Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752.

Bild:
<< vorherige Seite




Des XVII. Hauptstücks.
VI. Abschnitt.
Von dem Clavieristen insbesondere.
1. §.

Nicht alle, die den Generalbaß verstehen, sind auch deswegen zugleich
gute Accompagnisten. Eines muß durch Regeln; das andere aus
Erfahrung, und endlich aus eigener Empfindung erlernet werden.

2. §.

Jn das erstere mich einzulassen, ist meine Absicht nicht: weil es
darinne an Anweisung nicht fehlet. Wegen des letztern aber, will ich,
weil es zu meinem Zwecke gehöret, mit Erlaubniß der Herren Clavieri-
sten, nur in der Kürze etwas weniges erinnern; das übrige aber, einem
jeden geschikten und erfahrnen Clavierspieler, zum weitern Nachdenken
anheim stellen.

3. §.

Es ist, wie oben gesaget worden, möglich, daß einer der die Wissen-
schaft des Generalbasses aus dem Grunde inne hat, dennoch ein schlechter
Accompagnist seyn könne. Der Generalbaß erfodert, daß die Stimmen,
welche der Spieler über den Baß, aus dem Stegreife, nnd nach Anleitung
der Signaturen hinzusetzet, nach den Regeln, und als wenn solche auf
dem Papiere geschrieben stünden, gespielet werden müssen. Die Kunst
zu begleiten, erfodert nicht nur dieses, sondern auch noch viel ein
mehrers.

4. §.

Die allgemeine Regel vom Generalbaß ist, daß man allezeit vier-
stimmig spiele: wenn man aber recht gut accompagniren will, thut es oft
bessere Wirkung, wenn man sich nicht so genau hieran bindet; wenn man
vielmehr einige Stimmen wegläßt, oder wohl gar den Baß mit der rech-

ten




Des XVII. Hauptſtuͤcks.
VI. Abſchnitt.
Von dem Clavieriſten insbeſondere.
1. §.

Nicht alle, die den Generalbaß verſtehen, ſind auch deswegen zugleich
gute Accompagniſten. Eines muß durch Regeln; das andere aus
Erfahrung, und endlich aus eigener Empfindung erlernet werden.

2. §.

Jn das erſtere mich einzulaſſen, iſt meine Abſicht nicht: weil es
darinne an Anweiſung nicht fehlet. Wegen des letztern aber, will ich,
weil es zu meinem Zwecke gehoͤret, mit Erlaubniß der Herren Clavieri-
ſten, nur in der Kuͤrze etwas weniges erinnern; das uͤbrige aber, einem
jeden geſchikten und erfahrnen Clavierſpieler, zum weitern Nachdenken
anheim ſtellen.

3. §.

Es iſt, wie oben geſaget worden, moͤglich, daß einer der die Wiſſen-
ſchaft des Generalbaſſes aus dem Grunde inne hat, dennoch ein ſchlechter
Accompagniſt ſeyn koͤnne. Der Generalbaß erfodert, daß die Stimmen,
welche der Spieler uͤber den Baß, aus dem Stegreife, nnd nach Anleitung
der Signaturen hinzuſetzet, nach den Regeln, und als wenn ſolche auf
dem Papiere geſchrieben ſtuͤnden, geſpielet werden muͤſſen. Die Kunſt
zu begleiten, erfodert nicht nur dieſes, ſondern auch noch viel ein
mehrers.

4. §.

Die allgemeine Regel vom Generalbaß iſt, daß man allezeit vier-
ſtimmig ſpiele: wenn man aber recht gut accompagniren will, thut es oft
beſſere Wirkung, wenn man ſich nicht ſo genau hieran bindet; wenn man
vielmehr einige Stimmen weglaͤßt, oder wohl gar den Baß mit der rech-

