Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752.Schaden gereichet. In einigen Theilen Welschlands liebt man die obengedachte Erhöhung des Tones. Denn in diesem Lande werden die Blasinstrumente weniger als in andern Ländern gebrauchet: und folglich hat man davon nicht einen solchen guten Geschmack, als von andern Dingen in der Musik. In Rom wurden einsmals die Blasinstrumente aus der Kirche verbannet. Ob nun vielleicht der unangenehme hohe Ton, oder die Art sie zu spielen daran Ursache gewesen, lasse ich dahin gestellet seyn. Denn obgleich der römische Ton tief, und für den Hoboe vortheilhaft war: so spieleten doch damals die Hoboisten auf solchen Instrumenten, die einen ganzen Ton höher stunden, und mußten folglich transponiren. Allein diese hohen Instrumente thaten, gegen die übrigen tiefgestimmeten, eine solche Wirkung, als wenn sie deutsche Schallmeyen wären. 8. §. Wegen des Reingreifens der Töne auf den Bogeninstrumenten, und sonderlich der Violine, kömmt sehr viel auf ein gutes musikalisches Gehör an. Dieses aber kömmt nicht von der Natur allein her; sondern es muß auch, durch die Erkenntniß des Verhalts der Töne, zuwege gebracht werden. Mancher empfindet, durch das angebohrne Gehör, wenn ein anderer falsch spielet: wenn er aber eben denselben Fehler selbst begeht, wird er es entweder nicht gewahr, oder er weis sich nicht zu helfen. Das beste Mittel, sich aus dieser Unwissenheit zu reissen, ist das Monochord oder der Klangmesser. Auf diesem kann man die Verhältnisse der Töne am allerdeutlichsten erkennen lernen. Es wäre deswegen nöthig, daß nicht nur ein jeder Sänger, sondern auch ein jeder Instrumentist, sich dieselben bekannt machte. Er würde dadurch die Erkenntniß der Subsemitone viel zeitlicher erlangen, und viel eher lernen, daß die mit einem bezeichneten Töne um ein Komma höher seyn müssen, als die, welche ein Kreuz vor sich haben: da er sich, ohne diese Einsicht, nur allein auf das Gehör, welches doch betrüglich ist, verlassen muß. Hauptsächlich wird dieses von den Violinisten und dergleichen Bogeninstrumentisten erfodert; als denen, wegen Setzung der Finger, keine Gränzen, wie den Blasinstrumentisten, gesetzet werden können. Es würde auch mancher in der Höhe reiner spielen; wenn er wüßte, daß auf einer Seyte, vom Anfange bis in die Höhe, die Töne nicht in einerley Weite, sondern immer verjünget, nämlich näher und näher an einander liegen. Zum Beweis: die Seyte wird auf der Geige wie auf dem Monochorde in zweene Theile getheilet: da denn die erste Hälfte davon die Octave angiebt. Schaden gereichet. In einigen Theilen Welschlands liebt man die obengedachte Erhöhung des Tones. Denn in diesem Lande werden die Blasinstrumente weniger als in andern Ländern gebrauchet: und folglich hat man davon nicht einen solchen guten Geschmack, als von andern Dingen in der Musik. In Rom wurden einsmals die Blasinstrumente aus der Kirche verbannet. Ob nun vielleicht der unangenehme hohe Ton, oder die Art sie zu spielen daran Ursache gewesen, lasse ich dahin gestellet seyn. Denn obgleich der römische Ton tief, und für den Hoboe vortheilhaft war: so spieleten doch damals die Hoboisten auf solchen Instrumenten, die einen ganzen Ton höher stunden, und mußten folglich transponiren. Allein diese hohen Instrumente thaten, gegen die übrigen tiefgestimmeten, eine solche Wirkung, als wenn sie deutsche Schallmeyen wären. 8. §. Wegen des Reingreifens der Töne auf den Bogeninstrumenten, und sonderlich der Violine, kömmt sehr viel auf ein gutes musikalisches Gehör an. Dieses aber kömmt nicht von der Natur allein her; sondern es muß auch, durch die Erkenntniß des Verhalts der Töne, zuwege gebracht werden. Mancher empfindet, durch das angebohrne Gehör, wenn ein anderer falsch spielet: wenn er aber eben denselben Fehler selbst begeht, wird er es entweder nicht gewahr, oder er weis sich nicht zu helfen. Das beste Mittel, sich aus dieser Unwissenheit zu reissen, ist das Monochord oder der Klangmesser. Auf diesem kann man die Verhältnisse der Töne am allerdeutlichsten erkennen lernen. Es wäre deswegen nöthig, daß nicht nur ein jeder Sänger, sondern auch ein jeder Instrumentist, sich dieselben bekannt machte. Er würde dadurch die Erkenntniß der Subsemitone viel zeitlicher erlangen, und viel eher lernen, daß die mit einem ♭ bezeichneten Töne um ein Komma höher seyn müssen, als die, welche ein Kreuz vor sich haben: da er sich, ohne diese Einsicht, nur allein auf das Gehör, welches doch betrüglich ist, verlassen muß. Hauptsächlich wird dieses von den Violinisten und dergleichen Bogeninstrumentisten erfodert; als denen, wegen Setzung der Finger, keine Gränzen, wie den Blasinstrumentisten, gesetzet werden können. Es würde auch mancher in der Höhe reiner spielen; wenn er wüßte, daß auf einer Seyte, vom Anfange bis in die Höhe, die Töne nicht in einerley Weite, sondern immer verjünget, nämlich näher und näher an einander liegen. Zum Beweis: die Seyte wird auf der Geige wie auf dem Monochorde in zweene Theile getheilet: da denn die erste Hälfte davon die Octave angiebt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0257" n="243"/> Schaden gereichet. In