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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.

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Bewegungen in der gelehrten Literatur.
Opposition der gemeinen Moral und des alltäglichen Ver-
standes wider die Mißbräuche in dem öffentlichen Leben
und das Verderben der Zeit.

So eben nahm auch ein anderer Zweig der Literatur,
die gelehrte, und vielleicht nur noch entschiedener eine ver-
wandte Richtung.

Bewegungen in der gelehrten Literatur.

Darauf hatte nun Italien den größten Einfluß.

In Italien war die Scholastik so wenig, wie die ro-
mantische Poesie, oder die gothische Baukunst zu vollstän-
diger Herrschaft gelangt; es blieb hier immer Erinnerung
an das Alterthum übrig, die sich endlich in dem funfzehnten
Jahrhundert auf das großartigste erhob, alle Geister er-
griff, und der Literatur ein neues Leben gab.

Auch auf Deutschland wirkte diese Entwickelung mit
der Zeit zurück, wenn auch zunächst nur in Hinsicht des
Äußerlichsten, des lateinischen Ausdrucks.

Bei dem unausgesetzten Verkehr mit Italien, den die
kirchlichen Verhältnisse herbeiführten, empfanden die Deut-
schen gar bald die Überlegenheit der Italiener: sie sahen
sich von den Zöglingen der dortigen Grammatiker und Rhe-
toren verachtet, und fiengen selbst an, sich zu schämen, daß
sie so schlecht sprachen so elend schrieben. Kein Wunder,
wenn sich jüngere strebende Geister endlich auch entschlos-
sen, ihr Latein in Italien zu lernen. Es waren zuerst ein
paar begüterte Edelleute, ein Dalberg, ein Langen, 1 ein

1 Hamelmann gab 1580 eine oratio de Rodolpho Langio heraus,
die einiges Gute enthält, aber doch auch viele Irrthümer veranlaßt hat.

Bewegungen in der gelehrten Literatur.
Oppoſition der gemeinen Moral und des alltäglichen Ver-
ſtandes wider die Mißbräuche in dem öffentlichen Leben
und das Verderben der Zeit.

So eben nahm auch ein anderer Zweig der Literatur,
die gelehrte, und vielleicht nur noch entſchiedener eine ver-
wandte Richtung.

Bewegungen in der gelehrten Literatur.

Darauf hatte nun Italien den größten Einfluß.

In Italien war die Scholaſtik ſo wenig, wie die ro-
mantiſche Poeſie, oder die gothiſche Baukunſt zu vollſtän-
diger Herrſchaft gelangt; es blieb hier immer Erinnerung
an das Alterthum übrig, die ſich endlich in dem funfzehnten
Jahrhundert auf das großartigſte erhob, alle Geiſter er-
griff, und der Literatur ein neues Leben gab.

Auch auf Deutſchland wirkte dieſe Entwickelung mit
der Zeit zurück, wenn auch zunächſt nur in Hinſicht des
Äußerlichſten, des lateiniſchen Ausdrucks.

Bei dem unausgeſetzten Verkehr mit Italien, den die
kirchlichen Verhältniſſe herbeiführten, empfanden die Deut-
ſchen gar bald die Überlegenheit der Italiener: ſie ſahen
ſich von den Zöglingen der dortigen Grammatiker und Rhe-
toren verachtet, und fiengen ſelbſt an, ſich zu ſchämen, daß
ſie ſo ſchlecht ſprachen ſo elend ſchrieben. Kein Wunder,
wenn ſich jüngere ſtrebende Geiſter endlich auch entſchloſ-
ſen, ihr Latein in Italien zu lernen. Es waren zuerſt ein
paar begüterte Edelleute, ein Dalberg, ein Langen, 1 ein

1 Hamelmann gab 1580 eine oratio de Rodolpho Langio heraus,
die einiges Gute enthaͤlt, aber doch auch viele Irrthuͤmer veranlaßt hat.
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[261/0279] Bewegungen in der gelehrten Literatur. Oppoſition der gemeinen Moral und des alltäglichen Ver- ſtandes wider die Mißbräuche in dem öffentlichen Leben und das Verderben der Zeit. So eben nahm auch ein anderer Zweig der Literatur, die gelehrte, und vielleicht nur noch entſchiedener eine ver- wandte Richtung. Bewegungen in der gelehrten Literatur. Darauf hatte nun Italien den größten Einfluß. In Italien war die Scholaſtik ſo wenig, wie die ro- mantiſche Poeſie, oder die gothiſche Baukunſt zu vollſtän- diger Herrſchaft gelangt; es blieb hier immer Erinnerung an das Alterthum übrig, die ſich endlich in dem funfzehnten Jahrhundert auf das großartigſte erhob, alle Geiſter er- griff, und der Literatur ein neues Leben gab. Auch auf Deutſchland wirkte dieſe Entwickelung mit der Zeit zurück, wenn auch zunächſt nur in Hinſicht des Äußerlichſten, des lateiniſchen Ausdrucks. Bei dem unausgeſetzten Verkehr mit Italien, den die kirchlichen Verhältniſſe herbeiführten, empfanden die Deut- ſchen gar bald die Überlegenheit der Italiener: ſie ſahen ſich von den Zöglingen der dortigen Grammatiker und Rhe- toren verachtet, und fiengen ſelbſt an, ſich zu ſchämen, daß ſie ſo ſchlecht ſprachen ſo elend ſchrieben. Kein Wunder, wenn ſich jüngere ſtrebende Geiſter endlich auch entſchloſ- ſen, ihr Latein in Italien zu lernen. Es waren zuerſt ein paar begüterte Edelleute, ein Dalberg, ein Langen, 1 ein 1 Hamelmann gab 1580 eine oratio de Rodolpho Langio heraus, die einiges Gute enthaͤlt, aber doch auch viele Irrthuͤmer veranlaßt hat.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/279>, abgerufen am 21.11.2024.