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Raabe, Wilhelm: Die Chronik der Sperlingsgasse. Berlin, 1857.

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Auf einmal fiel mein Blick durch eines jener kleinen
Bläschen, die sich oft in den Glasscheiben finden. Zu-
fällig schaute ich hindurch nach meiner kleinen Putzmache-
rin und -- ich begriff, daß das Universum sich in einem
Punkt concentriren könne.

So ist es auch mit diesem Traum und Bilderbuch
der Sperlingsgasse. Die Bühne ist klein, der darauf
Erscheinenden sind wenig und doch könnten sie eine Welt
von Interesse in sich begreifen für den Schreiber und
eine Welt von Langweile für den Fremden, den Unbe-
rufenen, dem einmal diese Blätter in die Hände fallen
sollten. --



Der Regen schlägt leise an meine Scheiben. Was
und wer der sonderbare lange Gesell ist, der vorgestern
da drüben in Nr. Eilf eingezogen ist, in jene Wohnung,
wo auch ich einmal hauste, wo einst auch der Doctor
Wimmer sein Wesen trieb, hab' ich noch nicht heraus
gebracht. -- Es ist recht eine Zeit zu träumen. Ich
sitze, den Kopf auf die Hand gestützt am Fenster und
lasse mich allmählig immer mehr einlullen von der mo-

Auf einmal fiel mein Blick durch eines jener kleinen
Bläschen, die ſich oft in den Glasſcheiben finden. Zu-
fällig ſchaute ich hindurch nach meiner kleinen Putzmache-
rin und — ich begriff, daß das Univerſum ſich in einem
Punkt concentriren könne.

So iſt es auch mit dieſem Traum und Bilderbuch
der Sperlingsgaſſe. Die Bühne iſt klein, der darauf
Erſcheinenden ſind wenig und doch könnten ſie eine Welt
von Intereſſe in ſich begreifen für den Schreiber und
eine Welt von Langweile für den Fremden, den Unbe-
rufenen, dem einmal dieſe Blätter in die Hände fallen
ſollten. —



Der Regen ſchlägt leiſe an meine Scheiben. Was
und wer der ſonderbare lange Geſell iſt, der vorgeſtern
da drüben in Nr. Eilf eingezogen iſt, in jene Wohnung,
wo auch ich einmal hauſte, wo einſt auch der Doctor
Wimmer ſein Weſen trieb, hab’ ich noch nicht heraus
gebracht. — Es iſt recht eine Zeit zu träumen. Ich
ſitze, den Kopf auf die Hand geſtützt am Fenſter und
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[13/0023] Auf einmal fiel mein Blick durch eines jener kleinen Bläschen, die ſich oft in den Glasſcheiben finden. Zu- fällig ſchaute ich hindurch nach meiner kleinen Putzmache- rin und — ich begriff, daß das Univerſum ſich in einem Punkt concentriren könne. So iſt es auch mit dieſem Traum und Bilderbuch der Sperlingsgaſſe. Die Bühne iſt klein, der darauf Erſcheinenden ſind wenig und doch könnten ſie eine Welt von Intereſſe in ſich begreifen für den Schreiber und eine Welt von Langweile für den Fremden, den Unbe- rufenen, dem einmal dieſe Blätter in die Hände fallen ſollten. — Am 30. November. — Der Regen ſchlägt leiſe an meine Scheiben. Was und wer der ſonderbare lange Geſell iſt, der vorgeſtern da drüben in Nr. Eilf eingezogen iſt, in jene Wohnung, wo auch ich einmal hauſte, wo einſt auch der Doctor Wimmer ſein Weſen trieb, hab’ ich noch nicht heraus gebracht. — Es iſt recht eine Zeit zu träumen. Ich ſitze, den Kopf auf die Hand geſtützt am Fenſter und laſſe mich allmählig immer mehr einlullen von der mo-

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Die Chronik der Sperlingsgasse. Berlin, 1857, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_sperlingsgasse_1857/23>, abgerufen am 21.11.2024.