OMusen, helfet mir!) Ueberhaupt muß ich errinnern, daß dergleichen Anrufung der Musen bey glückwünschenden Dichtern nichts weiter ist, als ein bloßes Compliment. Die Musen mögen nun helfen oder nicht, dadurch wird sich der Dichter doch nicht irre machen lassen. Die- se Formel sagt eben so wenig, als diejenige, wenn man spricht: Erlaube, theurer Mann! Wenn es auch gleich der theure Mann nicht erlau- ben wollte: So würde er dennoch, auch wider sei- nen Willen, hören müssen, daß er die vollkommen- ste Creatur unter allen Creaturen sey; denn das Carmen ist einmal gedruckt, und mit gutem Gewis- sen kann er es dem ehrlichen Dichter nicht zumu- then, daß er die Unkosten umsonst sollte aufgewandt haben. Jch misbillige darum diese Anrufung der Musen gar nicht. Es sind die poetischen honneurs, die wir unsern Mäcenaten machen. Eine Schild- wache thut nur ihre Schuldigkeit, wenn sie bey der Ankunft eines vornehmen Mannes: Jns Gewehr! ruft, und auf dem Parnasse ist die größte Ehrenbe- zeugung diese, wenn wir alle neun Musen paradi- ren lassen. Jch halte es um deswillen denen sehr für übel, welche diese gute Cäremonie abschaffen
wol-
Hinkmars von Repkow
Noten Zur Zueignungsſchrift.
OMuſen, helfet mir!) Ueberhaupt muß ich errinnern, daß dergleichen Anrufung der Muſen bey gluͤckwuͤnſchenden Dichtern nichts weiter iſt, als ein bloßes Compliment. Die Muſen moͤgen nun helfen oder nicht, dadurch wird ſich der Dichter doch nicht irre machen laſſen. Die- ſe Formel ſagt eben ſo wenig, als diejenige, wenn man ſpricht: Erlaube, theurer Mann! Wenn es auch gleich der theure Mann nicht erlau- ben wollte: So wuͤrde er dennoch, auch wider ſei- nen Willen, hoͤren muͤſſen, daß er die vollkommen- ſte Creatur unter allen Creaturen ſey; denn das Carmen iſt einmal gedruckt, und mit gutem Gewiſ- ſen kann er es dem ehrlichen Dichter nicht zumu- then, daß er die Unkoſten umſonſt ſollte aufgewandt haben. Jch misbillige darum dieſe Anrufung der Muſen gar nicht. Es ſind die poetiſchen honneurs, die wir unſern Maͤcenaten machen. Eine Schild- wache thut nur ihre Schuldigkeit, wenn ſie bey der Ankunft eines vornehmen Mannes: Jns Gewehr! ruft, und auf dem Parnaſſe iſt die groͤßte Ehrenbe- zeugung dieſe, wenn wir alle neun Muſen paradi- ren laſſen. Jch halte es um deswillen denen ſehr fuͤr uͤbel, welche dieſe gute Caͤremonie abſchaffen
wol-
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Hinkmars von Repkow
Noten
Zur Zueignungsſchrift.
OMuſen, helfet mir!) Ueberhaupt muß ich
errinnern, daß dergleichen Anrufung der
Muſen bey gluͤckwuͤnſchenden Dichtern
nichts weiter iſt, als ein bloßes Compliment. Die
Muſen moͤgen nun helfen oder nicht, dadurch wird
ſich der Dichter doch nicht irre machen laſſen. Die-
ſe Formel ſagt eben ſo wenig, als diejenige, wenn
man ſpricht:
Erlaube, theurer Mann!
Wenn es auch gleich der theure Mann nicht erlau-
ben wollte: So wuͤrde er dennoch, auch wider ſei-
nen Willen, hoͤren muͤſſen, daß er die vollkommen-
ſte Creatur unter allen Creaturen ſey; denn das
Carmen iſt einmal gedruckt, und mit gutem Gewiſ-
ſen kann er es dem ehrlichen Dichter nicht zumu-
then, daß er die Unkoſten umſonſt ſollte aufgewandt
haben. Jch misbillige darum dieſe Anrufung der
Muſen gar nicht. Es ſind die poetiſchen honneurs,
die wir unſern Maͤcenaten machen. Eine Schild-
wache thut nur ihre Schuldigkeit, wenn ſie bey der
Ankunft eines vornehmen Mannes: Jns Gewehr!
ruft, und auf dem Parnaſſe iſt die groͤßte Ehrenbe-
zeugung dieſe, wenn wir alle neun Muſen paradi-
ren laſſen. Jch halte es um deswillen denen ſehr
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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751/114>, abgerufen am 22.02.2025.
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