einigen Theilen Welschlands liebt man die obengedachte Erhöhung des Tones. Denn in diesem Lande werden die Blasinstrumente weniger als in andern Ländern gebrauchet: und folglich hat man davon nicht einen solchen guten Geschmack, als von andern Dingen in der Musik. In Rom wurden einsmals die Blasinstrumente aus der Kirche verbannet. Ob nun vielleicht der unangenehme hohe Ton, oder die Art sie zu spielen daran Ursache gewesen, lasse ich dahin gestellet seyn. Denn obgleich der römische Ton tief, und für den Hoboe vortheilhaft war: so spieleten doch damals die Hoboisten auf solchen Instrumenten, die einen ganzen Ton höher stunden, und mußten folglich transponiren. Allein diese hohen Instrumente thaten, gegen die übrigen tiefgestimmeten, eine solche Wirkung, als wenn sie deutsche Schallmeyen wären.</p> </div> <div n="4"> <head>8. §.</head><lb/> <p>Wegen des Reingreifens der Töne auf den Bogeninstrumenten, und sonderlich der Violine, kömmt sehr viel auf ein gutes musikalisches Gehör an. Dieses aber kömmt nicht von der Natur allein her; sondern es muß auch, durch die Erkenntniß des Verhalts der Töne, zuwege gebracht werden. Mancher empfindet, durch das angebohrne Gehör, wenn ein anderer falsch spielet: wenn er aber eben denselben Fehler selbst begeht, wird er es entweder nicht gewahr, oder er weis sich nicht zu helfen. Das beste Mittel, sich aus dieser Unwissenheit zu reissen, ist das Monochord oder der Klangmesser. Auf diesem kann man die Verhältnisse der Töne am allerdeutlichsten erkennen lernen. Es wäre deswegen nöthig, daß nicht nur ein jeder Sänger, sondern auch ein jeder Instrumentist, sich dieselben bekannt machte. Er würde dadurch die Erkenntniß der Subsemitone viel zeitlicher erlangen, und viel eher lernen, daß die mit einem ♭ bezeichneten Töne um ein Komma höher seyn müssen, als die, welche ein Kreuz vor sich haben: da er sich, ohne diese Einsicht, nur allein auf das Gehör, welches doch betrüglich ist, verlassen muß. Hauptsächlich wird dieses von den Violinisten und dergleichen Bogeninstrumentisten erfodert; als denen, wegen Setzung der Finger, keine Gränzen, wie den Blasinstrumentisten, gesetzet werden können. Es würde auch mancher in der Höhe reiner spielen; wenn er wüßte, daß auf einer Seyte, vom Anfange bis in die Höhe, die Töne nicht in einerley Weite, sondern immer verjünget, nämlich näher und näher an einander liegen. Zum Beweis: die Seyte wird auf der Geige wie auf dem Monochorde in zweene Theile getheilet: da denn die erste Hälfte davon die Octave angiebt. </p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [243/0257]
Schaden gereichet. In einigen Theilen Welschlands liebt man die obengedachte Erhöhung des Tones. Denn in diesem Lande werden die Blasinstrumente weniger als in andern Ländern gebrauchet: und folglich hat man davon nicht einen solchen guten Geschmack, als von andern Dingen in der Musik. In Rom wurden einsmals die Blasinstrumente aus der Kirche verbannet. Ob nun vielleicht der unangenehme hohe Ton, oder die Art sie zu spielen daran Ursache gewesen, lasse ich dahin gestellet seyn. Denn obgleich der römische Ton tief, und für den Hoboe vortheilhaft war: so spieleten doch damals die Hoboisten auf solchen Instrumenten, die einen ganzen Ton höher stunden, und mußten folglich transponiren. Allein diese hohen Instrumente thaten, gegen die übrigen tiefgestimmeten, eine solche Wirkung, als wenn sie deutsche Schallmeyen wären.
8. §.
Wegen des Reingreifens der Töne auf den Bogeninstrumenten, und sonderlich der Violine, kömmt sehr viel auf ein gutes musikalisches Gehör an. Dieses aber kömmt nicht von der Natur allein her; sondern es muß auch, durch die Erkenntniß des Verhalts der Töne, zuwege gebracht werden. Mancher empfindet, durch das angebohrne Gehör, wenn ein anderer falsch spielet: wenn er aber eben denselben Fehler selbst begeht, wird er es entweder nicht gewahr, oder er weis sich nicht zu helfen. Das beste Mittel, sich aus dieser Unwissenheit zu reissen, ist das Monochord oder der Klangmesser. Auf diesem kann man die Verhältnisse der Töne am allerdeutlichsten erkennen lernen. Es wäre deswegen nöthig, daß nicht nur ein jeder Sänger, sondern auch ein jeder Instrumentist, sich dieselben bekannt machte. Er würde dadurch die Erkenntniß der Subsemitone viel zeitlicher erlangen, und viel eher lernen, daß die mit einem ♭ bezeichneten Töne um ein Komma höher seyn müssen, als die, welche ein Kreuz vor sich haben: da er sich, ohne diese Einsicht, nur allein auf das Gehör, welches doch betrüglich ist, verlassen muß. Hauptsächlich wird dieses von den Violinisten und dergleichen Bogeninstrumentisten erfodert; als denen, wegen Setzung der Finger, keine Gränzen, wie den Blasinstrumentisten, gesetzet werden können. Es würde auch mancher in der Höhe reiner spielen; wenn er wüßte, daß auf einer Seyte, vom Anfange bis in die Höhe, die Töne nicht in einerley Weite, sondern immer verjünget, nämlich näher und näher an einander liegen. Zum Beweis: die Seyte wird auf der Geige wie auf dem Monochorde in zweene Theile getheilet: da denn die erste Hälfte davon die Octave angiebt.
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