Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752.

Bild:
<< vorherige Seite
58. §.

Es würde zu weitläuftig seyn, alle Charaktere, so im Tanzen vorkommen können, zu beschreiben, und ihr Zeitmaaß zu bemerken. Ich will also nur etliche wenige anführen, aus welchen die übrigen leicht werden zu begreifen seyn.

Wenn die Welschen, im geraden Tacte, durch das große C, so ihn andeutet, einen Strich machen; so zeiget solcher, wie bekannt, den Allabrevetact an. Die Franzosen bedienen sich dieser Tactart zu verschiedenen Charakteren, als: Bourreen, Entreen, Rigaudons, Gavotten, Rondeaus, u.s.w. Sie schreiben aber anstatt des durchgestrichenen C eine große 2. welche ebenfalls bedeutet, daß die Noten noch einmal so geschwind gespielet werden müssen, als sonst. In dieser Tactart sowohl als im Dreyviertheiltacte, bey der Loure, Sarabande, Courante, und Chaconne, müssen die Achttheile, so auf punctirte Viertheile folgen, nicht nach ihrer eigentlichen Geltung, sondern sehr kurz und scharf gespielet werden. Die Note mit dem Puncte wird mit Nachdruck markiret, und unter dem Punkte der Bogen abgesetzet. Eben so verfährt man mit allen punctirten Noten, wenn es anders die Zeit leidet: und soferne nach einem Puncte oder einer Pause drey oder mehr dreygeschwänzte Noten folgen; so werden solche, besonders in langsamen Stücken, nicht allemal nach ihrer Geltung, sondern am äußersten Ende der ihnen bestimmten Zeit, und in der größten Geschwindigkeit gespielet; wie solches in Ouvertüren, Entreen, und Furien öfters vorkömmt. Es muß aber jede von diesen geschwinden Noten ihren besonderen Bogenstrich bekommen: und findet das Schleifen wenig statt.

Die Entree, die Loure, und die Courante, werden prächtig gespielet; und der Bogen wird bey jedem Viertheile, es sey mit oder ohne Punct, abgesetzet. Auf jedes Viertheil kömmt ein Pulsschlag.

Eine Sarabande hat eben dieselbe Bewegung; wird aber mit einem etwas annehmlichern Vortrage gespielet.

Eine Chaconne wird gleichfalls prächtig gespielet. Ein Pulsschlag nimmt dabey zweene Viertheile ein.

Eine Passecaille ist der vorigen gleich; wird aber fast ein wenig geschwinder gespielet.

Eine Musette wird sehr schmeichelnd vorgetragen. Auf jedes Viertheil im Dreyviertheiltacte, oder auf jedes Achttheil im Dreyachttheiltacte kömmt ein Pulsschlag. Bisweilen wird sie nach der Phantasey

58. §.

Es würde zu weitläuftig seyn, alle Charaktere, so im Tanzen vorkommen können, zu beschreiben, und ihr Zeitmaaß zu bemerken. Ich will also nur etliche wenige anführen, aus welchen die übrigen leicht werden zu begreifen seyn.

Wenn die Welschen, im geraden Tacte, durch das große C, so ihn andeutet, einen Strich machen; so zeiget solcher, wie bekannt, den Allabrevetact an. Die Franzosen bedienen sich dieser Tactart zu verschiedenen Charakteren, als: Bourreen, Entreen, Rigaudons, Gavotten, Rondeaus, u.s.w. Sie schreiben aber anstatt des durchgestrichenen C eine große 2. welche ebenfalls bedeutet, daß die Noten noch einmal so geschwind gespielet werden müssen, als sonst. In dieser Tactart sowohl als im Dreyviertheiltacte, bey der Loure, Sarabande, Courante, und Chaconne, müssen die Achttheile, so auf punctirte Viertheile folgen, nicht nach ihrer eigentlichen Geltung, sondern sehr kurz und scharf gespielet werden. Die Note mit dem Puncte wird mit Nachdruck markiret, und unter dem Punkte der Bogen abgesetzet. Eben so verfährt man mit allen punctirten Noten, wenn es anders die Zeit leidet: und soferne nach einem Puncte oder einer Pause drey oder mehr dreygeschwänzte Noten folgen; so werden solche, besonders in langsamen Stücken, nicht allemal nach ihrer Geltung, sondern am äußersten Ende der ihnen bestimmten Zeit, und in der größten Geschwindigkeit gespielet; wie solches in Ouvertüren, Entreen, und Furien öfters vorkömmt. Es muß aber jede von diesen geschwinden Noten ihren besonderen Bogenstrich bekommen: und findet das Schleifen wenig statt.

