Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717.

Bild:
<< vorherige Seite

über ein und andere Gewächse, Thiere etc.
[Spaltenumbruch] ein bedecktes Geschirr von Porcellan,
stellen dasselbige in einen Kessel voll
Wasser, und lassen es so lange sieden, bis
daß das Hun gar gekochet ist: und end-
lich stellen sie den Kessel in die glühen-
den Kohlen und die heisse Asche, die gan-
tze Nacht hindurch. Des Tages drauf
verzehren sie das Hun, zusamt der Gin-
seng und den Vogelnestern, ohne Saltz
und Eßig, oder, wie es bey uns heist, un-
gesaltzen, ungeschmaltzen: wann sie
nun alles rein aufgezehret haben, halten
sie sich fein warm, und bekommen zuwei-
len einen Schweiß.

Sie pflegen auch Reiß mit Wasser ge-
kocht, und mit Vogelnestern und Gin-
seng, auf obige Weise zugerichtet, zu ge-
niessen. Das thun sie bey anbrechen-
dem Tage, und wann es möglich, rasten
sie darauf.

[Ende Spaltensatz]
Vom Agtstein.

Dieweil ich in meinem ersten Buche
allzuwenig vom Agtsteine vermeldet,
als habe nicht undienlich erachtet, hie-
selbsten anzuführen, was ich seit dem
davon erfahren können.

Die Carabe, oder der Agtstein, wird,
wie gedacht, ordentlicher Weise, nir-
gend anders als in dem Balthischen
Meere, auf der Preußischen Küste und
Strande gefunden. Wann da gewisse
Winde wehen, so wird er auf den
Strand geworffen: und die Einwoh-
ner sammlen ihn im grösten Sturme,
aus Beysorge, die See möchte ihn wie-
derum zurücke reissen. Es finden sich
aber Stücken in verschiedener Gestalt
und Grösse, und was das allerwunder-
samste, und das den Naturkündigern
hauptschwer fällt zu ergrübeln, ist, daß
bisweilen solche Stücken Agtstein ge-
funden werden, in deren Mitten Blät-
ter von Bäumen, Splitter, Spinnen,
Fliegen, Ameisen und ander Geschmeis-
se zu ersehen, so doch sonst nur auf dem
Lande zu leben pfleget. Und derglei-
chen Stücken, darinne solche Dinge be-
graben liegen, halten nicht nur heut zu
tage die Liebhaber hoch, und sehen sie
als die grössesten Seltsamkeiten an: son-
dern schon Martialis zu seiner Zeit hat ein
Epigramma gemacht auf eine Ameise, die
man ihm in einem solchen Stücke sehen
lassen.

[Spaltenumbruch] Dum Phaetontea formica vagatur in
unda
Implicuit tenuem Succina gutta fe-
ram.
Sic modo quae fuerat vita contemta ma-
nente,
Funeribus facta est cum pretiosa suis.

Und gewiß, es ist eine solche Sache,
die nicht so leichtlich zu erklären, wie
nämlich Spreu und Splitter, auch Ge-
würme, welche, weil sie allzu leicht, be-
ständig auf dem Wasser schwimmen, in
die Agtsteinstücken mögen gerathen, die
dannoch allezeit aus dem Abgrunde des
Meers heraus gezogen werden. Bis-
anhero haben die Philosophi noch keine
recht taugliche Ursache angeben können,
sondern haben vermeinet, sie müsse eben
so verborgen seyn, als wie diejenige Ei-
genschaft des Agtsteins, wann er Stroh
und Spalten an sich ziehet und aufhe-
bet. Nichts desto minder wollen wir
versuchen, ob wir sowohl auf des einen,
wie auf des andern Grund und Ur-
sprung kommen können.

Diejenigen, die das Balthische Meer,
oder die Ostsee beschiffet, haben ange-
mercket, daß auf der Preußischen Küste
gar grosse Stranden sind, von welchen
einige mehr, andere weniger überströ-
met werden: allein, an der Schwedi-
schen Seite giebet es hohe Sandberge,
und erhabene Oerter, an deren Ufer
gantze Wälder von Pappelbäumen und
Fichten sich befinden, welche alle Som-
mer eine grosse Menge Hartz und Gum-
mi von sich geben.

