Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752.

Bild:
<< vorherige Seite

Das I. Hauptstück. Kurze Historie
einen halben Ton von einander unterschieden; denn die Länge oder Kürze
der Flöte verursachet, daß der Ton entweder tiefer oder höher wird.
Konnte man damit noch nicht stimmen, weil öfters das eine Stück zu
tief, das andere hingegen zu hoch war; so mußte man das höchste Mittel-
stück aus dem Kopfe der Flöte um etwas ausziehen. Allein, da der Un-
schied dieser Mittelstücken zu groß war, und man folglich die Mittelstücken
weiter ausziehen mußte, als die Structur der Flöte erlaubet, indem sie
dadurch falsch wird: so hat man endlich das Mittel gefunden, noch meh-
rere Mittelstücken hinzuzufügen, deren jedes, von dem andern, in der
Stimmung, nicht mehr als um ein Komma, oder ein Neuntheil eines
ganzen Tones, unterschieden ist. Sechs Mittelstücken machen also etwas
mehr, als einen großen halben Ton aus: welches auch der Bau der Flöte,
ohne Nachtheil der reinen Stimmung erlaubet: und sollte es die Noth
erfodern; so könnten wohl noch ein paar Mittelstücken mehr hinzugefüget
werden.

10. §.

Jn dem Kopfstücke der Flöte, zwischen dem Deckel deßelben, und
dem Mundloche, ist ein Pfropf von Kork zu befinden, welchen man nach
Belieben hin und her schieben kann. Dieser Pfropf ist in der Flöte un-
entbehrlich; und thut in derselben eben die Wirkung, welche die Stimme,
oder das unter dem Stege aufrecht stehende Hölzgen, in der Violine
machet. Diese verursachet entweder einen guten oder schlechten Ton;
nachdem sie recht oder unrecht gesetzet wird: und jener, wenn er entwe-
der zu tief hinein gedrücket, oder zu weit heraus gezogen wird; ist nicht
nur am guten Tone, sondern auch an der reinen Stimmung überhaupt,
hinderlich.

11 §.

Wenn die Flöte, durch die Mittelstücken, verkürzet oder verlängert
wird; so würde sie, wenn der Pfropf allezeit an einem Orte stehen blei-
ben sollte, die reine Stimmung der Octaven verlieren. Es muß des-
wegen dieser Pfropf, zu einem jeden kürzern Stücke, weiter von dem
Mundloche zurück gezogen; hingegen zu jedem längern Stücke, näher zu
dem Mundloche hinein gedrücket werden. Um dieses desto bequemer be-
werkstelligen zu können, ist nöthig, daß man an dem Pfropfe eine an
ihm und dem Deckel der Flöte zugleich befestigte Schraube habe: als wel-
che so wohl zu dem Ausziehen als Hineindrücken deßelben dienet.

12. §.

Das I. Hauptſtuͤck. Kurze Hiſtorie
einen halben Ton von einander unterſchieden; denn die Laͤnge oder Kuͤrze
der Floͤte verurſachet, daß der Ton entweder tiefer oder hoͤher wird.
Konnte man damit noch nicht ſtimmen, weil oͤfters das eine Stuͤck zu
tief, das andere hingegen zu hoch war; ſo mußte man das hoͤchſte Mittel-
ſtuͤck aus dem Kopfe der Floͤte um etwas ausziehen. Allein, da der Un-
ſchied dieſer Mittelſtuͤcken zu groß war, und man folglich die Mittelſtuͤcken
weiter ausziehen mußte, als die Structur der Floͤte erlaubet, indem ſie
dadurch falſch wird: ſo hat man endlich das Mittel gefunden, noch meh-
rere Mittelſtuͤcken hinzuzufuͤgen, deren jedes, von dem andern, in der
Stimmung, nicht mehr als um ein Komma, oder ein Neuntheil eines
ganzen Tones, unterſchieden iſt. Sechs Mittelſtuͤcken machen alſo etwas
mehr, als einen großen halben Ton aus: welches auch der Bau der Floͤte,
ohne Nachtheil der reinen Stimmung erlaubet: und ſollte es die Noth
erfodern; ſo koͤnnten wohl noch ein paar Mittelſtuͤcken mehr hinzugefuͤget
werden.

10. §.

Jn dem Kopfſtuͤcke der Floͤte, zwiſchen dem Deckel deßelben, und
dem Mundloche, iſt ein Pfropf von Kork zu befinden, welchen man nach
Belieben hin und her ſchieben kann. Dieſer Pfropf iſt in der Floͤte un-
entbehrlich; und thut in derſelben eben die Wirkung, welche die Stimme,
oder das unter dem Stege aufrecht ſtehende Hoͤlzgen, in der Violine
machet. Dieſe verurſachet entweder einen guten oder ſchlechten Ton;
nachdem ſie recht oder unrecht geſetzet wird: und jener, wenn er entwe-
der zu tief hinein gedruͤcket, oder zu weit heraus gezogen wird; iſt nicht
nur am guten Tone, ſondern auch an der reinen Stimmung uͤberhaupt,
hinderlich.

