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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755.

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Das Märchen vom ersten April.
16.

Rosamunde (21) steht ganz tiefsinnig unter
dem Spiegel. Murner, (22) ein alter Wucherer von
zwey und sechzig Jahren, fordert sie zum Tanze auf,
und taumelt mit ihr eine Menuet. Dieser verdrieß-
liche Alte wird morgen ihr Bräutigam. Rosa-
munde wird von ihrem Vater gezwungen, dem
Manne, der Tonnen Goldes hat, ihre Hand zu
geben. Das gute Kind dauert mich: Denn Mur-
ner wird noch zehn Jahre nach ihrem Tode leben,
welcher in den ersten fünf Jahren ihres Ehestan-
des vor Verdruß über ihren geizigen, ekelhaften,
und plumpen Mann erfolgt. Aber sie würde mich
noch mehr dauern, wenn ich nicht wüßte, daß sie
ihren natürlichen Widerwillen gegen den verdrieß-
lichen Alten durch die eigennützige Hoffnung beru-
higte, daß er in ein paar Jahren sterben, und sie
durch sein Vermögen in den Stand setzen werde,
den jungen Erill (23) glücklich zu machen.

17.

Warum eilt Polidor 24) so geschwind, und
so unruhig nach Hause? - - - Jst das möglich!
So ist seine Frau in diesem Augenblicke gestorben,
welcher er seit etlichen Jahren durch tausend nie-
derträchtige Beleidigungen das Leben bitter, und

die
(21) Dieses Schlachtopfer heist N - - in.
(22) Und dieser ihr Henker heist - - - D.
(23) Jch habe ihn schon genennt; er heist Erill
24) Der getreue R - -.
Das Maͤrchen vom erſten April.
16.

Roſamunde (21) ſteht ganz tiefſinnig unter
dem Spiegel. Murner, (22) ein alter Wucherer von
zwey und ſechzig Jahren, fordert ſie zum Tanze auf,
und taumelt mit ihr eine Menuet. Dieſer verdrieß-
liche Alte wird morgen ihr Braͤutigam. Roſa-
munde wird von ihrem Vater gezwungen, dem
Manne, der Tonnen Goldes hat, ihre Hand zu
geben. Das gute Kind dauert mich: Denn Mur-
ner wird noch zehn Jahre nach ihrem Tode leben,
welcher in den erſten fuͤnf Jahren ihres Eheſtan-
des vor Verdruß uͤber ihren geizigen, ekelhaften,
und plumpen Mann erfolgt. Aber ſie wuͤrde mich
noch mehr dauern, wenn ich nicht wuͤßte, daß ſie
ihren natuͤrlichen Widerwillen gegen den verdrieß-
lichen Alten durch die eigennuͤtzige Hoffnung beru-
higte, daß er in ein paar Jahren ſterben, und ſie
durch ſein Vermoͤgen in den Stand ſetzen werde,
den jungen Erill (23) gluͤcklich zu machen.

17.

Warum eilt Polidor 24) ſo geſchwind, und
ſo unruhig nach Hauſe? ‒ ‒ ‒ Jſt das moͤglich!
So iſt ſeine Frau in dieſem Augenblicke geſtorben,
welcher er ſeit etlichen Jahren durch tauſend nie-
dertraͤchtige Beleidigungen das Leben bitter, und

die
(21) Dieſes Schlachtopfer heiſt N ‒ ‒ in.
(22) Und dieſer ihr Henker heiſt ‒ ‒ ‒ D.
(23) Jch habe ihn ſchon genennt; er heiſt Erill
24) Der getreue R ‒ ‒.
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[518[516]/0540] Das Maͤrchen vom erſten April. 16. Roſamunde (21) ſteht ganz tiefſinnig unter dem Spiegel. Murner, (22) ein alter Wucherer von zwey und ſechzig Jahren, fordert ſie zum Tanze auf, und taumelt mit ihr eine Menuet. Dieſer verdrieß- liche Alte wird morgen ihr Braͤutigam. Roſa- munde wird von ihrem Vater gezwungen, dem Manne, der Tonnen Goldes hat, ihre Hand zu geben. Das gute Kind dauert mich: Denn Mur- ner wird noch zehn Jahre nach ihrem Tode leben, welcher in den erſten fuͤnf Jahren ihres Eheſtan- des vor Verdruß uͤber ihren geizigen, ekelhaften, und plumpen Mann erfolgt. Aber ſie wuͤrde mich noch mehr dauern, wenn ich nicht wuͤßte, daß ſie ihren natuͤrlichen Widerwillen gegen den verdrieß- lichen Alten durch die eigennuͤtzige Hoffnung beru- higte, daß er in ein paar Jahren ſterben, und ſie durch ſein Vermoͤgen in den Stand ſetzen werde, den jungen Erill (23) gluͤcklich zu machen. 17. Warum eilt Polidor 24) ſo geſchwind, und ſo unruhig nach Hauſe? ‒ ‒ ‒ Jſt das moͤglich! So iſt ſeine Frau in dieſem Augenblicke geſtorben, welcher er ſeit etlichen Jahren durch tauſend nie- dertraͤchtige Beleidigungen das Leben bitter, und die (21) Dieſes Schlachtopfer heiſt N ‒ ‒ in. (22) Und dieſer ihr Henker heiſt ‒ ‒ ‒ D. (23) Jch habe ihn ſchon genennt; er heiſt Erill 24) Der getreue R ‒ ‒.

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 518[516]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/540>, abgerufen am 20.11.2024.