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Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896.

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Und doch! Mit welchem Verdruß, Trotz und
mehr oder weniger deutlichem Widerstreben habe ich
zu jenen Zeiten, da er noch mehr als eine Erinnerung
war, jenen guten Griff erduldet! Und wie oft habe
ich mich von ihm frei gemacht und bin mit den
beiden Anderen durchgegangen im Vogelsange in den
Vogelsang und auf den Osterberg, aus der Niederung
zu den Höhen, aus dem Alltag in den Sonntag, aus
der griechischen und lateinischen Grammatik in die
Tausend und eine Nacht, aus Vegas Logarithmen,
aus der Mathematik und Arithmetik in die wirkliche
Idealität von Zeit und Raum, in das raum- und
zeitlose Jugendphantasiereich von Velten Andres und
Helene Trotzendorff!

Auf dem Osterberge waren wir auch wieder
alle drei zusammen an jenem Abend, der auf den
eben beschriebenen stürmischen Familien- und Nachbar¬
schaftssonntagnachmittag folgte. Die zwei Anderen,
wie gewohnt, ihre eigenen Wege gehend, ich ver¬
stohlen etwas später einem verstohlenen Wink und
Zeichen Veltens folgend. Der Wald war selbst
damals schon dort oben von ziemlich wohlgehaltenen
Pfaden durchschnitten, wie man sie heute in den
Bädern als "Promenadenwege" kennt. Hier und da
hatte sogar schon irgend ein Naturliebhaber und
Wohlthäter der Menschheit eine Bank aufgestellt, die

Und doch! Mit welchem Verdruß, Trotz und
mehr oder weniger deutlichem Widerſtreben habe ich
zu jenen Zeiten, da er noch mehr als eine Erinnerung
war, jenen guten Griff erduldet! Und wie oft habe
ich mich von ihm frei gemacht und bin mit den
beiden Anderen durchgegangen im Vogelſange in den
Vogelſang und auf den Oſterberg, aus der Niederung
zu den Höhen, aus dem Alltag in den Sonntag, aus
der griechiſchen und lateiniſchen Grammatik in die
Tauſend und eine Nacht, aus Vegas Logarithmen,
aus der Mathematik und Arithmetik in die wirkliche
Idealität von Zeit und Raum, in das raum- und
zeitloſe Jugendphantaſiereich von Velten Andres und
Helene Trotzendorff!

Auf dem Oſterberge waren wir auch wieder
alle drei zuſammen an jenem Abend, der auf den
eben beſchriebenen ſtürmiſchen Familien- und Nachbar¬
ſchaftsſonntagnachmittag folgte. Die zwei Anderen,
wie gewohnt, ihre eigenen Wege gehend, ich ver¬
ſtohlen etwas ſpäter einem verſtohlenen Wink und
Zeichen Veltens folgend. Der Wald war ſelbſt
damals ſchon dort oben von ziemlich wohlgehaltenen
Pfaden durchſchnitten, wie man ſie heute in den
Bädern als „Promenadenwege“ kennt. Hier und da
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[68/0078] Und doch! Mit welchem Verdruß, Trotz und mehr oder weniger deutlichem Widerſtreben habe ich zu jenen Zeiten, da er noch mehr als eine Erinnerung war, jenen guten Griff erduldet! Und wie oft habe ich mich von ihm frei gemacht und bin mit den beiden Anderen durchgegangen im Vogelſange in den Vogelſang und auf den Oſterberg, aus der Niederung zu den Höhen, aus dem Alltag in den Sonntag, aus der griechiſchen und lateiniſchen Grammatik in die Tauſend und eine Nacht, aus Vegas Logarithmen, aus der Mathematik und Arithmetik in die wirkliche Idealität von Zeit und Raum, in das raum- und zeitloſe Jugendphantaſiereich von Velten Andres und Helene Trotzendorff! Auf dem Oſterberge waren wir auch wieder alle drei zuſammen an jenem Abend, der auf den eben beſchriebenen ſtürmiſchen Familien- und Nachbar¬ ſchaftsſonntagnachmittag folgte. Die zwei Anderen, wie gewohnt, ihre eigenen Wege gehend, ich ver¬ ſtohlen etwas ſpäter einem verſtohlenen Wink und Zeichen Veltens folgend. Der Wald war ſelbſt damals ſchon dort oben von ziemlich wohlgehaltenen Pfaden durchſchnitten, wie man ſie heute in den Bädern als „Promenadenwege“ kennt. Hier und da hatte ſogar ſchon irgend ein Naturliebhaber und Wohlthäter der Menſchheit eine Bank aufgeſtellt, die

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_akten_1896/78>, abgerufen am 26.04.2024.