Potheenpunsch, von dem Mancher 12--16 große Tumblers zu sich nahm, während O. R . . . . die ganze Gesellschaft, mit unerschöpflichem Witz und Narrenspossen, in einem "roar of laughter" er- hielt. Ueberdieß mußte jeder ein Lied singen, auch ich ein deutsches, von dem zwar niemand etwas verstand, Alle aber höflichst erbaut waren. Um 2 Uhr retirirte ich mich, die Andern blieben aber noch Alle, und lange konnte ich vor ihrem Lärm und La- chen, in meiner unglücklicherweise grade über ihnen liegenden Stube, nicht einschlafen.
Den 18ten.
Du wirst Dich über das etwas gemeine Leben ver- wundern, das ich hier führe -- und aufrichtig ge- standen, ich selbst wundere mich darüber, aber es ist genuine, d. h. bei den Leuten ächt natürlich und nicht etwas Angenommenes -- das hat immer eine Art Reiz, wenigstens für mich. Ueberdem ist die Frau vom Hause wirklich allerliebst, lebhaft und gra- zieus, wie eine Französin, und einem Füßchen, wie Zephyr, das ich schon oft geküßt, wenn ich ihr, wäh- rend die andern tafelten, eine kurze Abendvisite machte, und mich anstellen durfte, als sey mir der ungewohnte Punsch ein wenig zu Kopfe gestiegen.
Potheenpunſch, von dem Mancher 12—16 große Tumblers zu ſich nahm, während O. R . . . . die ganze Geſellſchaft, mit unerſchöpflichem Witz und Narrenspoſſen, in einem „roar of laughter“ er- hielt. Ueberdieß mußte jeder ein Lied ſingen, auch ich ein deutſches, von dem zwar niemand etwas verſtand, Alle aber höflichſt erbaut waren. Um 2 Uhr retirirte ich mich, die Andern blieben aber noch Alle, und lange konnte ich vor ihrem Lärm und La- chen, in meiner unglücklicherweiſe grade über ihnen liegenden Stube, nicht einſchlafen.
Den 18ten.
Du wirſt Dich über das etwas gemeine Leben ver- wundern, das ich hier führe — und aufrichtig ge- ſtanden, ich ſelbſt wundere mich darüber, aber es iſt genuine, d. h. bei den Leuten ächt natürlich und nicht etwas Angenommenes — das hat immer eine Art Reiz, wenigſtens für mich. Ueberdem iſt die Frau vom Hauſe wirklich allerliebſt, lebhaft und gra- zieus, wie eine Franzöſin, und einem Füßchen, wie Zephyr, das ich ſchon oft geküßt, wenn ich ihr, wäh- rend die andern tafelten, eine kurze Abendviſite machte, und mich anſtellen durfte, als ſey mir der ungewohnte Punſch ein wenig zu Kopfe geſtiegen.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0140"n="118"/>
Potheenpunſch, von dem Mancher 12—16 große<lb/>
Tumblers zu ſich nahm, <choice><sic>wȧhrend</sic><corr>während</corr></choice> O. R . . . . die<lb/>
ganze Geſellſchaft, mit unerſchöpflichem Witz und<lb/>
Narrenspoſſen, in einem <hirendition="#aq">„roar of laughter“</hi> er-<lb/>
hielt. Ueberdieß mußte jeder ein Lied ſingen, auch<lb/>
ich ein deutſches, von dem zwar niemand etwas<lb/>
verſtand, Alle aber höflichſt erbaut waren. Um 2<lb/>
Uhr retirirte ich mich, die Andern blieben aber noch<lb/>
Alle, und lange konnte ich vor ihrem Lärm und La-<lb/>
chen, in meiner unglücklicherweiſe grade über ihnen<lb/>
liegenden Stube, nicht einſchlafen.</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="2"><opener><dateline><hirendition="#et">Den 18<hirendition="#sup">ten.</hi></hi></dateline></opener><lb/><p>Du wirſt Dich über das etwas gemeine Leben ver-<lb/>
wundern, das ich hier führe — und aufrichtig ge-<lb/>ſtanden, ich ſelbſt wundere mich darüber, aber es iſt<lb/><hirendition="#aq">genuine,</hi> d. h. bei den Leuten ächt natürlich und<lb/>
nicht etwas Angenommenes — das hat immer eine<lb/>
Art Reiz, wenigſtens für mich. Ueberdem iſt die<lb/>
Frau vom Hauſe wirklich allerliebſt, lebhaft und gra-<lb/>
zieus, wie eine Franzöſin, und einem Füßchen, wie<lb/>
Zephyr, das ich ſchon oft geküßt, wenn ich ihr, wäh-<lb/>
rend die andern tafelten, eine kurze Abendviſite<lb/>
machte, und mich anſtellen durfte, als ſey mir der<lb/>
ungewohnte Punſch ein wenig zu Kopfe geſtiegen.</p><lb/></div></div></body></text></TEI>
[118/0140]
Potheenpunſch, von dem Mancher 12—16 große
Tumblers zu ſich nahm, während O. R . . . . die
ganze Geſellſchaft, mit unerſchöpflichem Witz und
Narrenspoſſen, in einem „roar of laughter“ er-
hielt. Ueberdieß mußte jeder ein Lied ſingen, auch
ich ein deutſches, von dem zwar niemand etwas
verſtand, Alle aber höflichſt erbaut waren. Um 2
Uhr retirirte ich mich, die Andern blieben aber noch
Alle, und lange konnte ich vor ihrem Lärm und La-
chen, in meiner unglücklicherweiſe grade über ihnen
liegenden Stube, nicht einſchlafen.
Den 18ten.
Du wirſt Dich über das etwas gemeine Leben ver-
wundern, das ich hier führe — und aufrichtig ge-
ſtanden, ich ſelbſt wundere mich darüber, aber es iſt
genuine, d. h. bei den Leuten ächt natürlich und
nicht etwas Angenommenes — das hat immer eine
Art Reiz, wenigſtens für mich. Ueberdem iſt die
Frau vom Hauſe wirklich allerliebſt, lebhaft und gra-
zieus, wie eine Franzöſin, und einem Füßchen, wie
Zephyr, das ich ſchon oft geküßt, wenn ich ihr, wäh-
rend die andern tafelten, eine kurze Abendviſite
machte, und mich anſtellen durfte, als ſey mir der
ungewohnte Punſch ein wenig zu Kopfe geſtiegen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830/140>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.