Die mahlerische Anordnung ist im Ganzen keinesweges zu billigen. Die Gruppen haben nicht die Verbindung mit einander, die das Ge- mählde als ein Ganzes beim ersten Anblicke darstellen sollte. Auch sind zu viel Figuren auf dem Bilde: im Hintergrunde ist Gewühl. Aber einzelne Grup- pen sind vortrefflich componirt.
Von dem Ausdruck habe ich bereits geredet; er ist vortrefflich. Man findet Köpfe von großer Schön- heit. Die Zeichnung ist fein, aber nicht ganz ohne Incorrektionen. Die Gewänder sind schlecht. Das Colorit ist angenehm, aber nicht immer wahr; die Beleuchtung hin und wieder glücklich geleitet: Allein im Ganzen mangelt es doch an Harmonie, und eben dies kann man noch dem Colorit vorwerfen. Auch die Luftperspektiv ist vernachläßigt.
Drittes Zimmer.
+ Zwei Portraits auf einem Bilde, halbeFra Seba stiano und der Cardinal Hippolytus di Medices, gemeiniglich Borgia und Machiavell genannt. Figuren. Die eine Figur mit dem Siegel in der Hand scheint den Fra Sebastiano del Piombo vorzu- stellen, die andere aber den Cardinal Hippolytus di Medices.
Man hat dies Bild, seiner Vortrefflichkeit we- gen, oft dem Raphael zugeschrieben. Allein es ist wahrscheinlicher vom Fra Sebastiano del Piombo. Das Siegel in der Hand zeigt sein Amt und seinen Beinahmen an. Hippolytus, dessen Nahme auf dem Bilde steht, war des Sebastiano Gönner. Wir wis- sen, daß dieser ihn gemahlt hat, und daß er in Bild-
nissen
Erster Theil. T
Pallaſt Borgheſe.
Die mahleriſche Anordnung iſt im Ganzen keinesweges zu billigen. Die Gruppen haben nicht die Verbindung mit einander, die das Ge- maͤhlde als ein Ganzes beim erſten Anblicke darſtellen ſollte. Auch ſind zu viel Figuren auf dem Bilde: im Hintergrunde iſt Gewuͤhl. Aber einzelne Grup- pen ſind vortrefflich componirt.
Von dem Ausdruck habe ich bereits geredet; er iſt vortrefflich. Man findet Koͤpfe von großer Schoͤn- heit. Die Zeichnung iſt fein, aber nicht ganz ohne Incorrektionen. Die Gewaͤnder ſind ſchlecht. Das Colorit iſt angenehm, aber nicht immer wahr; die Beleuchtung hin und wieder gluͤcklich geleitet: Allein im Ganzen mangelt es doch an Harmonie, und eben dies kann man noch dem Colorit vorwerfen. Auch die Luftperſpektiv iſt vernachlaͤßigt.
Drittes Zimmer.
† Zwei Portraits auf einem Bilde, halbeFra Seba ſtiano und der Cardinal Hippolytus di Medices, gemeiniglich Borgia und Machiavell genannt. Figuren. Die eine Figur mit dem Siegel in der Hand ſcheint den Fra Sebaſtiano del Piombo vorzu- ſtellen, die andere aber den Cardinal Hippolytus di Medices.