11 §.

Wenn die Floͤte, durch die Mittelſtuͤcken, verkuͤrzet oder verlaͤngert
wird; ſo wuͤrde ſie, wenn der Pfropf allezeit an einem Orte ſtehen blei-
ben ſollte, die reine Stimmung der Octaven verlieren. Es muß des-
wegen dieſer Pfropf, zu einem jeden kuͤrzern Stuͤcke, weiter von dem
Mundloche zuruͤck gezogen; hingegen zu jedem laͤngern Stuͤcke, naͤher zu
dem Mundloche hinein gedruͤcket werden. Um dieſes deſto bequemer be-
werkſtelligen zu koͤnnen, iſt noͤthig, daß man an dem Pfropfe eine an
ihm und dem Deckel der Floͤte zugleich befeſtigte Schraube habe: als wel-
che ſo wohl zu dem Ausziehen als Hineindruͤcken deßelben dienet.

12. §.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0044" n="26"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das <hi rendition="#aq">I.</hi> Haupt&#x017F;tu&#x0364;ck. Kurze Hi&#x017F;torie</hi></fw><lb/>
einen halben Ton von einander unter&#x017F;chieden; denn die La&#x0364;nge oder Ku&#x0364;rze<lb/>
der Flo&#x0364;te verur&#x017F;achet, daß der Ton entweder tiefer oder ho&#x0364;her wird.<lb/>
Konnte man damit noch nicht &#x017F;timmen, weil o&#x0364;fters das eine Stu&#x0364;ck zu<lb/>
tief, das andere hingegen zu hoch war; &#x017F;o mußte man das ho&#x0364;ch&#x017F;te Mittel-<lb/>
&#x017F;tu&#x0364;ck aus dem Kopfe der Flo&#x0364;te um etwas ausziehen. Allein, da der Un-<lb/>
&#x017F;chied die&#x017F;er Mittel&#x017F;tu&#x0364;cken zu groß war, und man folglich die Mittel&#x017F;tu&#x0364;cken<lb/>
weiter ausziehen mußte, als die Structur der Flo&#x0364;te erlaubet, indem &#x017F;ie<lb/>
dadurch fal&#x017F;ch wird: &#x017F;o hat man endlich das Mittel gefunden, noch meh-<lb/>
rere Mittel&#x017F;tu&#x0364;cken hinzuzufu&#x0364;gen, deren jedes, von dem andern, in der<lb/>
Stimmung, nicht mehr als um ein Komma, oder ein Neuntheil eines<lb/>
ganzen Tones, unter&#x017F;chieden i&#x017F;t. Sechs Mittel&#x017F;tu&#x0364;cken machen al&#x017F;o etwas<lb/>
mehr, als einen großen halben Ton aus: welches auch der Bau der Flo&#x0364;te,<lb/>
ohne Nachtheil der reinen Stimmung erlaubet: und &#x017F;ollte es die Noth<lb/>
erfodern; &#x017F;o ko&#x0364;nnten wohl noch ein paar Mittel&#x017F;tu&#x0364;cken mehr hinzugefu&#x0364;get<lb/>
werden.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>10. §.</head><lb/>
            <p>Jn dem Kopf&#x017F;tu&#x0364;cke der Flo&#x0364;te, zwi&#x017F;chen dem Deckel deßelben, und<lb/>
dem Mundloche, i&#x017F;t ein Pfropf von Kork zu befinden, welchen man nach<lb/>
Belieben hin und her &#x017F;chieben kann. Die&#x017F;er Pfropf i&#x017F;t in der Flo&#x0364;te un-<lb/>
entbehrlich; und thut in der&#x017F;elben eben die Wirkung, welche die Stimme,<lb/>
oder das unter dem Stege aufrecht &#x017F;tehende Ho&#x0364;lzgen, in der Violine<lb/>
machet. Die&#x017F;e verur&#x017F;achet entweder einen guten oder &#x017F;chlechten Ton;<lb/>
nachdem &#x017F;ie recht oder unrecht ge&#x017F;etzet wird: und jener, wenn er entwe-<lb/>
der zu tief hinein gedru&#x0364;cket, oder zu weit heraus gezogen wird; i&#x017F;t nicht<lb/>
nur am guten Tone, &#x017F;ondern auch an der reinen Stimmung u&#x0364;berhaupt,<lb/>
hinderlich.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>11 §.</head><lb/>
            <p>Wenn die Flo&#x0364;te, durch die Mittel&#x017F;tu&#x0364;cken, verku&#x0364;rzet oder verla&#x0364;ngert<lb/>
wird; &#x017F;o wu&#x0364;rde &#x017F;ie, wenn der Pfropf allezeit an einem Orte &#x017F;tehen blei-<lb/>
