gezwungen, mein deßhalbiges Gelübde zu brechen, was ich meiner Tänzerin, der 60jährigen Lady D ..., ohnmöglich abschlagen konnte.
Den 4ten Juli.
Lange habe ich mich nicht so gut amüsirt als hier. Am Tage mache ich in der schönen Gegend Excursio- nen, oder fahre in Lady D ... s Phaeton und Ein- spänner ohne Weg und Steg in den Wiesen und dem Hohlwalde des Parks umher, und auch Abends nehme ich, wie Jeder, nicht mehr Theil an der Ge- sellschaft als mir gefällt. Gestern saßen wir so Alle (9 Personen) wohl ein paar Stunden lang nach dem Essen in der Bibliothek gemeinschaftlich zusammen, und lasen, jeder aber, versteht sich, sein eignes Buch, ohne daß ein einziges Wort die Lectüre unterbrochen hätte, über welches peripathetische Stillschweigen wir doch zuletzt selbst lachen mußten, eingedenk des Eng- länders, welcher in Paris behauptete, que parler c'etait gater la conversation.
Nachdem ich am ersten Tage die erwähnte Lanka- ster'sche Schule besichtigt hatte, wo eine einzige Per- son 60 Mädchen unterrichtet, die aus der Umgegend, so weit sie dem Lord gehört, täglich auf 4 Stunden hierherkommen, ritt ich nach Rochester, um die Rui- nen des dortigen alten Schlosses zu besehen, ein schö- ner Ueberrest des Alterthums. Was nicht mit Ge-
Briefe eines Verstorbenen. IV. 25
gezwungen, mein deßhalbiges Gelübde zu brechen, was ich meiner Tänzerin, der 60jährigen Lady D …, ohnmöglich abſchlagen konnte.
Den 4ten Juli.
Lange habe ich mich nicht ſo gut amüſirt als hier. Am Tage mache ich in der ſchönen Gegend Excurſio- nen, oder fahre in Lady D … s Phaeton und Ein- ſpänner ohne Weg und Steg in den Wieſen und dem Hohlwalde des Parks umher, und auch Abends nehme ich, wie Jeder, nicht mehr Theil an der Ge- ſellſchaft als mir gefällt. Geſtern ſaßen wir ſo Alle (9 Perſonen) wohl ein paar Stunden lang nach dem Eſſen in der Bibliothek gemeinſchaftlich zuſammen, und laſen, jeder aber, verſteht ſich, ſein eignes Buch, ohne daß ein einziges Wort die Lectüre unterbrochen hätte, über welches peripathetiſche Stillſchweigen wir doch zuletzt ſelbſt lachen mußten, eingedenk des Eng- länders, welcher in Paris behauptete, que parler c’était gàter la conversation.
Nachdem ich am erſten Tage die erwähnte Lanka- ſter’ſche Schule beſichtigt hatte, wo eine einzige Per- ſon 60 Mädchen unterrichtet, die aus der Umgegend, ſo weit ſie dem Lord gehört, täglich auf 4 Stunden hierherkommen, ritt ich nach Rocheſter, um die Rui- nen des dortigen alten Schloſſes zu beſehen, ein ſchö- ner Ueberreſt des Alterthums. Was nicht mit Ge-
Briefe eines Verſtorbenen. IV. 25
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gezwungen, mein deßhalbiges Gelübde zu brechen,
was ich meiner Tänzerin, der 60jährigen Lady D …,
ohnmöglich abſchlagen konnte.
Den 4ten Juli.
Lange habe ich mich nicht ſo gut amüſirt als hier.
Am Tage mache ich in der ſchönen Gegend Excurſio-
nen, oder fahre in Lady D … s Phaeton und Ein-
ſpänner ohne Weg und Steg in den Wieſen und
dem Hohlwalde des Parks umher, und auch Abends
nehme ich, wie Jeder, nicht mehr Theil an der Ge-
ſellſchaft als mir gefällt. Geſtern ſaßen wir ſo Alle
(9 Perſonen) wohl ein paar Stunden lang nach dem
Eſſen in der Bibliothek gemeinſchaftlich zuſammen,
und laſen, jeder aber, verſteht ſich, ſein eignes Buch,
ohne daß ein einziges Wort die Lectüre unterbrochen
hätte, über welches peripathetiſche Stillſchweigen wir
doch zuletzt ſelbſt lachen mußten, eingedenk des Eng-
länders, welcher in Paris behauptete, que parler
c’était gàter la conversation.
Nachdem ich am erſten Tage die erwähnte Lanka-
ſter’ſche Schule beſichtigt hatte, wo eine einzige Per-
ſon 60 Mädchen unterrichtet, die aus der Umgegend,
ſo weit ſie dem Lord gehört, täglich auf 4 Stunden
hierherkommen, ritt ich nach Rocheſter, um die Rui-
nen des dortigen alten Schloſſes zu beſehen, ein ſchö-
ner Ueberreſt des Alterthums. Was nicht mit Ge-
Briefe eines Verſtorbenen. IV. 25
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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 385. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/405>, abgerufen am 23.11.2024.
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