Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 1. Breslau, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite


Zweytes Kapitel.

Von dem Zustande der Gelehrsamkeit in
China überhaupt -- von ihrer Astronomie,
Geometrie, Poesie, Historie und Spra-
che -- von ihrer Moral und Vernunftleh-
re -- von ihrer Musik und musikalischen
Instrumenten -- von ihrem Papier
und Druckerey.

Man muß sich in der That über die Ver-
schiedenheit der Erzählungen, in den Be-
richten der Reisebeschreiber, von dem Zustan-
de der Gelehrsamkeit, verwundern. Einige
derselben wissen ihre Geschicklichkeit in allen
Stücken nicht genug zu loben: andere hingegen
setzen sie aus strafbarer Unwissenheit zu sehr
herunter. Jene wollen sie für die ersten Bear-
beiter der Wissenschaften ausgeben: diese hin-
gegen versichern, daß sie von den meisten Wis-
senschaften, die bey den Europäern so hoch ge-
stiegen sind, kaum Grundbegriffe hätten. Wir
werden in der Folge sehen, welche Meinung
von beyden die gegründetste sey. -- Es scheint
unbillig zu seyn, wenn man den Chinesern al-
les Genie und Fähigkeiten zu den Wissenschaf-
ten absprechen will. Sie haben gewiß eben
die Anlage zu allen Dingen als irgend ein an-

de-
O 2


Zweytes Kapitel.

Von dem Zuſtande der Gelehrſamkeit in
China uͤberhaupt — von ihrer Aſtronomie,
Geometrie, Poeſie, Hiſtorie und Spra-
che — von ihrer Moral und Vernunftleh-
re — von ihrer Muſik und muſikaliſchen
Inſtrumenten — von ihrem Papier
und Druckerey.

Man muß ſich in der That uͤber die Ver-
ſchiedenheit der Erzaͤhlungen, in den Be-
richten der Reiſebeſchreiber, von dem Zuſtan-
de der Gelehrſamkeit, verwundern. Einige
derſelben wiſſen ihre Geſchicklichkeit in allen
Stuͤcken nicht genug zu loben: andere hingegen
ſetzen ſie aus ſtrafbarer Unwiſſenheit zu ſehr
herunter. Jene wollen ſie fuͤr die erſten Bear-
beiter der Wiſſenſchaften ausgeben: dieſe hin-
gegen verſichern, daß ſie von den meiſten Wiſ-
ſenſchaften, die bey den Europaͤern ſo hoch ge-
ſtiegen ſind, kaum Grundbegriffe haͤtten. Wir
werden in der Folge ſehen, welche Meinung
von beyden die gegruͤndetſte ſey. — Es ſcheint
unbillig zu ſeyn, wenn man den Chineſern al-
les Genie und Faͤhigkeiten zu den Wiſſenſchaf-
ten abſprechen will. Sie haben gewiß eben
die Anlage zu allen Dingen als irgend ein an-

de-
O 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0231" n="211"/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Zweytes Kapitel.</hi> </head><lb/>
          <argument>
            <p>Von dem Zu&#x017F;tande der Gelehr&#x017F;amkeit in<lb/>
China u&#x0364;berhaupt &#x2014; von ihrer A&#x017F;tronomie,<lb/>
Geometrie, Poe&#x017F;ie, Hi&#x017F;torie und Spra-<lb/>
che &#x2014; von ihrer Moral und Vernunftleh-<lb/>
re &#x2014; von ihrer Mu&#x017F;ik und mu&#x017F;ikali&#x017F;chen<lb/><hi rendition="#c">In&#x017F;trumenten &#x2014; von ihrem Papier<lb/>
und Druckerey.</hi></p>
          </argument><lb/>
          <p><hi rendition="#in">M</hi>an muß &#x017F;ich in der That u&#x0364;ber die Ver-<lb/>
&#x017F;chiedenheit der Erza&#x0364;hlungen, in den Be-<lb/>
richten der Rei&#x017F;ebe&#x017F;chreiber, von dem Zu&#x017F;tan-<lb/>
de der Gelehr&#x017F;amkeit, verwundern. Einige<lb/>
der&#x017F;elben wi&#x017F;&#x017F;en ihre Ge&#x017F;chicklichkeit in allen<lb/>
Stu&#x0364;cken nicht genug zu loben: andere hingegen<lb/>
&#x017F;etzen &#x017F;ie aus &#x017F;trafbarer Unwi&#x017F;&#x017F;enheit zu &#x017F;ehr<lb/>
herunter. Jene wollen &#x017F;ie fu&#x0364;r die er&#x017F;ten Bear-<lb/>
beiter der Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften ausgeben: die&#x017F;e hin-<lb/>
gegen ver&#x017F;ichern, daß &#x017F;ie von den mei&#x017F;ten Wi&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en&#x017F;chaften, die bey den Europa&#x0364;ern &#x017F;o hoch ge-<lb/>
&#x017F;tiegen &#x017F;ind, kaum Grundbegriffe ha&#x0364;tten. Wir<lb/>
werden in der Folge &#x017F;ehen, welche Meinung<lb/>
von beyden die gegru&#x0364;ndet&#x017F;te &#x017F;ey. &#x2014; Es &#x017F;cheint<lb/>
unbillig zu &#x017F;eyn, wenn man den Chine&#x017F;ern al-<lb/>
les Genie und Fa&#x0364;higkeiten zu den Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaf-<lb/>
ten ab&#x017F;prechen will. Sie haben gewiß eben<lb/>
die Anlage zu allen Dingen als irgend ein an-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">O 2</fw><fw place="bottom" type="catch">de-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[211/0231] Zweytes Kapitel. Von dem Zuſtande der Gelehrſamkeit in China uͤberhaupt — von ihrer Aſtronomie, Geometrie, Poeſie, Hiſtorie und Spra- che — von ihrer Moral und Vernunftleh- re — von ihrer Muſik und muſikaliſchen Inſtrumenten — von ihrem Papier und Druckerey. Man muß ſich in der That uͤber die Ver- ſchiedenheit der Erzaͤhlungen, in den Be- richten der Reiſebeſchreiber, von dem Zuſtan- de der Gelehrſamkeit, verwundern. Einige derſelben wiſſen ihre Geſchicklichkeit in allen Stuͤcken nicht genug zu loben: andere hingegen ſetzen ſie aus ſtrafbarer Unwiſſenheit zu ſehr herunter. Jene wollen ſie fuͤr die erſten Bear- beiter der Wiſſenſchaften ausgeben: dieſe hin- gegen verſichern, daß ſie von den meiſten Wiſ- ſenſchaften, die bey den Europaͤern ſo hoch ge- ſtiegen ſind, kaum Grundbegriffe haͤtten. Wir werden in der Folge ſehen, welche Meinung von beyden die gegruͤndetſte ſey. — Es ſcheint unbillig zu ſeyn, wenn man den Chineſern al- les Genie und Faͤhigkeiten zu den Wiſſenſchaf- ten abſprechen will. Sie haben gewiß eben die Anlage zu allen Dingen als irgend ein an- de- O 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik01_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik01_1776/231
Zitationshilfe: [Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 1. Breslau, 1776, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik01_1776/231>, abgerufen am 21.12.2024.