ben &#x017F;ollte, die reine Stimmung der Octaven verlieren. Es muß des-<lb/>
wegen die&#x017F;er Pfropf, zu einem jeden ku&#x0364;rzern Stu&#x0364;cke, weiter von dem<lb/>
Mundloche zuru&#x0364;ck gezogen; hingegen zu jedem la&#x0364;ngern Stu&#x0364;cke, na&#x0364;her zu<lb/>
dem Mundloche hinein gedru&#x0364;cket werden. Um die&#x017F;es de&#x017F;to bequemer be-<lb/>
werk&#x017F;telligen zu ko&#x0364;nnen, i&#x017F;t no&#x0364;thig, daß man an dem Pfropfe eine an<lb/>
ihm und dem Deckel der Flo&#x0364;te zugleich befe&#x017F;tigte Schraube habe: als wel-<lb/>
che &#x017F;o wohl zu dem Ausziehen als Hineindru&#x0364;cken deßelben dienet.</p>
          </div><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">12. §.</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[26/0044] Das I. Hauptſtuͤck. Kurze Hiſtorie einen halben Ton von einander unterſchieden; denn die Laͤnge oder Kuͤrze der Floͤte verurſachet, daß der Ton entweder tiefer oder hoͤher wird. Konnte man damit noch nicht ſtimmen, weil oͤfters das eine Stuͤck zu tief, das andere hingegen zu hoch war; ſo mußte man das hoͤchſte Mittel- ſtuͤck aus dem Kopfe der Floͤte um etwas ausziehen. Allein, da der Un- ſchied dieſer Mittelſtuͤcken zu groß war, und man folglich die Mittelſtuͤcken weiter ausziehen mußte, als die Structur der Floͤte erlaubet, indem ſie dadurch falſch wird: ſo hat man endlich das Mittel gefunden, noch meh- rere Mittelſtuͤcken hinzuzufuͤgen, deren jedes, von dem andern, in der Stimmung, nicht mehr als um ein Komma, oder ein Neuntheil eines ganzen Tones, unterſchieden iſt. Sechs Mittelſtuͤcken machen alſo etwas mehr, als einen großen halben Ton aus: welches auch der Bau der Floͤte, ohne Nachtheil der reinen Stimmung erlaubet: und ſollte es die Noth erfodern; ſo koͤnnten wohl noch ein paar Mittelſtuͤcken mehr hinzugefuͤget werden. 10. §. Jn dem Kopfſtuͤcke der Floͤte, zwiſchen dem Deckel deßelben, und dem Mundloche, iſt ein Pfropf von Kork zu befinden, welchen man nach Belieben hin und her ſchieben kann. Dieſer Pfropf iſt in der Floͤte un- entbehrlich; und thut in derſelben eben die Wirkung, welche die Stimme, oder das unter dem Stege aufrecht ſtehende Hoͤlzgen, in der Violine machet. Dieſe verurſachet entweder einen guten oder ſchlechten Ton; nachdem ſie recht oder unrecht geſetzet wird: und jener, wenn er entwe- der zu tief hinein gedruͤcket, oder zu weit heraus gezogen wird; iſt nicht nur am guten Tone, ſondern auch an der reinen Stimmung uͤberhaupt, hinderlich. 11 §. Wenn die Floͤte, durch die Mittelſtuͤcken, verkuͤrzet oder verlaͤngert wird; ſo wuͤrde ſie, wenn der Pfropf allezeit an einem Orte ſtehen blei- ben ſollte, die reine Stimmung der Octaven verlieren. Es muß des- wegen dieſer Pfropf, zu einem jeden kuͤrzern Stuͤcke, weiter von dem Mundloche zuruͤck gezogen; hingegen zu jedem laͤngern Stuͤcke, naͤher zu dem Mundloche hinein gedruͤcket werden. Um dieſes deſto bequemer be- werkſtelligen zu koͤnnen, iſt noͤthig, daß man an dem Pfropfe eine an ihm und dem Deckel der Floͤte zugleich befeſtigte Schraube habe: als wel- che ſo wohl zu dem Ausziehen als Hineindruͤcken deßelben dienet. 12. §.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/quantz_versuch_1752
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/quantz_versuch_1752/44
Zitationshilfe: Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quantz_versuch_1752/44>, abgerufen am 21.11.2024.