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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831.

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und deutschen Gesellschaftston nachzuahmen sucht. Es
ist der Graf S ..., der lange unser Vaterland in
ziemlich bedrängten Umständen bewohnte, und mit
einemmal ein ungeheures Vermögen ererbt hat. Nur
die cramoisinfarbene Livrce seiner Leute mit cana-
riengelben Inerpressibles und Strümpfen war im
englischen Geschmack, sonst Alles deutsch im Hause,
selbst die Eßstunde näher gerückt. Die lange Dauer
des Dines war mir in hohem Grade lästig, ich saß
wie auf Nadeln, da man mich an einem Orte er-
wartete, welcher mir dermalen theurer als Alles ist.
Ohngeachtet meiner üblen Laune gewann mir doch
wider Willen mein österreichischer Nachbar ein Lä-
cheln ab, der ungeheuer trank, und als ich ihm noch
mehr anbot, erwiederte: Nein, jetzt keinen Wein
mehr, sonst werde ich excessiv und fange an zu stän-
kern. Du verstehst besser Wienerisch als ich, ich
brauche Dir daher die Meinung der Phrase nicht zu
erklären.



Ich habe einige Tage auf dem Lande zugebracht
und Epsom's Wettrennen besucht. Die Scene war
sehr belebt, alle Straßen voller flüchtig dahinrollen-
der Equipagen, und ein großer grüner Hügel mitten
in der Plaine, an dessen Saum das Wettrennen statt
findet, so dicht mit tausend ausgespannten Wagen,
und einem bunten Gewühl von Reitern und Fuß-

und deutſchen Geſellſchaftston nachzuahmen ſucht. Es
iſt der Graf S …, der lange unſer Vaterland in
ziemlich bedrängten Umſtänden bewohnte, und mit
einemmal ein ungeheures Vermögen ererbt hat. Nur
die cramoiſinfarbene Livrce ſeiner Leute mit cana-
riengelben Inerpreſſibles und Strümpfen war im
engliſchen Geſchmack, ſonſt Alles deutſch im Hauſe,
ſelbſt die Eßſtunde näher gerückt. Die lange Dauer
des Dinés war mir in hohem Grade läſtig, ich ſaß
wie auf Nadeln, da man mich an einem Orte er-
wartete, welcher mir dermalen theurer als Alles iſt.
Ohngeachtet meiner üblen Laune gewann mir doch
wider Willen mein öſterreichiſcher Nachbar ein Lä-
cheln ab, der ungeheuer trank, und als ich ihm noch
mehr anbot, erwiederte: Nein, jetzt keinen Wein
mehr, ſonſt werde ich exceſſiv und fange an zu ſtän-
kern. Du verſtehſt beſſer Wieneriſch als ich, ich
brauche Dir daher die Meinung der Phraſe nicht zu
erklären.



Ich habe einige Tage auf dem Lande zugebracht
und Epſom’s Wettrennen beſucht. Die Scene war
ſehr belebt, alle Straßen voller flüchtig dahinrollen-
der Equipagen, und ein großer grüner Hügel mitten
in der Plaine, an deſſen Saum das Wettrennen ſtatt
findet, ſo dicht mit tauſend ausgeſpannten Wagen,
und einem bunten Gewühl von Reitern und Fuß-

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[365/0385] und deutſchen Geſellſchaftston nachzuahmen ſucht. Es iſt der Graf S …, der lange unſer Vaterland in ziemlich bedrängten Umſtänden bewohnte, und mit einemmal ein ungeheures Vermögen ererbt hat. Nur die cramoiſinfarbene Livrce ſeiner Leute mit cana- riengelben Inerpreſſibles und Strümpfen war im engliſchen Geſchmack, ſonſt Alles deutſch im Hauſe, ſelbſt die Eßſtunde näher gerückt. Die lange Dauer des Dinés war mir in hohem Grade läſtig, ich ſaß wie auf Nadeln, da man mich an einem Orte er- wartete, welcher mir dermalen theurer als Alles iſt. Ohngeachtet meiner üblen Laune gewann mir doch wider Willen mein öſterreichiſcher Nachbar ein Lä- cheln ab, der ungeheuer trank, und als ich ihm noch mehr anbot, erwiederte: Nein, jetzt keinen Wein mehr, ſonſt werde ich exceſſiv und fange an zu ſtän- kern. Du verſtehſt beſſer Wieneriſch als ich, ich brauche Dir daher die Meinung der Phraſe nicht zu erklären. Den 16ten. Ich habe einige Tage auf dem Lande zugebracht und Epſom’s Wettrennen beſucht. Die Scene war ſehr belebt, alle Straßen voller flüchtig dahinrollen- der Equipagen, und ein großer grüner Hügel mitten in der Plaine, an deſſen Saum das Wettrennen ſtatt findet, ſo dicht mit tauſend ausgeſpannten Wagen, und einem bunten Gewühl von Reitern und Fuß-

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 365. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/385>, abgerufen am 23.11.2024.