Das Papstthum in Vereinigung mit dem fränki- schen Reiche.
Kaum war diese große Veränderung vollbracht, die christliche Religion gepflanzt, die Kirche gegründet, so tra- ten neue Weltgeschicke ein: das römische Reich, das so lange gesiegt und erobert hatte, sah sich nun auch seiner- seits von den Nachbarn angegriffen, überzogen, besiegt.
In dem Umsturz aller Dinge wurde selbst das Chri- stenthum noch einmal erschüttert. In den großen Gefah- ren erinnerten sich die Römer noch einmal der etrurischen Geheimnisse, die Athenienser glaubten von Achill und Mi- nerva gerettet worden zu seyn, die Carthager beteten zu dem Genius Cölestis, -- doch waren dieß nur vorüberge- hende Regungen; während das Reich in den westlichen Provinzen zerstört wurde, erhielt sich der gesammte Bau der römischen Kirche.
Nur kam auch sie, wie unvermeidlich war, in mannichfaltige Bedrängniß, und eine durchaus veränderte Lage. Eine heidnische Nation nahm Britannien ein: aria- nische Könige eroberten den größten Theil des übrigen We- stens; in Italien vor den Thoren von Rom gründeten sich die Lombarden, -- lange Zeit Arianer, und immer ge- fährliche, feindselige Nachbarn -- eine mächtige Herrschaft.
Indem nun die römischen Bischöfe, von allen Seiten eingeengt, sich bemühten, wenigstens in ihrem alten, pa- triarchalen Sprengel wieder Meister zu werden, -- mit viel Klugheit versuchten sie dieß -- traf sie ein neues, noch
Das Papſtthum u. das fraͤnkiſche Reich.
Das Papſtthum in Vereinigung mit dem fraͤnki- ſchen Reiche.
Kaum war dieſe große Veraͤnderung vollbracht, die chriſtliche Religion gepflanzt, die Kirche gegruͤndet, ſo tra- ten neue Weltgeſchicke ein: das roͤmiſche Reich, das ſo lange geſiegt und erobert hatte, ſah ſich nun auch ſeiner- ſeits von den Nachbarn angegriffen, uͤberzogen, beſiegt.
In dem Umſturz aller Dinge wurde ſelbſt das Chri- ſtenthum noch einmal erſchuͤttert. In den großen Gefah- ren erinnerten ſich die Roͤmer noch einmal der etruriſchen Geheimniſſe, die Athenienſer glaubten von Achill und Mi- nerva gerettet worden zu ſeyn, die Carthager beteten zu dem Genius Coͤleſtis, — doch waren dieß nur voruͤberge- hende Regungen; waͤhrend das Reich in den weſtlichen Provinzen zerſtoͤrt wurde, erhielt ſich der geſammte Bau der roͤmiſchen Kirche.
Nur kam auch ſie, wie unvermeidlich war, in mannichfaltige Bedraͤngniß, und eine durchaus veraͤnderte Lage. Eine heidniſche Nation nahm Britannien ein: aria- niſche Koͤnige eroberten den groͤßten Theil des uͤbrigen We- ſtens; in Italien vor den Thoren von Rom gruͤndeten ſich die Lombarden, — lange Zeit Arianer, und immer ge- faͤhrliche, feindſelige Nachbarn — eine maͤchtige Herrſchaft.
