Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830.

Bild:
<< vorherige Seite

wegs zu verachtenden Sinnengenuß zurückkehrend --
mich nach inwärts wende, das heißt, nach der
Stube, wo mein durch die Bergluft ungemein ver-
mehrter Appetit, mit nicht geringem Wohlbehagen,
auf dem schön geblümten irländischen Damasttuch,
dampfenden Kaffee, frische Perlhuhneier, dunkelgelbe
Gebirgsbutter, dicken Rahm, Toast, Muffins, *)
und zuletzt zwei eben gefangene Forellen mit zierli-
chen rothen Fleckchen erblickt -- ein Frühstück, das
Walter Scott's Helden in den high lands nicht
besser von diesem großen Maler menschlicher Noth-
durft erhalten könnten. Je devore deja un oeuf --
adieu.



Der Regen der mich von London, mit kurzen In-
tervallen, stets begleitet hat, blieb mir auch heute
treu, doch scheint sich nun das Wetter zum Guten
ändern zu wollen. Ich habe indeß allerlei zu erzäh-
len, und einen interessanten Tag zu beschreiben. Also,
noch zur rechten Zeit, ehe ich Llangollen verließ, fie-
len mir die beiden berühmten Jungfern (gewiß die
berühmtesten in Europa) ein, welche in diesen Ber-
gen nun bereits über ein halbes Jahrhundert hau-

*) Eine Art lockerer Semmel mit iroquanter Rinde, die
heiß mit Butter gegessen wird.
A. d. H.

wegs zu verachtenden Sinnengenuß zurückkehrend —
mich nach inwärts wende, das heißt, nach der
Stube, wo mein durch die Bergluft ungemein ver-
mehrter Appetit, mit nicht geringem Wohlbehagen,
auf dem ſchön geblümten irländiſchen Damaſttuch,
dampfenden Kaffee, friſche Perlhuhneier, dunkelgelbe
Gebirgsbutter, dicken Rahm, Toaſt, Muffins, *)
und zuletzt zwei eben gefangene Forellen mit zierli-
chen rothen Fleckchen erblickt — ein Frühſtück, das
Walter Scott’s Helden in den high lands nicht
beſſer von dieſem großen Maler menſchlicher Noth-
durft erhalten könnten. Je dévore déja un oeuf —
adieu.



Der Regen der mich von London, mit kurzen In-
tervallen, ſtets begleitet hat, blieb mir auch heute
treu, doch ſcheint ſich nun das Wetter zum Guten
ändern zu wollen. Ich habe indeß allerlei zu erzäh-
len, und einen intereſſanten Tag zu beſchreiben. Alſo,
noch zur rechten Zeit, ehe ich Llangollen verließ, fie-
len mir die beiden berühmten Jungfern (gewiß die
berühmteſten in Europa) ein, welche in dieſen Ber-
gen nun bereits über ein halbes Jahrhundert hau-

*) Eine Art lockerer Semmel mit iroquanter Rinde, die
heiß mit Butter gegeſſen wird.
A. d. H.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0042" n="18"/>
wegs zu verachtenden Sinnengenuß zurückkehrend &#x2014;<lb/>
mich nach <hi rendition="#g">inwärts</hi> wende, das heißt, nach der<lb/>
Stube, wo mein durch die Bergluft ungemein ver-<lb/>
mehrter Appetit, mit nicht geringem Wohlbehagen,<lb/>
auf dem &#x017F;chön geblümten irländi&#x017F;chen Dama&#x017F;ttuch,<lb/>
dampfenden Kaffee, fri&#x017F;che Perlhuhneier, dunkelgelbe<lb/>
Gebirgsbutter, dicken Rahm, Toa&#x017F;t, Muffins, <note place="foot" n="*)">Eine Art lockerer Semmel mit iroquanter Rinde, die<lb/>
heiß mit Butter gege&#x017F;&#x017F;en wird.<lb/><hi rendition="#et">A. d. H.</hi></note><lb/>
und zuletzt zwei eben gefangene Forellen mit zierli-<lb/>
chen rothen Fleckchen erblickt &#x2014; ein Früh&#x017F;tück, das<lb/>
Walter Scott&#x2019;s Helden in den <hi rendition="#aq">high lands</hi> nicht<lb/>
be&#x017F;&#x017F;er von die&#x017F;em großen Maler men&#x017F;chlicher Noth-<lb/>
durft erhalten könnten. <hi rendition="#aq">Je dévore déja un oeuf &#x2014;<lb/>
adieu.</hi></p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <opener>
            <dateline> <hi rendition="#et">Bangor, Abends.</hi> </dateline>
          </opener><lb/>
          <p>Der Regen der mich von London, mit kurzen In-<lb/>
tervallen, &#x017F;tets begleitet hat, blieb mir auch heute<lb/>
treu, doch &#x017F;cheint &#x017F;ich nun das Wetter zum Guten<lb/>
ändern zu wollen. Ich habe indeß allerlei zu <choice><sic>erza&#x0307;h</sic><corr>erzäh</corr></choice>-<lb/>
len, und einen intere&#x017F;&#x017F;anten Tag zu be&#x017F;chreiben. Al&#x017F;o,<lb/>
noch zur rechten Zeit, ehe ich Llangollen verließ, fie-<lb/>
len mir die beiden berühmten Jungfern (gewiß die<lb/>
berühmte&#x017F;ten in Europa) ein, welche in die&#x017F;en Ber-<lb/>
gen nun bereits über ein halbes Jahrhundert hau-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[18/0042] wegs zu verachtenden Sinnengenuß zurückkehrend — mich nach inwärts wende, das heißt, nach der Stube, wo mein durch die Bergluft ungemein ver- mehrter Appetit, mit nicht geringem Wohlbehagen, auf dem ſchön geblümten irländiſchen Damaſttuch, dampfenden Kaffee, friſche Perlhuhneier, dunkelgelbe Gebirgsbutter, dicken Rahm, Toaſt, Muffins, *) und zuletzt zwei eben gefangene Forellen mit zierli- chen rothen Fleckchen erblickt — ein Frühſtück, das Walter Scott’s Helden in den high lands nicht beſſer von dieſem großen Maler menſchlicher Noth- durft erhalten könnten. Je dévore déja un oeuf — adieu. Bangor, Abends. Der Regen der mich von London, mit kurzen In- tervallen, ſtets begleitet hat, blieb mir auch heute treu, doch ſcheint ſich nun das Wetter zum Guten ändern zu wollen. Ich habe indeß allerlei zu erzäh- len, und einen intereſſanten Tag zu beſchreiben. Alſo, noch zur rechten Zeit, ehe ich Llangollen verließ, fie- len mir die beiden berühmten Jungfern (gewiß die berühmteſten in Europa) ein, welche in dieſen Ber- gen nun bereits über ein halbes Jahrhundert hau- *) Eine Art lockerer Semmel mit iroquanter Rinde, die heiß mit Butter gegeſſen wird. A. d. H.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe01_1830
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe01_1830/42
Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe01_1830/42>, abgerufen am 22.12.2024.