Dieses voraus gesetzt, so ist gar leicht-
lich zu erachten, daß eine grosse Menge
dieser klebrichten und zähen Materie
muß an den Aesten hangen bleiben, wel-
che im Winter vom Schnee bedeckt, und
von der Kälte hart und spröde wird ge-
macht: wann dann die Aeste von dem
Wind geschüttelt werden, reissen sie die-
selben ab und führen sie ins Meer: so-
dann fällt sie, von wegen ihrer Schwe-
re, zu Grunde, wird nach und nach als
gleichsam ausgekocht, und durch die be-
ständige Bewegung des Saltzgeistes
von der See gehärtet: daher kommt
endlich der Agtstein, dessen Natur wir
gegenwärtig untersuchen. Wann nun
das Meer sich ungewöhnlich aufrüh-
risch erzeiget, und der Wind treibet die

Wel-
J i i

über ein und andere Gewaͤchſe, Thiere ꝛc.
[Spaltenumbruch] ein bedecktes Geſchirr von Porcellan,
ſtellen daſſelbige in einen Keſſel voll
Waſſer, und laſſen es ſo lange ſieden, bis
daß das Hun gar gekochet iſt: und end-
lich ſtellen ſie den Keſſel in die gluͤhen-
den Kohlen und die heiſſe Aſche, die gan-
tze Nacht hindurch. Des Tages drauf
verzehren ſie das Hun, zuſamt der Gin-
ſeng und den Vogelneſtern, ohne Saltz
und Eßig, oder, wie es bey uns heiſt, un-
geſaltzen, ungeſchmaltzen: wann ſie
nun alles rein aufgezehret haben, halten
ſie ſich fein waꝛm, und bekommen zuwei-
len einen Schweiß.

Sie pflegen auch Reiß mit Waſſer ge-
kocht, und mit Vogelneſtern und Gin-
ſeng, auf obige Weiſe zugerichtet, zu ge-
nieſſen. Das thun ſie bey anbrechen-
dem Tage, und wann es moͤglich, raſten
ſie darauf.

[Ende Spaltensatz]
Vom Agtſtein.

Dieweil ich in meinem erſten Buche
allzuwenig vom Agtſteine vermeldet,
als habe nicht undienlich erachtet, hie-
ſelbſten anzufuͤhren, was ich ſeit dem
davon erfahren koͤnnen.

Die Carabe, oder der Agtſtein, wird,
wie gedacht, ordentlicher Weiſe, nir-
gend anders als in dem Balthiſchen
Meere, auf der Preußiſchen Kuͤſte und
Strande gefunden. Wann da gewiſſe
Winde wehen, ſo wird er auf den
Strand geworffen: und die Einwoh-
ner ſammlen ihn im groͤſten Sturme,
aus Beyſorge, die See moͤchte ihn wie-
derum zuruͤcke reiſſen. Es finden ſich
aber Stuͤcken in verſchiedener Geſtalt
und Groͤſſe, und was das allerwunder-
ſamſte, und das den Naturkuͤndigern
hauptſchwer faͤllt zu ergruͤbeln, iſt, daß
bisweilen ſolche Stuͤcken Agtſtein ge-
funden werden, in deren Mitten Blaͤt-
ter von Baͤumen, Splitter, Spinnen,
Fliegen, Ameiſen und ander Geſchmeiſ-
ſe zu erſehen, ſo doch ſonſt nur auf dem
Lande zu leben pfleget. Und derglei-
chen Stuͤcken, darinne ſolche Dinge be-
graben liegen, halten nicht nur heut zu
tage die Liebhaber hoch, und ſehen ſie
als die groͤſſeſten Seltſamkeiten an: ſon-
dern ſchon Martialis zu ſeiner Zeit hat ein
Epigramma gemacht auf eine Ameiſe, die
man ihm in einem ſolchen Stuͤcke ſehen
laſſen.

[Spaltenumbruch] Dum Phaëtonteâ formica vagatur in
undâ
Implicuit tenuem Succina gutta fe-
ram.
Sic modo quæ fuerat vitâ contemta ma-
nente,
Funeribus facta eſt cum pretioſa ſuis.

Und gewiß, es iſt eine ſolche Sache,
die nicht ſo leichtlich zu erklaͤren, wie
naͤmlich Spreu und Splitter, auch Ge-
wuͤrme, welche, weil ſie allzu leicht, be-
ſtaͤndig auf dem Waſſer ſchwimmen, in
die Agtſteinſtuͤcken moͤgen gerathen, die
dannoch allezeit aus dem Abgrunde des
Meers heraus gezogen werden. Bis-
anhero haben die Philoſophi noch keine
recht taugliche Urſache angeben koͤnnen,
ſondern haben vermeinet, ſie muͤſſe eben
ſo verborgen ſeyn, als wie diejenige Ei-
genſchaft des Agtſteins, wann er Stroh
und Spalten an ſich ziehet und aufhe-
bet. Nichts deſto minder wollen wir
verſuchen, ob wir ſowohl auf des einen,
wie auf des andern Grund und Ur-
ſprung kommen koͤnnen.