Indem nun die roͤmiſchen Biſchoͤfe, von allen Seiten eingeengt, ſich bemuͤhten, wenigſtens in ihrem alten, pa- triarchalen Sprengel wieder Meiſter zu werden, — mit viel Klugheit verſuchten ſie dieß — traf ſie ein neues, noch
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0039"n="13"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Das Papſtthum u. das fraͤnkiſche Reich</hi>.</fw></div><lb/><divn="3"><head>Das Papſtthum in Vereinigung mit dem fraͤnki-<lb/>ſchen Reiche.</head><lb/><p>Kaum war dieſe große Veraͤnderung vollbracht, die<lb/>
chriſtliche Religion gepflanzt, die Kirche gegruͤndet, ſo tra-<lb/>
ten neue Weltgeſchicke ein: das roͤmiſche Reich, das ſo<lb/>
lange geſiegt und erobert hatte, ſah ſich nun auch ſeiner-<lb/>ſeits von den Nachbarn angegriffen, uͤberzogen, beſiegt.</p><lb/><p>In dem Umſturz aller Dinge wurde ſelbſt das Chri-<lb/>ſtenthum noch einmal erſchuͤttert. In den großen Gefah-<lb/>
ren erinnerten ſich die Roͤmer noch einmal der etruriſchen<lb/>
Geheimniſſe, die Athenienſer glaubten von Achill und Mi-<lb/>
nerva gerettet worden zu ſeyn, die Carthager beteten zu<lb/>
dem Genius Coͤleſtis, — doch waren dieß nur voruͤberge-<lb/>
hende Regungen; waͤhrend das Reich in den weſtlichen<lb/>
Provinzen zerſtoͤrt wurde, erhielt ſich der geſammte Bau<lb/>
der roͤmiſchen Kirche.</p><lb/><p>Nur kam auch ſie, wie unvermeidlich war, in<lb/>
mannichfaltige Bedraͤngniß, und eine durchaus veraͤnderte<lb/>
Lage. Eine heidniſche Nation nahm Britannien ein: aria-<lb/>
niſche Koͤnige eroberten den groͤßten Theil des uͤbrigen We-<lb/>ſtens; in Italien vor den Thoren von Rom gruͤndeten ſich<lb/>
die Lombarden, — lange Zeit Arianer, und immer ge-<lb/>
faͤhrliche, feindſelige Nachbarn — eine maͤchtige Herrſchaft.</p><lb/><p>Indem nun die roͤmiſchen Biſchoͤfe, von allen Seiten<lb/>
eingeengt, ſich bemuͤhten, wenigſtens in ihrem alten, pa-<lb/>
triarchalen Sprengel wieder Meiſter zu werden, — mit viel<lb/>
Klugheit verſuchten ſie dieß — traf ſie ein neues, noch<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[13/0039]
Das Papſtthum u. das fraͤnkiſche Reich.
Das Papſtthum in Vereinigung mit dem fraͤnki-
ſchen Reiche.
Kaum war dieſe große Veraͤnderung vollbracht, die
chriſtliche Religion gepflanzt, die Kirche gegruͤndet, ſo tra-
ten neue Weltgeſchicke ein: das roͤmiſche Reich, das ſo
lange geſiegt und erobert hatte, ſah ſich nun auch ſeiner-
ſeits von den Nachbarn angegriffen, uͤberzogen, beſiegt.
In dem Umſturz aller Dinge wurde ſelbſt das Chri-
ſtenthum noch einmal erſchuͤttert. In den großen Gefah-
ren erinnerten ſich die Roͤmer noch einmal der etruriſchen
Geheimniſſe, die Athenienſer glaubten von Achill und Mi-
nerva gerettet worden zu ſeyn, die Carthager beteten zu
dem Genius Coͤleſtis, — doch waren dieß nur voruͤberge-
hende Regungen; waͤhrend das Reich in den weſtlichen
Provinzen zerſtoͤrt wurde, erhielt ſich der geſammte Bau
der roͤmiſchen Kirche.
Nur kam auch ſie, wie unvermeidlich war, in
mannichfaltige Bedraͤngniß, und eine durchaus veraͤnderte
Lage. Eine heidniſche Nation nahm Britannien ein: aria-
niſche Koͤnige eroberten den groͤßten Theil des uͤbrigen We-
ſtens; in Italien vor den Thoren von Rom gruͤndeten ſich
die Lombarden, — lange Zeit Arianer, und immer ge-
faͤhrliche, feindſelige Nachbarn — eine maͤchtige Herrſchaft.
Indem nun die roͤmiſchen Biſchoͤfe, von allen Seiten
eingeengt, ſich bemuͤhten, wenigſtens in ihrem alten, pa-
triarchalen Sprengel wieder Meiſter zu werden, — mit viel
Klugheit verſuchten ſie dieß — traf ſie ein neues, noch
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/39>, abgerufen am 13.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.