Loose verdammt seyn würde, in der Kammer der Gemeinen (wo noch?) Platz nehmen zu müssen. Wer kann es ihnen daher verdenken, wenn sie in solcher Lage die Kammer des Prinzen vorziehn, be- sonders wenn sie Herren darinnen werden können -- doch das verhüte Gott! Hoffentlich bleiben sie hier immer nur titulaire, nicht wirkliche geheime Räthe und Kammer herren.
(Die Fortsetzung ein andresmal.)
Abends.
Ich konnte es doch nicht so lange aushalten, in der Stube sitzen zu bleiben; das Schloß vor meinen Fenstern lockte zu mächtig! Ich bestieg also gleich nach A .... s Abreise einen Bergklepper, und ritt wohlgemuth darauf zu. Dieses merkwürdige Ge- bäude ist von einem in jeder Hinsicht stein reichen Manne aufgeführt; denn seine, eine Stunde weiter im Gebirge liegenden Steinbrüche, bringen ihm jähr- lich 40,000 L. St. ein. Er hat an einer der vortheil- haftesten Stellen, hier am Ufer des Meeres, einen weitläuftigen Park angelegt, und die sonderbare, aber meisterhaft ausgeführte, Idee gehabt, alle Ge- bäude darin in dem altsächsischen Style zu erbauen. Man schreibt diese Architektur fälschlich in England den Angelsachsen zu, da sie doch von den sächsischen deutschen Kaisern herrührt, und gewiß keines dieser vielfachen Monumente älter ist. Schon die den Park umgebende, wohl eine deutsche Meile fortlaufende
Looſe verdammt ſeyn würde, in der Kammer der Gemeinen (wo noch?) Platz nehmen zu müſſen. Wer kann es ihnen daher verdenken, wenn ſie in ſolcher Lage die Kammer des Prinzen vorziehn, be- ſonders wenn ſie Herren darinnen werden können — doch das verhüte Gott! Hoffentlich bleiben ſie hier immer nur titulaire, nicht wirkliche geheime Räthe und Kammer herren.
(Die Fortſetzung ein andresmal.)
Abends.
Ich konnte es doch nicht ſo lange aushalten, in der Stube ſitzen zu bleiben; das Schloß vor meinen Fenſtern lockte zu mächtig! Ich beſtieg alſo gleich nach A .... s Abreiſe einen Bergklepper, und ritt wohlgemuth darauf zu. Dieſes merkwürdige Ge- bäude iſt von einem in jeder Hinſicht ſtein reichen Manne aufgeführt; denn ſeine, eine Stunde weiter im Gebirge liegenden Steinbrüche, bringen ihm jähr- lich 40,000 L. St. ein. Er hat an einer der vortheil- hafteſten Stellen, hier am Ufer des Meeres, einen weitläuftigen Park angelegt, und die ſonderbare, aber meiſterhaft ausgeführte, Idee gehabt, alle Ge- bäude darin in dem altſächſiſchen Style zu erbauen. Man ſchreibt dieſe Architektur fälſchlich in England den Angelſachſen zu, da ſie doch von den ſächſiſchen deutſchen Kaiſern herrührt, und gewiß keines dieſer vielfachen Monumente älter iſt. Schon die den Park umgebende, wohl eine deutſche Meile fortlaufende
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[41/0065]
Looſe verdammt ſeyn würde, in der Kammer der
Gemeinen (wo noch?) Platz nehmen zu müſſen.
Wer kann es ihnen daher verdenken, wenn ſie in
ſolcher Lage die Kammer des Prinzen vorziehn, be-
ſonders wenn ſie Herren darinnen werden können —
doch das verhüte Gott! Hoffentlich bleiben ſie hier
immer nur titulaire, nicht wirkliche geheime Räthe
und Kammer herren.
(Die Fortſetzung ein andresmal.)
Abends.
Ich konnte es doch nicht ſo lange aushalten, in
der Stube ſitzen zu bleiben; das Schloß vor meinen
Fenſtern lockte zu mächtig! Ich beſtieg alſo gleich
nach A .... s Abreiſe einen Bergklepper, und ritt
wohlgemuth darauf zu. Dieſes merkwürdige Ge-
bäude iſt von einem in jeder Hinſicht ſtein reichen
Manne aufgeführt; denn ſeine, eine Stunde weiter
im Gebirge liegenden Steinbrüche, bringen ihm jähr-
lich 40,000 L. St. ein. Er hat an einer der vortheil-
hafteſten Stellen, hier am Ufer des Meeres, einen
weitläuftigen Park angelegt, und die ſonderbare,
aber meiſterhaft ausgeführte, Idee gehabt, alle Ge-
bäude darin in dem altſächſiſchen Style zu erbauen.
Man ſchreibt dieſe Architektur fälſchlich in England
den Angelſachſen zu, da ſie doch von den ſächſiſchen
deutſchen Kaiſern herrührt, und gewiß keines dieſer
vielfachen Monumente älter iſt. Schon die den Park
umgebende, wohl eine deutſche Meile fortlaufende
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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe01_1830/65>, abgerufen am 23.01.2025.
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