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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831.

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seine vollkommene Ebenheit und Gleichheit, und man
schmachtete nach einem Hügel, den man ersteigen
könnte, oder nach einem Stein, wenn er auch im
Wege läge. Liebe hängt sich nur an etwas Hervor-
stehendes, wäre es auch etwas, das Andere hassen
würden. Schwer kann man Extreme für Mittel-
mäßiges fühlen." C'est vraiment une consolation!

Weiter:

"Unsre Sinne mögen durch Schönheit gefesselt wer-
den, aber Abwesenheit verwischt den Eindruck, Ver-
nunft kann ihn besiegen. Unsre Eitelkeit kann uns
Rang und Auszeichnung mit Leidenschaft verehren
lassen, aber das Reich der Eitelkeit ist auf Sand
gebaut. Doch wer kann den Genius lieben, und
nicht inne werden, daß die Gefühle, die er einflößt,
ein Theil unsres eignen Wesens und unsrer Unsterb-
lichkeit sind!"



Glaubst Du wohl, beste Julie, daß ich, obgleich
von verschiedenem Unangenehmen berührt, und fast
krank, dennoch diese Tage der Einsamkeit, wo ich nur
mit Dir, meinen Büchern und Gedanken beschäftigt
war, weit genügender, wie soll ich sagen, weit voller
ausgefüllt finde, als die trostlose Existenz, welche
man große Welt und Gesellschaft nennt. Das Spiel
gehört auch dahin, denn es ist eine bloße Zeittöd-
tung ohne Resultat, jedoch hat es wenigstens den

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ſeine vollkommene Ebenheit und Gleichheit, und man
ſchmachtete nach einem Hügel, den man erſteigen
könnte, oder nach einem Stein, wenn er auch im
Wege läge. Liebe hängt ſich nur an etwas Hervor-
ſtehendes, wäre es auch etwas, das Andere haſſen
würden. Schwer kann man Extreme für Mittel-
mäßiges fühlen.“ C’est vraiment une consolation!

Weiter:

„Unſre Sinne mögen durch Schönheit gefeſſelt wer-
den, aber Abweſenheit verwiſcht den Eindruck, Ver-
nunft kann ihn beſiegen. Unſre Eitelkeit kann uns
Rang und Auszeichnung mit Leidenſchaft verehren
laſſen, aber das Reich der Eitelkeit iſt auf Sand
gebaut. Doch wer kann den Genius lieben, und
nicht inne werden, daß die Gefühle, die er einflößt,
ein Theil unſres eignen Weſens und unſrer Unſterb-
lichkeit ſind!“



Glaubſt Du wohl, beſte Julie, daß ich, obgleich
von verſchiedenem Unangenehmen berührt, und faſt
krank, dennoch dieſe Tage der Einſamkeit, wo ich nur
mit Dir, meinen Büchern und Gedanken beſchäftigt
war, weit genügender, wie ſoll ich ſagen, weit voller
ausgefüllt finde, als die troſtloſe Exiſtenz, welche
man große Welt und Geſellſchaft nennt. Das Spiel
gehört auch dahin, denn es iſt eine bloße Zeittöd-
tung ohne Reſultat, jedoch hat es wenigſtens den

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[99/0115] ſeine vollkommene Ebenheit und Gleichheit, und man ſchmachtete nach einem Hügel, den man erſteigen könnte, oder nach einem Stein, wenn er auch im Wege läge. Liebe hängt ſich nur an etwas Hervor- ſtehendes, wäre es auch etwas, das Andere haſſen würden. Schwer kann man Extreme für Mittel- mäßiges fühlen.“ C’est vraiment une consolation! Weiter: „Unſre Sinne mögen durch Schönheit gefeſſelt wer- den, aber Abweſenheit verwiſcht den Eindruck, Ver- nunft kann ihn beſiegen. Unſre Eitelkeit kann uns Rang und Auszeichnung mit Leidenſchaft verehren laſſen, aber das Reich der Eitelkeit iſt auf Sand gebaut. Doch wer kann den Genius lieben, und nicht inne werden, daß die Gefühle, die er einflößt, ein Theil unſres eignen Weſens und unſrer Unſterb- lichkeit ſind!“ Den 18ten. Glaubſt Du wohl, beſte Julie, daß ich, obgleich von verſchiedenem Unangenehmen berührt, und faſt krank, dennoch dieſe Tage der Einſamkeit, wo ich nur mit Dir, meinen Büchern und Gedanken beſchäftigt war, weit genügender, wie ſoll ich ſagen, weit voller ausgefüllt finde, als die troſtloſe Exiſtenz, welche man große Welt und Geſellſchaft nennt. Das Spiel gehört auch dahin, denn es iſt eine bloße Zeittöd- tung ohne Reſultat, jedoch hat es wenigſtens den 7*

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/115>, abgerufen am 23.11.2024.