Diejenigen, die das Balthiſche Meer,
oder die Oſtſee beſchiffet, haben ange-
mercket, daß auf der Preußiſchen Kuͤſte
gar groſſe Stranden ſind, von welchen
einige mehr, andere weniger uͤberſtroͤ-
met werden: allein, an der Schwedi-
ſchen Seite giebet es hohe Sandberge,
und erhabene Oerter, an deren Ufer
gantze Waͤlder von Pappelbaͤumen und
Fichten ſich befinden, welche alle Som-
mer eine groſſe Menge Hartz und Gum-
mi von ſich geben.

Dieſes voraus geſetzt, ſo iſt gar leicht-
lich zu erachten, daß eine groſſe Menge
dieſer klebrichten und zaͤhen Materie
muß an den Aeſten hangen bleiben, wel-
che im Winter vom Schnee bedeckt, und
von der Kaͤlte hart und ſproͤde wird ge-
macht: wann dann die Aeſte von dem
Wind geſchuͤttelt werden, reiſſen ſie die-
ſelben ab und fuͤhren ſie ins Meer: ſo-
dann faͤllt ſie, von wegen ihrer Schwe-
re, zu Grunde, wird nach und nach als
gleichſam ausgekocht, und durch die be-
ſtaͤndige Bewegung des Saltzgeiſtes
von der See gehaͤrtet: daher kommt
endlich der Agtſtein, deſſen Natur wir
gegenwaͤrtig unterſuchen. Wann nun
das Meer ſich ungewoͤhnlich aufruͤh-
riſch erzeiget, und der Wind treibet die