ten
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0241" n="223"/>
        <fw place="top" type="header">
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </fw>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Des</hi> <hi rendition="#aq">XVII.</hi> <hi rendition="#b">Haupt&#x017F;tu&#x0364;cks.</hi><lb/> <hi rendition="#aq">VI.</hi> <hi rendition="#b">Ab&#x017F;chnitt.<lb/>
Von dem Clavieri&#x017F;ten insbe&#x017F;ondere.</hi> </head><lb/>
          <div n="3">
            <head>1. §.</head><lb/>
            <p><hi rendition="#in">N</hi>icht alle, die den Generalbaß ver&#x017F;tehen, &#x017F;ind auch deswegen zugleich<lb/>
gute Accompagni&#x017F;ten. Eines muß durch Regeln; das andere aus<lb/>
Erfahrung, und endlich aus eigener Empfindung erlernet werden.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>2. §.</head><lb/>
            <p>Jn das er&#x017F;tere mich einzula&#x017F;&#x017F;en, i&#x017F;t meine Ab&#x017F;icht nicht: weil es<lb/>
darinne an Anwei&#x017F;ung nicht fehlet. Wegen des letztern aber, will ich,<lb/>
weil es zu meinem Zwecke geho&#x0364;ret, mit Erlaubniß der Herren Clavieri-<lb/>
&#x017F;ten, nur in der Ku&#x0364;rze etwas weniges erinnern; das u&#x0364;brige aber, einem<lb/>
jeden ge&#x017F;chikten und erfahrnen Clavier&#x017F;pieler, zum weitern Nachdenken<lb/>
anheim &#x017F;tellen.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>3. §.</head><lb/>
            <p>Es i&#x017F;t, wie oben ge&#x017F;aget worden, mo&#x0364;glich, daß einer der die Wi&#x017F;&#x017F;en-<lb/>
&#x017F;chaft des Generalba&#x017F;&#x017F;es aus dem Grunde inne hat, dennoch ein &#x017F;chlechter<lb/>
Accompagni&#x017F;t &#x017F;eyn ko&#x0364;nne. Der Generalbaß erfodert, daß die Stimmen,<lb/>
welche der Spieler u&#x0364;ber den Baß, aus dem Stegreife, nnd nach Anleitung<lb/>
der Signaturen hinzu&#x017F;etzet, nach den Regeln, und als wenn &#x017F;olche auf<lb/>
dem Papiere ge&#x017F;chrieben &#x017F;tu&#x0364;nden, ge&#x017F;pielet werden mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Die Kun&#x017F;t<lb/>
zu begleiten, erfodert nicht nur die&#x017F;es, &#x017F;ondern auch noch viel ein<lb/>
mehrers.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>4. §.</head><lb/>
            <p>Die allgemeine Regel vom Generalbaß i&#x017F;t, daß man allezeit vier-<lb/>
&#x017F;timmig &#x017F;piele: wenn man aber recht gut accompagniren will, thut es oft<lb/>
be&#x017F;&#x017F;ere Wirkung, wenn man &#x017F;ich nicht &#x017F;o genau hieran bindet; wenn man<lb/>
vielmehr einige Stimmen wegla&#x0364;ßt, oder wohl gar den Baß mit der rech-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ten</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[223/0241] Des XVII. Hauptſtuͤcks. VI. Abſchnitt. Von dem Clavieriſten insbeſondere. 1. §. Nicht alle, die den Generalbaß verſtehen, ſind auch deswegen zugleich gute Accompagniſten. Eines muß durch Regeln; das andere aus Erfahrung, und endlich aus eigener Empfindung erlernet werden. 2. §. Jn das erſtere mich einzulaſſen, iſt meine Abſicht nicht: weil es darinne an Anweiſung nicht fehlet. Wegen des letztern aber, will ich, weil es zu meinem Zwecke gehoͤret, mit Erlaubniß der Herren Clavieri- ſten, nur in der Kuͤrze etwas weniges erinnern; das uͤbrige aber, einem jeden geſchikten und erfahrnen Clavierſpieler, zum weitern Nachdenken anheim ſtellen. 3. §. Es iſt, wie oben geſaget worden, moͤglich, daß einer der die Wiſſen- ſchaft des Generalbaſſes aus dem Grunde inne hat, dennoch ein ſchlechter Accompagniſt ſeyn koͤnne. Der Generalbaß erfodert, daß die Stimmen, welche der Spieler uͤber den Baß, aus dem Stegreife, nnd nach Anleitung der Signaturen hinzuſetzet, nach den Regeln, und als wenn ſolche auf dem Papiere geſchrieben ſtuͤnden, geſpielet werden muͤſſen. Die Kunſt zu begleiten, erfodert nicht nur dieſes, ſondern auch noch viel ein mehrers. 4. §. Die allgemeine Regel vom Generalbaß iſt, daß man allezeit vier- ſtimmig ſpiele: wenn man aber recht gut accompagniren will, thut es oft beſſere Wirkung, wenn man ſich nicht ſo genau hieran bindet; wenn man vielmehr einige Stimmen weglaͤßt, oder wohl gar den Baß mit der rech- ten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/quantz_versuch_1752
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/quantz_versuch_1752/241
Zitationshilfe: Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quantz_versuch_1752/241>, abgerufen am 21.11.2024.