Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

nere indeß sehr europäisch eingerichtet. Die Behand-
lung gleicht der in den russischen Dampfbädern, nur
finde ich sie weniger zweckmäßig, denn man sitzt in
einer kühlen Stube auf einem erhöhten Sessel, den
eine Art Palankin von Flanell umgiebt, und nur in
diesen kleinen Raum dringt, aus dem Boden ausstei-
gend, ein heißer Kräuterdampf hinein. Die Flanell-
wand hat mehrere Aermel, die nach aussen herabhän-
gen, und in welche der Masseur seine Arme steckt,
und mit den Händen den Körper des Badenden sanft
knetet. Er fährt dann mit festen und stetem Drucke
des Daumens an den Gliedern, am Rückrat, den
Ribben und über dem Magen vielmal herab, was
der Organisation wohl zu thun scheint. Während
dem transpirirt man so lange und so stark als man
wünscht, und wird zuletzt, bei abgenommenem Deckel
des Flanellzeltes, mit lauem Wasser übergossen. Die
plötzliche Kühle des Zimmers aber, der man nun aus-
gesetzt bleibt, halte ich für sehr ungesund.

Nachahmungswerther scheint mir die hier übliche
Weise, die Wäsche zum Abtrocknen zu wärmen. Diese
liegt nämlich in einer Kommode, deren Fächer mit
Messing gefüttert sind, und durch Dampfheizung den
ganzen Tag eine stets gleiche Wärme behalten.



Die Sonne ist schon wieder verschwunden, und von
neuem eine solche Kälte eingetreten, daß ich Dir in

nere indeß ſehr europäiſch eingerichtet. Die Behand-
lung gleicht der in den ruſſiſchen Dampfbädern, nur
finde ich ſie weniger zweckmäßig, denn man ſitzt in
einer kühlen Stube auf einem erhöhten Seſſel, den
eine Art Palankin von Flanell umgiebt, und nur in
dieſen kleinen Raum dringt, aus dem Boden auſſtei-
gend, ein heißer Kräuterdampf hinein. Die Flanell-
wand hat mehrere Aermel, die nach auſſen herabhän-
gen, und in welche der Maſſeur ſeine Arme ſteckt,
und mit den Händen den Körper des Badenden ſanft
knetet. Er fährt dann mit feſten und ſtetem Drucke
des Daumens an den Gliedern, am Rückrat, den
Ribben und über dem Magen vielmal herab, was
der Organiſation wohl zu thun ſcheint. Während
dem transpirirt man ſo lange und ſo ſtark als man
wünſcht, und wird zuletzt, bei abgenommenem Deckel
des Flanellzeltes, mit lauem Waſſer übergoſſen. Die
plötzliche Kühle des Zimmers aber, der man nun aus-
geſetzt bleibt, halte ich für ſehr ungeſund.

Nachahmungswerther ſcheint mir die hier übliche
Weiſe, die Wäſche zum Abtrocknen zu wärmen. Dieſe
liegt nämlich in einer Kommode, deren Fächer mit
Meſſing gefüttert ſind, und durch Dampfheizung den
ganzen Tag eine ſtets gleiche Wärme behalten.



Die Sonne iſt ſchon wieder verſchwunden, und von
neuem eine ſolche Kälte eingetreten, daß ich Dir in

