Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

ein halbes Wunder, indem dreimal die auf ihn an-
gelegten Gewehre versagten, so daß Empecinado
abergläubisch eine Bestimmung darin zu sehen glaubte,
und von ihm abzulassen befahl. Man sieht auf dem
Gemälde den General Lejeune, völlig nackt ausgezo-
gen, von einem der Mörder bei den Haaren gefaßt,
von einem andern auf den Leib getreten, und die
Gewehre der andern auf ihn gerichtet, während un-
ter Leichen und Trümmern neben ihm seine Diener
und ein Soldat, schon von Piken und Schwerdtern
vielfach durchbohrt, ihren Geist aushauchen.

Die Schlacht am Nil, wo die Mamelucken in
halbwahnsinniger Flucht, ihre herrlichen arabischen
Rosse von dem hohen Abhang herab in den Fluß
spornen, und wenige nur das jenseitige Ufer errei-
chen, macht gleichfalls einen sehr romantischen Effekt.



Ich habe vergessen Dir zu schreiben, daß vor ohn-
gefähr 14 Tagen das kaum fertig gewordne elegante
Braunschweiger Theater, während der Probe eines
neuen Stücks eingefallen ist, und einer großen Menge
Menschen das Leben gekostet hat. Ich besah gestern
die Trümmer, wo noch die Leichen zweier Karren-
Pferde, die in der Straße daneben erschlagen wur-
den, unter dem Schutte liegen. Es ist ein fürchter-

ein halbes Wunder, indem dreimal die auf ihn an-
gelegten Gewehre verſagten, ſo daß Empecinado
abergläubiſch eine Beſtimmung darin zu ſehen glaubte,
und von ihm abzulaſſen befahl. Man ſieht auf dem
Gemälde den General Lejeune, völlig nackt ausgezo-
gen, von einem der Mörder bei den Haaren gefaßt,
von einem andern auf den Leib getreten, und die
Gewehre der andern auf ihn gerichtet, während un-
ter Leichen und Trümmern neben ihm ſeine Diener
und ein Soldat, ſchon von Piken und Schwerdtern
vielfach durchbohrt, ihren Geiſt aushauchen.

Die Schlacht am Nil, wo die Mamelucken in
halbwahnſinniger Flucht, ihre herrlichen arabiſchen
Roſſe von dem hohen Abhang herab in den Fluß
ſpornen, und wenige nur das jenſeitige Ufer errei-
chen, macht gleichfalls einen ſehr romantiſchen Effekt.



Ich habe vergeſſen Dir zu ſchreiben, daß vor ohn-
gefähr 14 Tagen das kaum fertig gewordne elegante
Braunſchweiger Theater, während der Probe eines
neuen Stücks eingefallen iſt, und einer großen Menge
Menſchen das Leben gekoſtet hat. Ich beſah geſtern
die Trümmer, wo noch die Leichen zweier Karren-
Pferde, die in der Straße daneben erſchlagen wur-
den, unter dem Schutte liegen. Es iſt ein fürchter-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0349" n="331"/>
ein halbes Wunder, indem dreimal die auf ihn an-<lb/>
gelegten Gewehre ver&#x017F;agten, &#x017F;o daß Empecinado<lb/>
abergläubi&#x017F;ch eine Be&#x017F;timmung darin zu &#x017F;ehen glaubte,<lb/>
und von ihm abzula&#x017F;&#x017F;en befahl. Man &#x017F;ieht auf dem<lb/>
Gemälde den General Lejeune, völlig nackt ausgezo-<lb/>
gen, von einem der Mörder bei den Haaren gefaßt,<lb/>
von einem andern auf den Leib getreten, und die<lb/>
Gewehre der andern auf ihn gerichtet, während un-<lb/>
ter Leichen und Trümmern neben ihm &#x017F;eine Diener<lb/>
und ein Soldat, &#x017F;chon von Piken und Schwerdtern<lb/>
vielfach durchbohrt, ihren Gei&#x017F;t aushauchen.</p><lb/>
          <p>Die Schlacht am Nil, wo die Mamelucken in<lb/>
halbwahn&#x017F;inniger Flucht, ihre herrlichen arabi&#x017F;chen<lb/>
Ro&#x017F;&#x017F;e von dem hohen Abhang herab in den Fluß<lb/>
&#x017F;pornen, und wenige nur das jen&#x017F;eitige Ufer errei-<lb/>
chen, macht gleichfalls einen &#x017F;ehr romanti&#x017F;chen Effekt.</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <opener>
            <dateline> <hi rendition="#et">Den 13ten.</hi> </dateline>
          </opener><lb/>
          <p>Ich habe verge&#x017F;&#x017F;en Dir zu &#x017F;chreiben, daß vor ohn-<lb/>
gefähr 14 Tagen das kaum fertig gewordne elegante<lb/>
Braun&#x017F;chweiger Theater, während der Probe eines<lb/>
neuen Stücks eingefallen i&#x017F;t, und einer großen Menge<lb/>
Men&#x017F;chen das Leben geko&#x017F;tet hat. Ich be&#x017F;ah ge&#x017F;tern<lb/>
die Trümmer, wo noch die Leichen zweier Karren-<lb/>
Pferde, die in der Straße daneben er&#x017F;chlagen wur-<lb/>
den, unter dem Schutte liegen. Es i&#x017F;t ein fürchter-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[331/0349] ein halbes Wunder, indem dreimal die auf ihn an- gelegten Gewehre verſagten, ſo daß Empecinado abergläubiſch eine Beſtimmung darin zu ſehen glaubte, und von ihm abzulaſſen befahl. Man ſieht auf dem Gemälde den General Lejeune, völlig nackt ausgezo- gen, von einem der Mörder bei den Haaren gefaßt, von einem andern auf den Leib getreten, und die Gewehre der andern auf ihn gerichtet, während un- ter Leichen und Trümmern neben ihm ſeine Diener und ein Soldat, ſchon von Piken und Schwerdtern vielfach durchbohrt, ihren Geiſt aushauchen. Die Schlacht am Nil, wo die Mamelucken in halbwahnſinniger Flucht, ihre herrlichen arabiſchen Roſſe von dem hohen Abhang herab in den Fluß ſpornen, und wenige nur das jenſeitige Ufer errei- chen, macht gleichfalls einen ſehr romantiſchen Effekt. Den 13ten. Ich habe vergeſſen Dir zu ſchreiben, daß vor ohn- gefähr 14 Tagen das kaum fertig gewordne elegante Braunſchweiger Theater, während der Probe eines neuen Stücks eingefallen iſt, und einer großen Menge Menſchen das Leben gekoſtet hat. Ich beſah geſtern die Trümmer, wo noch die Leichen zweier Karren- Pferde, die in der Straße daneben erſchlagen wur- den, unter dem Schutte liegen. Es iſt ein fürchter-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/349
Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/349>, abgerufen am 13.11.2024.