Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752.es angefangen worden. Bey der darauf folgenden Solopassagie aber, kann er durch einen deutlichen und recht markireten Anfang derselben, das rechte Tempo zu erkennen geben. 13. §. Ist der Flötenist, der sich öffentlich will hören lassen, furchtsam, und noch nicht gewohnt, in Gegenwart vieler Menschen zu spielen; so muß er seine Aufmerksamkeit, in währendem Spielen, nur allein auf die Noten, die er vor sich hat, zu richten suchen; niemals aber die Augen auf die Anwesenden wenden: denn hierdurch werden die Gedanken zerstreuet, und die Gelassenheit geht verlohren. Er unternehme nicht solche schwere Sachen, die ihm bey seiner besondern Uebung noch niemals gelungen sind; er halte sich vielmehr an solche, die er ohne Anstoß wegspielen kann. Die Furcht verursachet eine Wallung des Geblüthes, wodurch die Lunge in ungleiche Bewegung gebracht wird, und die Zunge und Finger ebenfalls in eine Hitze gerathen. Hieraus entsteht nothwendiger Weise ein im Spielen sehr hinderliches Zittern der Glieder: und der Flötenspieler wird also nicht im Stande seyn, weder lange Passagien in einem Athem, noch besondere Schwierigkeiten, so wie bey einer gelassenen Gemüthsverfassung, herauszubringen. Hierzu kömmt auch noch wohl, daß er bey solchen Umständen, absonderlich bey warmem Wetter, am Munde schwitzet; und die Flöte folglich nicht am gehörigen Orte fest liegen bleibt, sondern unterwärts glitschet: wodurch das Mundloch derselben zu viel bedecket, und der Ton, wo er nicht gar außen bleibt, doch zum wenigsten zu schwach wird. Diesem leztern Uebel bald abzuhelfen; wische der Flötenist den Mund und die Flöte rein ab, greife nachdem in die Haare, oder Perüke, und reibe den am Finger klebenden feinen Puder an den Mund. Hierdurch werden die Schweißlöcher verstopfet; und er kann ohne große Hinderniß weiter spielen. 14. §. Aus diesen Ursachen ist einem jeden, der vor einer großen Versammlung spielen muß, zu rathen, daß er nicht eher ein schweres Stück zu spielen unternehme, als bis er fühlet, daß er sich in einer vollkommenen Gelassenheit befinde. Die Zuhörer können nicht wissen wie ihm zu Muthe ist; und beurtheilen ihn also, zumal wenn es das erstemal ist daß er vor ihnen spielet, nur nach dem was sie hören, nicht aber nach dem was er vor sich aufzuführen fähig ist. Es gereichet überhaupt allezeit zu größerm es angefangen worden. Bey der darauf folgenden Solopassagie aber, kann er durch einen deutlichen und recht markireten Anfang derselben, das rechte Tempo zu erkennen geben. 13. §. Ist der Flötenist, der sich öffentlich will hören lassen, furchtsam, und noch nicht gewohnt, in Gegenwart vieler Menschen zu spielen; so muß er seine Aufmerksamkeit, in währendem Spielen, nur allein auf die Noten, die er vor sich hat, zu richten suchen; niemals aber die Augen auf die Anwesenden wenden: denn hierdurch werden die Gedanken zerstreuet, und die Gelassenheit geht verlohren. Er unternehme nicht solche schwere Sachen, die ihm bey seiner besondern Uebung noch niemals gelungen sind; er halte sich vielmehr an solche, die er ohne Anstoß wegspielen kann. Die Furcht verursachet eine Wallung des Geblüthes, wodurch die Lunge in ungleiche Bewegung gebracht wird, und die Zunge und Finger ebenfalls in eine Hitze gerathen. Hieraus entsteht nothwendiger Weise ein im Spielen sehr hinderliches Zittern der Glieder: und der Flötenspieler wird also nicht im Stande seyn, weder lange Passagien in einem Athem, noch besondere Schwierigkeiten, so wie bey einer gelassenen Gemüthsverfassung, herauszubringen. Hierzu kömmt auch noch wohl, daß er bey solchen Umständen, absonderlich bey warmem Wetter, am Munde schwitzet; und die Flöte folglich nicht am gehörigen Orte fest liegen bleibt, sondern unterwärts glitschet: wodurch das Mundloch derselben zu viel bedecket, und der Ton, wo er nicht gar außen bleibt, doch zum wenigsten zu schwach wird. Diesem leztern Uebel bald abzuhelfen; wische der Flötenist den Mund und die Flöte rein ab, greife nachdem in die Haare, oder Perüke, und reibe den am Finger klebenden feinen Puder an den Mund. Hierdurch werden die Schweißlöcher verstopfet; und er kann ohne große Hinderniß weiter spielen. 