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0396" n="350"/>
nere indeß &#x017F;ehr europäi&#x017F;ch eingerichtet. Die Behand-<lb/>
lung gleicht der in den ru&#x017F;&#x017F;i&#x017F;chen Dampfbädern, nur<lb/>
finde ich &#x017F;ie weniger zweckmäßig, denn man &#x017F;itzt in<lb/>
einer kühlen Stube auf einem erhöhten Se&#x017F;&#x017F;el, den<lb/>
eine Art Palankin von Flanell umgiebt, und nur in<lb/>
die&#x017F;en kleinen Raum dringt, aus dem Boden au&#x017F;&#x017F;tei-<lb/>
gend, ein heißer Kräuterdampf hinein. Die Flanell-<lb/>
wand hat mehrere Aermel, die nach au&#x017F;&#x017F;en herabhän-<lb/>
gen, und in welche der Ma&#x017F;&#x017F;eur &#x017F;eine Arme &#x017F;teckt,<lb/>
und mit den Händen den Körper des Badenden &#x017F;anft<lb/>
knetet. Er fährt dann mit fe&#x017F;ten und &#x017F;tetem Drucke<lb/>
des Daumens an den Gliedern, am Rückrat, den<lb/>
Ribben und über dem Magen vielmal herab, was<lb/>
der Organi&#x017F;ation wohl zu thun &#x017F;cheint. Während<lb/>
dem transpirirt man &#x017F;o lange und &#x017F;o &#x017F;tark als man<lb/>
wün&#x017F;cht, und wird zuletzt, bei abgenommenem Deckel<lb/>
des Flanellzeltes, mit lauem Wa&#x017F;&#x017F;er übergo&#x017F;&#x017F;en. Die<lb/>
plötzliche Kühle des Zimmers aber, der man nun aus-<lb/>
ge&#x017F;etzt bleibt, halte ich für &#x017F;ehr unge&#x017F;und.</p><lb/>
          <p>Nachahmungswerther &#x017F;cheint mir die hier übliche<lb/>
Wei&#x017F;e, die Wä&#x017F;che zum Abtrocknen zu wärmen. Die&#x017F;e<lb/>
liegt nämlich in einer Kommode, deren Fächer mit<lb/>
Me&#x017F;&#x017F;ing gefüttert &#x017F;ind, und durch Dampfheizung den<lb/>
ganzen Tag eine &#x017F;tets gleiche Wärme behalten.</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <opener>
            <dateline> <hi rendition="#et">Den 9ten.</hi> </dateline>
          </opener><lb/>
          <p>Die Sonne i&#x017F;t &#x017F;chon wieder ver&#x017F;chwunden, und von<lb/>
neuem eine &#x017F;olche Kälte eingetreten, daß ich Dir in<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[350/0396] nere indeß ſehr europäiſch eingerichtet. Die Behand- lung gleicht der in den ruſſiſchen Dampfbädern, nur finde ich ſie weniger zweckmäßig, denn man ſitzt in einer kühlen Stube auf einem erhöhten Seſſel, den eine Art Palankin von Flanell umgiebt, und nur in dieſen kleinen Raum dringt, aus dem Boden auſſtei- gend, ein heißer Kräuterdampf hinein. Die Flanell- wand hat mehrere Aermel, die nach auſſen herabhän- gen, und in welche der Maſſeur ſeine Arme ſteckt, und mit den Händen den Körper des Badenden ſanft knetet. Er fährt dann mit feſten und ſtetem Drucke des Daumens an den Gliedern, am Rückrat, den Ribben und über dem Magen vielmal herab, was der Organiſation wohl zu thun ſcheint. Während dem transpirirt man ſo lange und ſo ſtark als man wünſcht, und wird zuletzt, bei abgenommenem Deckel des Flanellzeltes, mit lauem Waſſer übergoſſen. Die plötzliche Kühle des Zimmers aber, der man nun aus- geſetzt bleibt, halte ich für ſehr ungeſund. Nachahmungswerther ſcheint mir die hier übliche Weiſe, die Wäſche zum Abtrocknen zu wärmen. Dieſe liegt nämlich in einer Kommode, deren Fächer mit Meſſing gefüttert ſind, und durch Dampfheizung den ganzen Tag eine ſtets gleiche Wärme behalten. Den 9ten. Die Sonne iſt ſchon wieder verſchwunden, und von neuem eine ſolche Kälte eingetreten, daß ich Dir in

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/396
Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 350. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/396>, abgerufen am 13.11.2024.