Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752.10. §. Wenn ein Orchester gut seyn soll, muß es sich eines guten, und einem jeden Stücke, in seiner Art, und nach seinen Eigenschaften gemäßen Vortrags, befleißigen. Das Stück sey lustig oder traurig, prächtig oder scherzend, frech oder schmeichelnd, oder wie es sonst seyn mag; so muß es in der Leidenschaft, welche es ausdrücken soll, vorgetragen werden. Hat man eine concertirende Stimme zu begleiten, so muß ein jeder Accompagnist, sich, in allen Fällen, nach dem Vortrage des Concertisten richten, und an allen Umständen Theil nehmen. Es muß dabey keine Partheylichkeit herrschen, daß man des einen seine Arbeit gut, des andern seine Arbeit schlecht ausführen wollte: sondern ein jeder muß alles was ihm vorgeleget wird, es sey gesetzet von wem es wolle, mit eben dem Eifer auszuführen suchen, als wenn es seine eigene Arbeit wäre, will er anders nicht den, einem Musikus so rühmlichen, Charakter eines ehrlichen Mannes verläugnen. 11. §. Was zu Erlangung eines guten Vortrags überhaupt erfodert wird, kann aus dem XI Hauptstücke, mit mehrerm ersehen werden. Die Art der Bogenstriche, die ein jedes Stück erfodert, wird im II Abschnitte dieses Hauptstücks erkläret: weil doch beim Accompagnement auf die Bogeninstrumente das meiste ankömmt. 12. §. Nicht nur ein jedes Stück und eine jede Leidenschaft insbesondere, sondern auch der Ort und die Absicht einer Musik, geben dem Vortrage derselben gewisse Regeln und Einschränkungen. Z.E. Eine Kirchenmusik erfodert mehr Pracht und Ernsthaftigkeit, als eine theatralische, welche mehr Freyheit zuläßt. Wenn in einer Kirchenmusik, von dem Componisten, einige freche und bizarre Gedanken, so sich in die Kirche nicht wohl schicken, mit sollten seyn eingeflochten worden: so müssen die Accompagnisten, besonders aber die Violinisten, dahin trachten, daß solche durch einen bescheidenen Vortrag, so viel möglich, vermäntelt, gezähmet, und sanfter gemacht werden mögen. 13. §. Ein guter und der Sache gemäßer Vortrag, muß sich aber auch bis auf die komische Musik erstrecken. Ein Zwischenspiel, (Intermezzo) welches eine Caricatur, oder das Gegentheil von einer ernsthaften Singmusik vorstellet, und mehr aus gemeinen und niedrigen, als ernsthaften 10. §. Wenn ein Orchester gut seyn soll, muß es sich eines guten, und einem jeden Stücke, in seiner Art, und nach seinen Eigenschaften gemäßen Vortrags, befleißigen. Das Stück sey lustig oder traurig, prächtig oder scherzend, frech oder schmeichelnd, oder wie es sonst seyn mag; so muß es in der Leidenschaft, welche es ausdrücken soll, vorgetragen werden. Hat man eine concertirende Stimme zu begleiten, so muß ein jeder Accompagnist, sich, in allen Fällen, nach dem Vortrage des Concertisten richten, und an allen Umständen Theil nehmen. Es muß dabey keine Partheylichkeit herrschen, daß man des einen seine Arbeit gut, des andern seine Arbeit schlecht ausführen wollte: sondern ein jeder muß alles was ihm vorgeleget wird, es sey gesetzet von wem es wolle, mit eben dem Eifer auszuführen suchen, als wenn es seine eigene Arbeit wäre, will er anders nicht den, einem Musikus so rühmlichen, Charakter eines ehrlichen Mannes verläugnen. 11. §. Was zu Erlangung eines guten Vortrags überhaupt erfodert wird, kann aus dem XI Hauptstücke, mit mehrerm ersehen werden. Die Art der Bogenstriche, die ein jedes Stück erfodert, wird im II Abschnitte dieses Hauptstücks erkläret: weil doch beim Accompagnement auf die Bogeninstrumente das meiste ankömmt. 