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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830.

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sches Bild menschlichen Elends. Bei einer längeren
Seereise aguerrirt man sich zuletzt, und vielfacher Ge-
nuß wiegt dann die Entbehrungen auf, aber die kur-
zen Ueberfahrten, welche nur die Schattenseite zeigen,
sind meine wahre Antipathie. Gottlob es ist vor-
über, und ich fühle wieder festen Boden unter mir,
obgleich es mir noch manchmal scheint, als schwanke
Irland ein wenig.



Dieses Königreich hat mehr Aehnlichkeit mit Deutsch-
land als mit England. Jene fast überraffinirte In-
dustrie und Cultur in allen Dingen verschwindet hier,
leider aber mit ihr auch die englische Reinlichkeit.
Häuser und Straßen haben ein beschmuztes Ansehn,
obgleich Dublin durch eine Menge prächtiger Palläste
und breiter allignirter Straßen geschmückt ist. Das
Volk geht zerlumpt; den Leuten von gebildeterem
Stande, denen man begegnet, fehlt auch die englische
Eleganz, wogegen die Menge glänzender Uniformen,
die man in London nie in den Straßen sieht, noch
mehr nach dem Continent versetzen. Auch die Umge-
gend der Stadt hat nicht mehr die gewohnte Frische,
der Boden ist vernachläßigter, Gras und Bäume
magrer. Die großen Züge der Landschaft aber, die
Bay, die fernen Berge von Wicklow, das Vorgebirge
von Howth, die amphitheatralischen Häusermassen, die
quai's, der Hafen sind schön. So ist wenigstens der

ſches Bild menſchlichen Elends. Bei einer längeren
Seereiſe aguerrirt man ſich zuletzt, und vielfacher Ge-
nuß wiegt dann die Entbehrungen auf, aber die kur-
zen Ueberfahrten, welche nur die Schattenſeite zeigen,
ſind meine wahre Antipathie. Gottlob es iſt vor-
über, und ich fühle wieder feſten Boden unter mir,
obgleich es mir noch manchmal ſcheint, als ſchwanke
Irland ein wenig.



Dieſes Königreich hat mehr Aehnlichkeit mit Deutſch-
land als mit England. Jene faſt überraffinirte In-
duſtrie und Cultur in allen Dingen verſchwindet hier,
leider aber mit ihr auch die engliſche Reinlichkeit.
Häuſer und Straßen haben ein beſchmuztes Anſehn,
obgleich Dublin durch eine Menge prächtiger Palläſte
und breiter allignirter Straßen geſchmückt iſt. Das
Volk geht zerlumpt; den Leuten von gebildeterem
Stande, denen man begegnet, fehlt auch die engliſche
Eleganz, wogegen die Menge glänzender Uniformen,
die man in London nie in den Straßen ſieht, noch
mehr nach dem Continent verſetzen. Auch die Umge-
gend der Stadt hat nicht mehr die gewohnte Friſche,
der Boden iſt vernachläßigter, Gras und Bäume
magrer. Die großen Züge der Landſchaft aber, die
Bay, die fernen Berge von Wicklow, das Vorgebirge
von Howth, die amphitheatraliſchen Häuſermaſſen, die
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[154/0178] ſches Bild menſchlichen Elends. Bei einer längeren Seereiſe aguerrirt man ſich zuletzt, und vielfacher Ge- nuß wiegt dann die Entbehrungen auf, aber die kur- zen Ueberfahrten, welche nur die Schattenſeite zeigen, ſind meine wahre Antipathie. Gottlob es iſt vor- über, und ich fühle wieder feſten Boden unter mir, obgleich es mir noch manchmal ſcheint, als ſchwanke Irland ein wenig. Abends. Dieſes Königreich hat mehr Aehnlichkeit mit Deutſch- land als mit England. Jene faſt überraffinirte In- duſtrie und Cultur in allen Dingen verſchwindet hier, leider aber mit ihr auch die engliſche Reinlichkeit. Häuſer und Straßen haben ein beſchmuztes Anſehn, obgleich Dublin durch eine Menge prächtiger Palläſte und breiter allignirter Straßen geſchmückt iſt. Das Volk geht zerlumpt; den Leuten von gebildeterem Stande, denen man begegnet, fehlt auch die engliſche Eleganz, wogegen die Menge glänzender Uniformen, die man in London nie in den Straßen ſieht, noch mehr nach dem Continent verſetzen. Auch die Umge- gend der Stadt hat nicht mehr die gewohnte Friſche, der Boden iſt vernachläßigter, Gras und Bäume magrer. Die großen Züge der Landſchaft aber, die Bay, die fernen Berge von Wicklow, das Vorgebirge von Howth, die amphitheatraliſchen Häuſermaſſen, die quai’s, der Hafen ſind ſchön. So iſt wenigſtens der

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe01_1830/178>, abgerufen am 03.12.2024.