Die Entree, die Loure, und die Courante, werden prächtig gespielet; und der Bogen wird bey jedem Viertheile, es sey mit oder ohne Punct, abgesetzet. Auf jedes Viertheil kömmt ein Pulsschlag.

Eine Sarabande hat eben dieselbe Bewegung; wird aber mit einem etwas annehmlichern Vortrage gespielet.

Eine Chaconne wird gleichfalls prächtig gespielet. Ein Pulsschlag nimmt dabey zweene Viertheile ein.

Eine Passecaille ist der vorigen gleich; wird aber fast ein wenig geschwinder gespielet.

Eine Musette wird sehr schmeichelnd vorgetragen. Auf jedes Viertheil im Dreyviertheiltacte, oder auf jedes Achttheil im Dreyachttheiltacte kömmt ein Pulsschlag. Bisweilen wird sie nach der Phantasey

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0284" n="270"/>
            <div n="4">
              <head>58. §.</head><lb/>
              <p>Es würde zu weitläuftig seyn, alle Charaktere, so im Tanzen vorkommen können, zu beschreiben, und ihr Zeitmaaß zu bemerken. Ich will also nur etliche wenige anführen, aus welchen die übrigen leicht werden zu begreifen seyn.</p>
              <p>Wenn die Welschen, im geraden Tacte, durch das große <hi rendition="#fr">C,</hi> so ihn andeutet, einen Strich machen; so zeiget solcher, wie bekannt, den Allabrevetact an. Die Franzosen bedienen sich dieser Tactart zu verschiedenen Charakteren, als: Bourreen, Entreen, Rigaudons, Gavotten, Rondeaus, u.s.w. Sie schreiben aber anstatt des durchgestrichenen <hi rendition="#fr">C</hi> eine große <hi rendition="#fr">2.</hi> welche ebenfalls bedeutet, daß die Noten noch einmal so geschwind gespielet werden müssen, als sonst. In dieser Tactart sowohl als im Dreyviertheiltacte, bey der Loure, Sarabande, Courante, und Chaconne, müssen die Achttheile, so auf punctirte Viertheile folgen, nicht nach ihrer eigentlichen Geltung, sondern sehr kurz und scharf gespielet werden. Die Note mit dem Puncte wird mit Nachdruck markiret, und unter dem Punkte der Bogen abgesetzet. Eben so verfährt man mit allen punctirten Noten, wenn es anders die Zeit leidet: und soferne nach einem Puncte oder einer Pause drey oder mehr dreygeschwänzte Noten folgen; so werden solche, besonders in langsamen Stücken, nicht allemal nach ihrer Geltung, sondern am äußersten Ende der ihnen bestimmten Zeit, und in der größten Geschwindigkeit gespielet; wie solches in Ouvertüren, Entreen, und Furien öfters vorkömmt. Es muß aber jede von diesen geschwinden Noten ihren besonderen Bogenstrich bekommen: und findet das Schleifen wenig statt.</p>
              <p>Die <hi rendition="#fr">Entree,</hi> die <hi rendition="#fr">Loure,</hi> und die <hi rendition="#fr">Courante,</hi> werden prächtig gespielet; und der Bogen wird bey jedem Viertheile, es sey mit oder ohne Punct, abgesetzet. Auf jedes Viertheil kömmt ein Pulsschlag.</p>
              <p>Eine <hi rendition="#fr">Sarabande</hi> hat eben dieselbe Bewegung; wird aber mit einem etwas annehmlichern Vortrage gespielet.</p>
              <p>Eine <hi rendition="#fr">Chaconne</hi> wird gleichfalls prächtig gespielet. Ein Pulsschlag nimmt dabey zweene Viertheile ein.</p>
