugen nach einer Berechnung die man damals angeſtellt hat, einen ſehr geringen Theil der Chriſtenheit. Es waren faſt nur Spanier und Italiener zu- gegen. Wie hätten die deutſchen Biſchöfe erſcheinen können, in einem Augenblick wo ein Krieg ausgebrochen, in wel- chem ihr ferneres Beſtehen bedroht war. Eine Verordnung des Papſtes, welche den Prälaten verbot ſich durch Procu- ratoren vertreten zu laſſen ohne die dringendſten Entſchul- digungen, machte es für eine große Anzahl von Diöceſen unmöglich, in Trient repräſentirt zu werden. Aus großen
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[[473]/0485]
Viertes Capitel.
Fortgang des tridentiniſchen Conciliums.
Während die Heere des Kaiſers und des Papſtes ge-
gen die Proteſtanten zu Felde lagen, hatten ihre Theologen
und Prälaten ſich in Trient vereinigt, um im Namen der all-
gemeinen Kirche über die großen Streitfragen welche Deutſch-
land und die Welt entzweiten, entſcheidende Beſchlüſſe zu faſſen.
Das tridentiniſche Concilium, wie es ſich im Frühjahr
1546 beiſammen fand, dürfte doch kein Menſch als eine Re-
präſentation der chriſtlichen Welt im Sinne der alten Kir-
chenverſammlungen betrachten: die Diöceſen ſämmtlicher dort
verſammelten Biſchöfe betrugen nach einer Berechnung die
man damals angeſtellt hat, einen ſehr geringen Theil der
Chriſtenheit. Es waren faſt nur Spanier und Italiener zu-
gegen. Wie hätten die deutſchen Biſchöfe erſcheinen können,
in einem Augenblick wo ein Krieg ausgebrochen, in wel-
chem ihr ferneres Beſtehen bedroht war. Eine Verordnung
des Papſtes, welche den Prälaten verbot ſich durch Procu-
ratoren vertreten zu laſſen ohne die dringendſten Entſchul-
digungen, machte es für eine große Anzahl von Diöceſen
unmöglich, in Trient repräſentirt zu werden. Aus großen
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. [473]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/485>, abgerufen am 21.11.2024.
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