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Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752.

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Die meisten geben, aus einem fortgepflanzeten Vorurtheile, welches die Faulheit zur Mutter, und zur Ernährerinn hat, vor, daß dergleichen Bemühung der Stimme nachtheilig sey. Unter den Instrumentisten findet man noch eher einige, welchen es an dieser Erkenntniß nicht fehlet.

20. §.

Die zweystimmigen Cadenzen können etwas länger gemacht werden, als die einstimmigen: weil die darinne enthaltene Harmonie dem Gehöre nicht so leicht verdrüßlich fällt; auch alsdenn das Athemholen erlaubt ist.

21. §.

Diejenigen, welche nicht viel von der Harmonie wissen, behelfen sich mehrentheils nur mit Terzen- und Sexten-Gängen. Allein diese sind nicht hinlänglich den Zuhörer in Verwunderung zu setzen.

22. §.

So leicht aber die gedoppelten Cadenzen zu erfinden, und auf das Papier zu schreiben sind; so schwer sind sie hingegen ohne Verabredung zu machen: weil keiner des andern Gedanken im Voraus wissen kann. Hat man aber die Vortheile, welche die Imitationen und der Gebrauch der Dissonanzen an die Hand geben, nur in etwas inne; so ist diese Schwierigkeit leicht zu überwinden. Die Erfindung der Cadenzen aus dem Stegreife ist hier hauptsächlich mein Augenmerk. Ich will deswegen einige Exempel zum Muster beyfügen, welche man als einen Grundriß zu betrachten hat, worinne man die verschiedenen Arten der Nachahmungen, wie auch der Vorbereitungen und Auflösungen der Dissonanzen, welche hierzu dienen sollen, entworfen findet. Die Auszierungen aber, welche aus der Erfindungskraft fließen, und nicht in etliche wenige Exempel eingeschränket werden können, überlasse ich eines jeden seiner eigenen Erfindung und Geschmacke.

23. §.

Ausser den in gerader Bewegung mit einander fortgehenden Terzen und Sextengängen, bestehen die zweystimmigen Cadenzen überhaupt aus Imitationen, daß eine Stimme vorträgt, und die andere nachahmet. An diesen Imitationen haben die Bindungen großen Theil. Man bindet nämlich entweder die Secunde aus der Terze, und löset sie in die Terze oder Sexte auf: oder man kehret dieses um; so daß aus der Sexte die Septime gebunden, und in die Sexte oder Terze aufgelöset wird. Oder man geht aus der Terze in die übermäßige Quarte, und umgekehrt,

Die meisten geben, aus einem fortgepflanzeten Vorurtheile, welches die Faulheit zur Mutter, und zur Ernährerinn hat, vor, daß dergleichen Bemühung der Stimme nachtheilig sey. Unter den Instrumentisten findet man noch eher einige, welchen es an dieser Erkenntniß nicht fehlet.

20. §.

Die zweystimmigen Cadenzen können etwas länger gemacht werden, als die einstimmigen: weil die darinne enthaltene Harmonie dem Gehöre nicht so leicht verdrüßlich fällt; auch alsdenn das Athemholen erlaubt ist.

21. §.

Diejenigen, welche nicht viel von der Harmonie wissen, behelfen sich mehrentheils nur mit Terzen- und Sexten-Gängen. Allein diese sind nicht hinlänglich den Zuhörer in Verwunderung zu setzen.

22. §.

So leicht aber die gedoppelten Cadenzen zu erfinden, und auf das Papier zu schreiben sind; so schwer sind sie hingegen ohne Verabredung zu machen: weil keiner des andern Gedanken im Voraus wissen kann. Hat man aber die Vortheile, welche die Imitationen und der Gebrauch der Dissonanzen an die Hand geben, nur in etwas inne; so ist diese Schwierigkeit leicht zu überwinden. Die Erfindung der Cadenzen aus dem Stegreife ist hier hauptsächlich mein Augenmerk. Ich will deswegen einige Exempel zum Muster beyfügen, welche man als einen Grundriß zu betrachten hat, worinne man die verschiedenen Arten der Nachahmungen, wie auch der Vorbereitungen und Auflösungen der Dissonanzen, welche hierzu dienen sollen, entworfen findet. Die Auszierungen aber, welche aus der Erfindungskraft fließen, und nicht in etliche wenige Exempel eingeschränket werden können, überlasse ich eines jeden seiner eigenen Erfindung und Geschmacke.

23. §.

Ausser den in gerader Bewegung mit einander fortgehenden Terzen und Sextengängen, bestehen die zweystimmigen Cadenzen überhaupt aus Imitationen, daß eine Stimme vorträgt, und die andere nachahmet. An diesen Imitationen haben die Bindungen großen Theil. Man bindet nämlich entweder die Secunde aus der Terze, und löset sie in die Terze oder Sexte auf: oder man kehret dieses um; so daß aus der Sexte die Septime gebunden, und in die Sexte oder Terze aufgelöset wird. Oder man geht aus der Terze in die übermäßige Quarte, und umgekehrt,

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[158/0172] Die meisten geben, aus einem fortgepflanzeten Vorurtheile, welches die Faulheit zur Mutter, und zur Ernährerinn hat, vor, daß dergleichen Bemühung der Stimme nachtheilig sey. Unter den Instrumentisten findet man noch eher einige, welchen es an dieser Erkenntniß nicht fehlet. 20. §. Die zweystimmigen Cadenzen können etwas länger gemacht werden, als die einstimmigen: weil die darinne enthaltene Harmonie dem Gehöre nicht so leicht verdrüßlich fällt; auch alsdenn das Athemholen erlaubt ist. 21. §. Diejenigen, welche nicht viel von der Harmonie wissen, behelfen sich mehrentheils nur mit Terzen- und Sexten-Gängen. Allein diese sind nicht hinlänglich den Zuhörer in Verwunderung zu setzen. 22. §. So leicht aber die gedoppelten Cadenzen zu erfinden, und auf das Papier zu schreiben sind; so schwer sind sie hingegen ohne Verabredung zu machen: weil keiner des andern Gedanken im Voraus wissen kann. Hat man aber die Vortheile, welche die Imitationen und der Gebrauch der Dissonanzen an die Hand geben, nur in etwas inne; so ist diese Schwierigkeit leicht zu überwinden. Die Erfindung der Cadenzen aus dem Stegreife ist hier hauptsächlich mein Augenmerk. Ich will deswegen einige Exempel zum Muster beyfügen, welche man als einen Grundriß zu betrachten hat, worinne man die verschiedenen Arten der Nachahmungen, wie auch der Vorbereitungen und Auflösungen der Dissonanzen, welche hierzu dienen sollen, entworfen findet. Die Auszierungen aber, welche aus der Erfindungskraft fließen, und nicht in etliche wenige Exempel eingeschränket werden können, überlasse ich eines jeden seiner eigenen Erfindung und Geschmacke. 23. §. Ausser den in gerader Bewegung mit einander fortgehenden Terzen und Sextengängen, bestehen die zweystimmigen Cadenzen überhaupt aus Imitationen, daß eine Stimme vorträgt, und die andere nachahmet. An diesen Imitationen haben die Bindungen großen Theil. Man bindet nämlich entweder die Secunde aus der Terze, und löset sie in die Terze oder Sexte auf: oder man kehret dieses um; so daß aus der Sexte die Septime gebunden, und in die Sexte oder Terze aufgelöset wird. Oder man geht aus der Terze in die übermäßige Quarte, und umgekehrt,

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Zitationshilfe: Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quantz_versuchws_1752/172>, abgerufen am 21.12.2024.