Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.

Bild:
<< vorherige Seite
Buch VI. Innere Streitigkeiten.
Politische Stellung Clemens VIII.

Ueberhaupt war dieß nun eine der vornehmsten Rück-
sichten des päpstlichen Stuhles, von den beiden Mäch-
ten, auf denen das Gleichgewicht der katholischen Welt be-
ruhte, weder die eine noch die andere von sich zu ent-
fremden, ihre Streitigkeiten unter einander beizulegen und
wenigstens nie zu einem Kriege ausbrechen zu lassen, sei-
nen Einfluß auf beide zu behaupten.

Das Papstthum erscheint uns hier in seinem löblich-
sten Berufe, vermittelnd, friedestiftend.

Den Frieden von Vervins -- 2. Mai 1598 -- verdankte
die Welt hauptsächlich Clemens dem VIII. Er ergriff den
günstigen Augenblick, als der König von Frankreich wegen
seiner zerrütteten Finanzen, der König von Spanien wegen
seiner zunehmenden Altersschwäche auf ein Abkommen zu den-
ken genöthigt war. Er traf die Einleitungen: von ihm
gingen die ersten Eröffnungen aus: der Franciscanergene-
ral, Fra Bonaventura Calatagirona, den er zu diesem Ge-
schäfte glücklich ausersehen und nach Frankreich gesendet,
legte die ersten und größten Schwierigkeiten bei. Die Spa-
nier hatten eine Menge Plätze in Frankreich inne: sie wa-
ren bereit dieselben zurückzugeben, jedoch Calais nahmen
sie aus: die Franzosen bestanden auf die Rückgabe auch
von Calais: Fra Calatagirona war es, der die Spanier
bestimmte dieß zuzusagen. Dann erst wurden die Unter-
handlungen zu Vervins förmlich eröffnet. Ein Legat und
ein Nuntius präsidirten denselben: der Franciscanergene-

Buch VI. Innere Streitigkeiten.
Politiſche Stellung Clemens VIII.

Ueberhaupt war dieß nun eine der vornehmſten Ruͤck-
ſichten des paͤpſtlichen Stuhles, von den beiden Maͤch-
ten, auf denen das Gleichgewicht der katholiſchen Welt be-
ruhte, weder die eine noch die andere von ſich zu ent-
fremden, ihre Streitigkeiten unter einander beizulegen und
wenigſtens nie zu einem Kriege ausbrechen zu laſſen, ſei-
nen Einfluß auf beide zu behaupten.

Das Papſtthum erſcheint uns hier in ſeinem loͤblich-
ſten Berufe, vermittelnd, friedeſtiftend.