Man hat dies Bild, ſeiner Vortrefflichkeit we- gen, oft dem Raphael zugeſchrieben. Allein es iſt wahrſcheinlicher vom Fra Sebaſtiano del Piombo. Das Siegel in der Hand zeigt ſein Amt und ſeinen Beinahmen an. Hippolytus, deſſen Nahme auf dem Bilde ſteht, war des Sebaſtiano Goͤnner. Wir wiſ- ſen, daß dieſer ihn gemahlt hat, und daß er in Bild-
niſſen
Erſter Theil. T
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0311"n="289"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Pallaſt Borgheſe.</hi></fw><lb/><p>Die mahleriſche Anordnung iſt im Ganzen<lb/>
keinesweges zu billigen. Die Gruppen haben<lb/>
nicht die Verbindung mit einander, die das Ge-<lb/>
maͤhlde als ein Ganzes beim erſten Anblicke darſtellen<lb/>ſollte. Auch ſind zu viel Figuren auf dem Bilde:<lb/>
im Hintergrunde iſt Gewuͤhl. Aber einzelne Grup-<lb/>
pen ſind vortrefflich componirt.</p><lb/><p>Von dem Ausdruck habe ich bereits geredet; er<lb/>
iſt vortrefflich. Man findet Koͤpfe von großer Schoͤn-<lb/>
heit. Die Zeichnung iſt fein, aber nicht ganz ohne<lb/>
Incorrektionen. Die Gewaͤnder ſind ſchlecht. Das<lb/>
Colorit iſt angenehm, aber nicht immer wahr; die<lb/>
Beleuchtung hin und wieder gluͤcklich geleitet: Allein<lb/>
im Ganzen mangelt es doch an Harmonie, und eben<lb/>
dies kann man noch dem Colorit vorwerfen. Auch die<lb/>
Luftperſpektiv iſt vernachlaͤßigt.</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="3"><head><hirendition="#b"><hirendition="#g">Drittes Zimmer</hi>.</hi></head><lb/><p>†<hirendition="#fr">Zwei Portraits auf einem Bilde,</hi> halbe<noteplace="right">Fra Seba<lb/>ſtiano und<lb/>
der Cardinal<lb/>
Hippolytus<lb/>
di Medices,<lb/>
gemeiniglich<lb/>
Borgia und<lb/>
Machiavell<lb/>
genannt.</note><lb/>
Figuren. Die eine Figur mit dem Siegel in der<lb/>
Hand ſcheint den Fra Sebaſtiano del Piombo vorzu-<lb/>ſtellen, die andere aber den Cardinal Hippolytus di<lb/>
Medices.</p><lb/><p>Man hat dies Bild, ſeiner Vortrefflichkeit we-<lb/>
gen, oft dem Raphael zugeſchrieben. Allein es iſt<lb/>
wahrſcheinlicher vom Fra Sebaſtiano del Piombo.<lb/>
Das Siegel in der Hand zeigt ſein Amt und ſeinen<lb/>
Beinahmen an. Hippolytus, deſſen Nahme auf dem<lb/>
Bilde ſteht, war des Sebaſtiano Goͤnner. Wir wiſ-<lb/>ſen, daß dieſer ihn gemahlt hat, und daß er in Bild-<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#fr">Erſter Theil.</hi> T</fw><fwplace="bottom"type="catch">niſſen</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[289/0311]
Pallaſt Borgheſe.
Die mahleriſche Anordnung iſt im Ganzen
keinesweges zu billigen. Die Gruppen haben
nicht die Verbindung mit einander, die das Ge-
maͤhlde als ein Ganzes beim erſten Anblicke darſtellen
ſollte. Auch ſind zu viel Figuren auf dem Bilde:
im Hintergrunde iſt Gewuͤhl. Aber einzelne Grup-
pen ſind vortrefflich componirt.
Von dem Ausdruck habe ich bereits geredet; er
iſt vortrefflich. Man findet Koͤpfe von großer Schoͤn-
heit. Die Zeichnung iſt fein, aber nicht ganz ohne
Incorrektionen. Die Gewaͤnder ſind ſchlecht. Das
Colorit iſt angenehm, aber nicht immer wahr; die
Beleuchtung hin und wieder gluͤcklich geleitet: Allein
im Ganzen mangelt es doch an Harmonie, und eben
dies kann man noch dem Colorit vorwerfen. Auch die
Luftperſpektiv iſt vernachlaͤßigt.
Drittes Zimmer.
† Zwei Portraits auf einem Bilde, halbe
Figuren. Die eine Figur mit dem Siegel in der
Hand ſcheint den Fra Sebaſtiano del Piombo vorzu-
ſtellen, die andere aber den Cardinal Hippolytus di
Medices.
Fra Seba
ſtiano und
der Cardinal
Hippolytus
di Medices,
gemeiniglich
Borgia und
Machiavell
genannt.
Man hat dies Bild, ſeiner Vortrefflichkeit we-
gen, oft dem Raphael zugeſchrieben. Allein es iſt
wahrſcheinlicher vom Fra Sebaſtiano del Piombo.
Das Siegel in der Hand zeigt ſein Amt und ſeinen
Beinahmen an. Hippolytus, deſſen Nahme auf dem
Bilde ſteht, war des Sebaſtiano Goͤnner. Wir wiſ-
ſen, daß dieſer ihn gemahlt hat, und daß er in Bild-
niſſen
Erſter Theil. T
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 1. Leipzig, 1787, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei01_1787/311>, abgerufen am 22.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.