Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite
Aus meinem Tagebuch.

In der Literary Gazette las ich heute einen sehr
gründlichen Aufsatz, der meines Erachtens schlagend
beweiset, wie vortheilhaft der große Landbesitz Ein-
zelner in England auch auf die Cultur des Bodens
selbst wirkt *), im Vergleich mit der, unter einer ge-
wissen Klasse von Staatstheoretikern so beliebten,
möglichsten Verparzellirung des Landbesitzes, wie sie
in Frankreich statt findet. Ich gebe einen freien
Auszug.

"Nach der auf offizielle Aktenstücke basirten Berech-
nung ist in Frankreich dem Ackerbau gewidmet an
Land 27,440 # Lieues. In England nur 13,396,
also noch nicht die Hälfte. Demohngeachtet ist der
Ertrag des Bodens an Produkten in England 1/7
mehr. Da nun die Güte des Bodens nicht in der
Totalität erheblich verschieden ist, so beweiset dies
offenbar, daß man den Ackerbau in England weit bes-
ser versteht, und der Grund in dem Reichthum der
großen Landbesitzer lieget, die stets bereit sind, Ame-
liorationen, neuen Versuchen, und dem Fortschritt
der Wissenschaft momentane Opfer zu bringen, die
ihnen oder andern in der Folge hundertfältig zu Gute
kommen --, ein Vortheil, der kleinen Besitzern, die

*) Mißbräuche abgerechnet. A. d. H.
Aus meinem Tagebuch.

In der Literary Gazette las ich heute einen ſehr
gründlichen Aufſatz, der meines Erachtens ſchlagend
beweiſet, wie vortheilhaft der große Landbeſitz Ein-
zelner in England auch auf die Cultur des Bodens
ſelbſt wirkt *), im Vergleich mit der, unter einer ge-
wiſſen Klaſſe von Staatstheoretikern ſo beliebten,
möglichſten Verparzellirung des Landbeſitzes, wie ſie
in Frankreich ſtatt findet. Ich gebe einen freien
Auszug.

„Nach der auf offizielle Aktenſtücke baſirten Berech-
nung iſt in Frankreich dem Ackerbau gewidmet an
Land 27,440 □ Lieues. In England nur 13,396,
alſo noch nicht die Hälfte. Demohngeachtet iſt der
Ertrag des Bodens an Produkten in England 1/7
mehr. Da nun die Güte des Bodens nicht in der
Totalität erheblich verſchieden iſt, ſo beweiſet dies
offenbar, daß man den Ackerbau in England weit beſ-
ſer verſteht, und der Grund in dem Reichthum der
großen Landbeſitzer lieget, die ſtets bereit ſind, Ame-
liorationen, neuen Verſuchen, und dem Fortſchritt
der Wiſſenſchaft momentane Opfer zu bringen, die
ihnen oder andern in der Folge hundertfältig zu Gute
kommen —, ein Vortheil, der kleinen Beſitzern, die

*) Mißbraͤuche abgerechnet. A. d. H.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0362" n="316"/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Aus meinem Tagebuch</hi>.</hi> </head><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <p>In der <hi rendition="#aq">Literary Gazette</hi> las ich heute einen &#x017F;ehr<lb/>
gründlichen Auf&#x017F;atz, der meines Erachtens &#x017F;chlagend<lb/>
bewei&#x017F;et, wie vortheilhaft der große Landbe&#x017F;itz Ein-<lb/>
zelner in England auch auf die Cultur des Bodens<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t wirkt <note place="foot" n="*)">Mißbra&#x0364;uche abgerechnet. <hi rendition="#et">A. d. H.</hi></note>, im Vergleich mit der, unter einer ge-<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en Kla&#x017F;&#x017F;e von Staatstheoretikern &#x017F;o beliebten,<lb/>
möglich&#x017F;ten Verparzellirung des Landbe&#x017F;itzes, wie &#x017F;ie<lb/>
in Frankreich &#x017F;tatt findet. Ich gebe einen freien<lb/>
Auszug.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Nach der auf offizielle Akten&#x017F;tücke ba&#x017F;irten Berech-<lb/>
nung i&#x017F;t in Frankreich dem Ackerbau gewidmet an<lb/>
Land 27,440 &#x25A1; Lieues. In England nur 13,396,<lb/>
al&#x017F;o noch nicht die Hälfte. Demohngeachtet i&#x017F;t der<lb/>
Ertrag des Bodens an Produkten in England 1/7<lb/>
mehr. Da nun die Güte des Bodens nicht in der<lb/>
Totalität erheblich ver&#x017F;chieden i&#x017F;t, &#x017F;o bewei&#x017F;et dies<lb/>
offenbar, daß man den Ackerbau in England weit be&#x017F;-<lb/>
&#x017F;er ver&#x017F;teht, und der Grund in dem Reichthum der<lb/>
großen Landbe&#x017F;itzer lieget, die &#x017F;tets bereit &#x017F;ind, Ame-<lb/>
liorationen, neuen Ver&#x017F;uchen, und dem Fort&#x017F;chritt<lb/>
der Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft momentane Opfer zu bringen, die<lb/>
ihnen oder andern in der Folge hundertfältig zu Gute<lb/>
kommen &#x2014;, ein Vortheil, der kleinen Be&#x017F;itzern, die<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[316/0362] Aus meinem Tagebuch. In der Literary Gazette las ich heute einen ſehr gründlichen Aufſatz, der meines Erachtens ſchlagend beweiſet, wie vortheilhaft der große Landbeſitz Ein- zelner in England auch auf die Cultur des Bodens ſelbſt wirkt *), im Vergleich mit der, unter einer ge- wiſſen Klaſſe von Staatstheoretikern ſo beliebten, möglichſten Verparzellirung des Landbeſitzes, wie ſie in Frankreich ſtatt findet. Ich gebe einen freien Auszug. „Nach der auf offizielle Aktenſtücke baſirten Berech- nung iſt in Frankreich dem Ackerbau gewidmet an Land 27,440 □ Lieues. In England nur 13,396, alſo noch nicht die Hälfte. Demohngeachtet iſt der Ertrag des Bodens an Produkten in England 1/7 mehr. Da nun die Güte des Bodens nicht in der Totalität erheblich verſchieden iſt, ſo beweiſet dies offenbar, daß man den Ackerbau in England weit beſ- ſer verſteht, und der Grund in dem Reichthum der großen Landbeſitzer lieget, die ſtets bereit ſind, Ame- liorationen, neuen Verſuchen, und dem Fortſchritt der Wiſſenſchaft momentane Opfer zu bringen, die ihnen oder andern in der Folge hundertfältig zu Gute kommen —, ein Vortheil, der kleinen Beſitzern, die *) Mißbraͤuche abgerechnet. A. d. H.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/362
Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 316. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/362>, abgerufen am 21.11.2024.