Den Frieden von Vervins — 2. Mai 1598 — verdankte
die Welt hauptſaͤchlich Clemens dem VIII. Er ergriff den
guͤnſtigen Augenblick, als der Koͤnig von Frankreich wegen
ſeiner zerruͤtteten Finanzen, der Koͤnig von Spanien wegen
ſeiner zunehmenden Altersſchwaͤche auf ein Abkommen zu den-
ken genoͤthigt war. Er traf die Einleitungen: von ihm
gingen die erſten Eroͤffnungen aus: der Franciscanergene-
ral, Fra Bonaventura Calatagirona, den er zu dieſem Ge-
ſchaͤfte gluͤcklich auserſehen und nach Frankreich geſendet,
legte die erſten und groͤßten Schwierigkeiten bei. Die Spa-
nier hatten eine Menge Plaͤtze in Frankreich inne: ſie wa-
ren bereit dieſelben zuruͤckzugeben, jedoch Calais nahmen
ſie aus: die Franzoſen beſtanden auf die Ruͤckgabe auch
von Calais: Fra Calatagirona war es, der die Spanier
beſtimmte dieß zuzuſagen. Dann erſt wurden die Unter-
handlungen zu Vervins foͤrmlich eroͤffnet. Ein Legat und
ein Nuntius praͤſidirten denſelben: der Franciscanergene-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0318" n="306"/>
          <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Buch</hi><hi rendition="#aq">VI.</hi><hi rendition="#g">Innere Streitigkeiten</hi>.</fw>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>Politi&#x017F;che Stellung Clemens <hi rendition="#aq">VIII.</hi></head><lb/>
          <p>Ueberhaupt war dieß nun eine der vornehm&#x017F;ten Ru&#x0364;ck-<lb/>
&#x017F;ichten des pa&#x0364;p&#x017F;tlichen Stuhles, von den beiden Ma&#x0364;ch-<lb/>
ten, auf denen das Gleichgewicht der katholi&#x017F;chen Welt be-<lb/>
ruhte, weder die eine noch die andere von &#x017F;ich zu ent-<lb/>
fremden, ihre Streitigkeiten unter einander beizulegen und<lb/>
wenig&#x017F;tens nie zu einem Kriege ausbrechen zu la&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;ei-<lb/>
nen Einfluß auf beide zu behaupten.</p><lb/>
          <p>Das Pap&#x017F;tthum er&#x017F;cheint uns hier in &#x017F;einem lo&#x0364;blich-<lb/>
&#x017F;ten Berufe, vermittelnd, friede&#x017F;tiftend.</p><lb/>
          <p>Den Frieden von Vervins &#x2014; 2. Mai 1598 &#x2014; verdankte<lb/>
die Welt haupt&#x017F;a&#x0364;chlich Clemens dem <hi rendition="#aq">VIII.</hi> Er ergriff den<lb/>
gu&#x0364;n&#x017F;tigen Augenblick, als der Ko&#x0364;nig von Frankreich wegen<lb/>
&#x017F;einer zerru&#x0364;tteten Finanzen, der Ko&#x0364;nig von Spanien wegen<lb/>
&#x017F;einer zunehmenden Alters&#x017F;chwa&#x0364;che auf ein Abkommen zu den-<lb/>
ken geno&#x0364;thigt war. Er traf die Einleitungen: von ihm<lb/>
gingen die er&#x017F;ten Ero&#x0364;ffnungen aus: der Franciscanergene-<lb/>
ral, Fra Bonaventura Calatagirona, den er zu die&#x017F;em Ge-<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;fte glu&#x0364;cklich auser&#x017F;ehen und nach Frankreich ge&#x017F;endet,<lb/>
legte die er&#x017F;ten und gro&#x0364;ßten Schwierigkeiten bei. Die Spa-<lb/>
nier hatten eine Menge Pla&#x0364;tze in Frankreich inne: &#x017F;ie wa-<lb/>
ren bereit die&#x017F;elben zuru&#x0364;ckzugeben, jedoch Calais nahmen<lb/>
&#x017F;ie aus: die Franzo&#x017F;en be&#x017F;tanden auf die Ru&#x0364;ckgabe auch<lb/>
von Calais: Fra Calatagirona war es, der die Spanier<lb/>
be&#x017F;timmte dieß zuzu&#x017F;agen. Dann er&#x017F;t wurden die Unter-<lb/>
handlungen zu Vervins fo&#x0364;rmlich ero&#x0364;ffnet. Ein Legat und<lb/>
ein Nuntius pra&#x0364;&#x017F;idirten den&#x017F;elben: der Franciscanergene-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[306/0318] Buch VI. Innere Streitigkeiten. Politiſche Stellung Clemens VIII. Ueberhaupt war dieß nun eine der vornehmſten Ruͤck- ſichten des paͤpſtlichen Stuhles, von den beiden Maͤch- ten, auf denen das Gleichgewicht der katholiſchen Welt be- ruhte, weder die eine noch die andere von ſich zu ent- fremden, ihre Streitigkeiten unter einander beizulegen und wenigſtens nie zu einem Kriege ausbrechen zu laſſen, ſei- nen Einfluß auf beide zu behaupten. Das Papſtthum erſcheint uns hier in ſeinem loͤblich- ſten Berufe, vermittelnd, friedeſtiftend. Den Frieden von Vervins — 2. Mai 1598 — verdankte die Welt hauptſaͤchlich Clemens dem VIII. Er ergriff den guͤnſtigen Augenblick, als der Koͤnig von Frankreich wegen ſeiner zerruͤtteten Finanzen, der Koͤnig von Spanien wegen ſeiner zunehmenden Altersſchwaͤche auf ein Abkommen zu den- ken genoͤthigt war. Er traf die Einleitungen: von ihm gingen die erſten Eroͤffnungen aus: der Franciscanergene- ral, Fra Bonaventura Calatagirona, den er zu dieſem Ge- ſchaͤfte gluͤcklich auserſehen und nach Frankreich geſendet, legte die erſten und groͤßten Schwierigkeiten bei. Die Spa- nier hatten eine Menge Plaͤtze in Frankreich inne: ſie wa- ren bereit dieſelben zuruͤckzugeben, jedoch Calais nahmen ſie aus: die Franzoſen beſtanden auf die Ruͤckgabe auch von Calais: Fra Calatagirona war es, der die Spanier beſtimmte dieß zuzuſagen. Dann erſt wurden die Unter- handlungen zu Vervins foͤrmlich eroͤffnet. Ein Legat und ein Nuntius praͤſidirten denſelben: der Franciscanergene-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/318
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/318>, abgerufen am 03.12.2024.