              <p>Eine <hi rendition="#fr">Passecaille</hi> ist der vorigen gleich; wird aber fast ein wenig geschwinder gespielet.</p>
              <p>Eine <hi rendition="#fr">Musette</hi> wird sehr schmeichelnd vorgetragen. Auf jedes Viertheil im Dreyviertheiltacte, oder auf jedes Achttheil im Dreyachttheiltacte kömmt ein Pulsschlag. Bisweilen wird sie nach der Phantasey
</p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[270/0284] 58. §. Es würde zu weitläuftig seyn, alle Charaktere, so im Tanzen vorkommen können, zu beschreiben, und ihr Zeitmaaß zu bemerken. Ich will also nur etliche wenige anführen, aus welchen die übrigen leicht werden zu begreifen seyn. Wenn die Welschen, im geraden Tacte, durch das große C, so ihn andeutet, einen Strich machen; so zeiget solcher, wie bekannt, den Allabrevetact an. Die Franzosen bedienen sich dieser Tactart zu verschiedenen Charakteren, als: Bourreen, Entreen, Rigaudons, Gavotten, Rondeaus, u.s.w. Sie schreiben aber anstatt des durchgestrichenen C eine große 2. welche ebenfalls bedeutet, daß die Noten noch einmal so geschwind gespielet werden müssen, als sonst. In dieser Tactart sowohl als im Dreyviertheiltacte, bey der Loure, Sarabande, Courante, und Chaconne, müssen die Achttheile, so auf punctirte Viertheile folgen, nicht nach ihrer eigentlichen Geltung, sondern sehr kurz und scharf gespielet werden. Die Note mit dem Puncte wird mit Nachdruck markiret, und unter dem Punkte der Bogen abgesetzet. Eben so verfährt man mit allen punctirten Noten, wenn es anders die Zeit leidet: und soferne nach einem Puncte oder einer Pause drey oder mehr dreygeschwänzte Noten folgen; so werden solche, besonders in langsamen Stücken, nicht allemal nach ihrer Geltung, sondern am äußersten Ende der ihnen bestimmten Zeit, und in der größten Geschwindigkeit gespielet; wie solches in Ouvertüren, Entreen, und Furien öfters vorkömmt. Es muß aber jede von diesen geschwinden Noten ihren besonderen Bogenstrich bekommen: und findet das Schleifen wenig statt. Die Entree, die Loure, und die Courante, werden prächtig gespielet; und der Bogen wird bey jedem Viertheile, es sey mit oder ohne Punct, abgesetzet. Auf jedes Viertheil kömmt ein Pulsschlag. Eine Sarabande hat eben dieselbe Bewegung; wird aber mit einem etwas annehmlichern Vortrage gespielet. Eine Chaconne wird gleichfalls prächtig gespielet. Ein Pulsschlag nimmt dabey zweene Viertheile ein. Eine Passecaille ist der vorigen gleich; wird aber fast ein wenig geschwinder gespielet. Eine Musette wird sehr schmeichelnd vorgetragen. Auf jedes Viertheil im Dreyviertheiltacte, oder auf jedes Achttheil im Dreyachttheiltacte kömmt ein Pulsschlag. Bisweilen wird sie nach der Phantasey

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-30T10:17:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-30T10:17:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-30T10:17:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/quantz_versuchws_1752
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/quantz_versuchws_1752/284
Zitationshilfe: Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quantz_versuchws_1752/284>, abgerufen am 20.11.2024.