12. §. Nicht nur ein jedes Stück und eine jede Leidenschaft insbesondere, sondern auch der Ort und die Absicht einer Musik, geben dem Vortrage derselben gewisse Regeln und Einschränkungen. Z.E. Eine Kirchenmusik erfodert mehr Pracht und Ernsthaftigkeit, als eine theatralische, welche mehr Freyheit zuläßt. Wenn in einer Kirchenmusik, von dem Componisten, einige freche und bizarre Gedanken, so sich in die Kirche nicht wohl schicken, mit sollten seyn eingeflochten worden: so müssen die Accompagnisten, besonders aber die Violinisten, dahin trachten, daß solche durch einen bescheidenen Vortrag, so viel möglich, vermäntelt, gezähmet, und sanfter gemacht werden mögen. 13. §. Ein guter und der Sache gemäßer Vortrag, muß sich aber auch bis auf die komische Musik erstrecken. 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Es muß dabey keine Partheylichkeit herrschen, daß man des einen seine Arbeit gut, des andern seine Arbeit schlecht ausführen wollte: sondern ein jeder muß alles was ihm vorgeleget wird, es sey gesetzet von wem es wolle, mit eben dem Eifer auszuführen suchen, als wenn es seine eigene Arbeit wäre, will er anders nicht den, einem Musikus so rühmlichen, Charakter eines ehrlichen Mannes verläugnen.</p> </div> <div n="4"> <head>11. §.</head><lb/> <p>Was zu Erlangung eines guten Vortrags überhaupt erfodert wird, kann aus dem <ref target="#f0114">XI Hauptstücke</ref>, mit mehrerm ersehen werden. 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10. §.
Wenn ein Orchester gut seyn soll, muß es sich eines guten, und einem jeden Stücke, in seiner Art, und nach seinen Eigenschaften gemäßen Vortrags, befleißigen. Das Stück sey lustig oder traurig, prächtig oder scherzend, frech oder schmeichelnd, oder wie es sonst seyn mag; so muß es in der Leidenschaft, welche es ausdrücken soll, vorgetragen werden. Hat man eine concertirende Stimme zu begleiten, so muß ein jeder Accompagnist, sich, in allen Fällen, nach dem Vortrage des Concertisten richten, und an allen Umständen Theil nehmen. Es muß dabey keine Partheylichkeit herrschen, daß man des einen seine Arbeit gut, des andern seine Arbeit schlecht ausführen wollte: sondern ein jeder muß alles was ihm vorgeleget wird, es sey gesetzet von wem es wolle, mit eben dem Eifer auszuführen suchen, als wenn es seine eigene Arbeit wäre, will er anders nicht den, einem Musikus so rühmlichen, Charakter eines ehrlichen Mannes verläugnen.
11. §.
Was zu Erlangung eines guten Vortrags überhaupt erfodert wird, kann aus dem XI Hauptstücke, mit mehrerm ersehen werden. Die Art der Bogenstriche, die ein jedes Stück erfodert, wird im II Abschnitte dieses Hauptstücks erkläret: weil doch beim Accompagnement auf die Bogeninstrumente das meiste ankömmt.
12. §.
Nicht nur ein jedes Stück und eine jede Leidenschaft insbesondere, sondern auch der Ort und die Absicht einer Musik, geben dem Vortrage derselben gewisse Regeln und Einschränkungen. Z.E. Eine Kirchenmusik erfodert mehr Pracht und Ernsthaftigkeit, als eine theatralische, welche mehr Freyheit zuläßt. Wenn in einer Kirchenmusik, von dem Componisten, einige freche und bizarre Gedanken, so sich in die Kirche nicht wohl schicken, mit sollten seyn eingeflochten worden: so müssen die Accompagnisten, besonders aber die Violinisten, dahin trachten, daß solche durch einen bescheidenen Vortrag, so viel möglich, vermäntelt, gezähmet, und sanfter gemacht werden mögen.
13. §.
Ein guter und der Sache gemäßer Vortrag, muß sich aber auch bis auf die komische Musik erstrecken. Ein Zwischenspiel, (Intermezzo) welches eine Caricatur, oder das Gegentheil von einer ernsthaften Singmusik vorstellet, und mehr aus gemeinen und niedrigen, als ernsthaften
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