14. §. Aus diesen Ursachen ist einem jeden, der vor einer großen Versammlung spielen muß, zu rathen, daß er nicht eher ein schweres Stück zu spielen unternehme, als bis er fühlet, daß er sich in einer vollkommenen Gelassenheit befinde. Die Zuhörer können nicht wissen wie ihm zu Muthe ist; und beurtheilen ihn also, zumal wenn es das erstemal ist daß er vor ihnen spielet, nur nach dem was sie hören, nicht aber nach dem was er vor sich aufzuführen fähig ist. Es gereichet überhaupt allezeit zu größerm <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0182" n="168"/> es angefangen worden. 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Hieraus entsteht nothwendiger Weise ein im Spielen sehr hinderliches Zittern der Glieder: und der Flötenspieler wird also nicht im Stande seyn, weder lange Passagien in einem Athem, noch besondere Schwierigkeiten, so wie bey einer gelassenen Gemüthsverfassung, herauszubringen. Hierzu kömmt auch noch wohl, daß er bey solchen Umständen, absonderlich bey warmem Wetter, am Munde schwitzet; und die Flöte folglich nicht am gehörigen Orte fest liegen bleibt, sondern unterwärts glitschet: wodurch das Mundloch derselben zu viel bedecket, und der Ton, wo er nicht gar außen bleibt, doch zum wenigsten zu schwach wird. Diesem leztern Uebel bald abzuhelfen; wische der Flötenist den Mund und die Flöte rein ab, greife nachdem in die Haare, oder Perüke, und reibe den am Finger klebenden feinen Puder an den Mund. 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es angefangen worden. Bey der darauf folgenden Solopassagie aber, kann er durch einen deutlichen und recht markireten Anfang derselben, das rechte Tempo zu erkennen geben.
13. §.
Ist der Flötenist, der sich öffentlich will hören lassen, furchtsam, und noch nicht gewohnt, in Gegenwart vieler Menschen zu spielen; so muß er seine Aufmerksamkeit, in währendem Spielen, nur allein auf die Noten, die er vor sich hat, zu richten suchen; niemals aber die Augen auf die Anwesenden wenden: denn hierdurch werden die Gedanken zerstreuet, und die Gelassenheit geht verlohren. Er unternehme nicht solche schwere Sachen, die ihm bey seiner besondern Uebung noch niemals gelungen sind; er halte sich vielmehr an solche, die er ohne Anstoß wegspielen kann. Die Furcht verursachet eine Wallung des Geblüthes, wodurch die Lunge in ungleiche Bewegung gebracht wird, und die Zunge und Finger ebenfalls in eine Hitze gerathen. Hieraus entsteht nothwendiger Weise ein im Spielen sehr hinderliches Zittern der Glieder: und der Flötenspieler wird also nicht im Stande seyn, weder lange Passagien in einem Athem, noch besondere Schwierigkeiten, so wie bey einer gelassenen Gemüthsverfassung, herauszubringen. Hierzu kömmt auch noch wohl, daß er bey solchen Umständen, absonderlich bey warmem Wetter, am Munde schwitzet; und die Flöte folglich nicht am gehörigen Orte fest liegen bleibt, sondern unterwärts glitschet: wodurch das Mundloch derselben zu viel bedecket, und der Ton, wo er nicht gar außen bleibt, doch zum wenigsten zu schwach wird. Diesem leztern Uebel bald abzuhelfen; wische der Flötenist den Mund und die Flöte rein ab, greife nachdem in die Haare, oder Perüke, und reibe den am Finger klebenden feinen Puder an den Mund. Hierdurch werden die Schweißlöcher verstopfet; und er kann ohne große Hinderniß weiter spielen.
14. §.
Aus diesen Ursachen ist einem jeden, der vor einer großen Versammlung spielen muß, zu rathen, daß er nicht eher ein schweres Stück zu spielen unternehme, als bis er fühlet, daß er sich in einer vollkommenen Gelassenheit befinde. Die Zuhörer können nicht wissen wie ihm zu Muthe ist; und beurtheilen ihn also, zumal wenn es das erstemal ist daß er vor ihnen spielet, nur nach dem was sie hören, nicht aber nach dem was er vor sich aufzuführen fähig ist. Es gereichet überhaupt allezeit zu größerm
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