Wel-
J i i
<TEI>
  <text>
    <back>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0585"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">über ein und andere Gewa&#x0364;ch&#x017F;e, Thiere &#xA75B;c.</hi></fw><lb/><cb n="863"/>
ein bedecktes Ge&#x017F;chirr von Porcellan,<lb/>
&#x017F;tellen da&#x017F;&#x017F;elbige in einen Ke&#x017F;&#x017F;el voll<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er, und la&#x017F;&#x017F;en es &#x017F;o lange &#x017F;ieden, bis<lb/>
daß das Hun gar gekochet i&#x017F;t: und end-<lb/>
lich &#x017F;tellen &#x017F;ie den Ke&#x017F;&#x017F;el in die glu&#x0364;hen-<lb/>
den Kohlen und die hei&#x017F;&#x017F;e A&#x017F;che, die gan-<lb/>
tze Nacht hindurch. Des Tages drauf<lb/>
verzehren &#x017F;ie das Hun, zu&#x017F;amt der Gin-<lb/>
&#x017F;eng und den Vogelne&#x017F;tern, ohne Saltz<lb/>
und Eßig, oder, wie es bey uns hei&#x017F;t, un-<lb/>
ge&#x017F;altzen, unge&#x017F;chmaltzen: wann &#x017F;ie<lb/>
nun alles rein aufgezehret haben, halten<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;ich fein wa&#xA75B;m, und bekommen zuwei-<lb/>
len einen Schweiß.</p><lb/>
          <p>Sie pflegen auch Reiß mit Wa&#x017F;&#x017F;er ge-<lb/>
kocht, und mit Vogelne&#x017F;tern und Gin-<lb/>
&#x017F;eng, auf obige Wei&#x017F;e zugerichtet, zu ge-<lb/>
nie&#x017F;&#x017F;en. Das thun &#x017F;ie bey anbrechen-<lb/>
dem Tage, und wann es mo&#x0364;glich, ra&#x017F;ten<lb/>
&#x017F;ie darauf.</p>
          <cb type="end"/>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Vom Agt&#x017F;tein.</hi> </head><lb/>
          <p>Dieweil ich in meinem er&#x017F;ten Buche<lb/>
allzuwenig vom Agt&#x017F;teine vermeldet,<lb/>
als habe nicht undienlich erachtet, hie-<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;ten anzufu&#x0364;hren, was ich &#x017F;eit dem<lb/>
davon erfahren ko&#x0364;nnen.</p><lb/>
          <p>Die <hi rendition="#aq">Carabe,</hi> oder der Agt&#x017F;tein, wird,<lb/>
wie gedacht, ordentlicher Wei&#x017F;e, nir-<lb/>
gend anders als in dem Balthi&#x017F;chen<lb/>
Meere, auf der Preußi&#x017F;chen Ku&#x0364;&#x017F;te und<lb/>
Strande gefunden. Wann da gewi&#x017F;&#x017F;e<lb/>
Winde wehen, &#x017F;o wird er auf den<lb/>
Strand geworffen: und die Einwoh-<lb/>
ner &#x017F;ammlen ihn im gro&#x0364;&#x017F;ten Sturme,<lb/>
aus Bey&#x017F;orge, die See mo&#x0364;chte ihn wie-<lb/>
derum zuru&#x0364;cke rei&#x017F;&#x017F;en. Es finden &#x017F;ich<lb/>
aber Stu&#x0364;cken in ver&#x017F;chiedener Ge&#x017F;talt<lb/>
und Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, und was das allerwunder-<lb/>
&#x017F;am&#x017F;te, und das den Naturku&#x0364;ndigern<lb/>
haupt&#x017F;chwer fa&#x0364;llt zu ergru&#x0364;beln, i&#x017F;t, daß<lb/>
bisweilen &#x017F;olche Stu&#x0364;cken Agt&#x017F;tein ge-<lb/>
funden werden, in deren Mitten Bla&#x0364;t-<lb/>
ter von Ba&#x0364;umen, Splitter, Spinnen,<lb/>
Fliegen, Amei&#x017F;en und ander Ge&#x017F;chmei&#x017F;-<lb/>
&#x017F;e zu er&#x017F;ehen, &#x017F;o doch &#x017F;on&#x017F;t nur auf dem<lb/>
Lande zu leben pfleget. Und derglei-<lb/>
chen Stu&#x0364;cken, darinne &#x017F;olche Dinge be-<lb/>
graben liegen, halten nicht nur heut zu<lb/>
tage die Liebhaber hoch, und &#x017F;ehen &#x017F;ie<lb/>
als die gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e&#x017F;ten Selt&#x017F;amkeiten an: &#x017F;on-<lb/>
dern &#x017F;chon <hi rendition="#aq">Martialis</hi> zu &#x017F;einer Zeit hat ein<lb/><hi rendition="#aq">Epigramma</hi> gemacht auf eine Amei&#x017F;e, die<lb/>
man ihm in einem &#x017F;olchen Stu&#x0364;cke &#x017F;ehen<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
          <cb n="864"/>
          <cit>
            <quote> <hi rendition="#aq">Dum Phaëtonteâ formica vagatur in<lb/><hi rendition="#et">undâ</hi><lb/>
Implicuit tenuem Succina gutta fe-<lb/><hi rendition="#et">ram.</hi><lb/>
Sic modo quæ fuerat vitâ contemta ma-<lb/><hi rendition="#et">nente,</hi><lb/>
Funeribus facta e&#x017F;t cum pretio&#x017F;a &#x017F;uis.</hi> </quote>
            <bibl/>
          </cit><lb/>
          <p>Und gewiß, es i&#x017F;t eine &#x017F;olche Sache,<lb/>
die nicht &#x017F;o leichtlich zu erkla&#x0364;ren, wie<lb/>
na&#x0364;mlich Spreu und Splitter, auch Ge-<lb/>
wu&#x0364;rme, welche, weil &#x017F;ie allzu leicht, be-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;ndig auf dem Wa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;chwimmen, in<lb/>
die Agt&#x017F;tein&#x017F;tu&#x0364;cken mo&#x0364;gen gerathen, die<lb/>
dannoch allezeit aus dem Abgrunde des<lb/>
Meers heraus gezogen werden. Bis-<lb/>
anhero haben die <hi rendition="#aq">Philo&#x017F;ophi</hi> noch keine<lb/>
recht taugliche Ur&#x017F;ache angeben ko&#x0364;nnen,<lb/>
&#x017F;ondern haben vermeinet, &#x017F;ie mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e eben<lb/>
&#x017F;o verborgen &#x017F;eyn, als wie diejenige Ei-<lb/>
gen&#x017F;chaft des Agt&#x017F;teins, wann er Stroh<lb/>
und Spalten an &#x017F;ich ziehet und aufhe-<lb/>
bet. Nichts de&#x017F;to minder wollen wir<lb/>
ver&#x017F;uchen, ob wir &#x017F;owohl auf des einen,<lb/>
wie auf des andern Grund und Ur-<lb/>
&#x017F;prung kommen ko&#x0364;nnen.</p><lb/>
          <p>Diejenigen, die das Balthi&#x017F;che Meer,<lb/>
oder die O&#x017F;t&#x017F;ee be&#x017F;chiffet, haben ange-<lb/>
mercket, daß auf der Preußi&#x017F;chen Ku&#x0364;&#x017F;te<lb/>
gar gro&#x017F;&#x017F;e Stranden &#x017F;ind, von welchen<lb/>
einige mehr, andere weniger u&#x0364;ber&#x017F;tro&#x0364;-<lb/>
met werden: allein, an der Schwedi-<lb/>
&#x017F;chen Seite giebet es hohe Sandberge,<lb/>
und erhabene Oerter, an deren Ufer<lb/>
gantze Wa&#x0364;lder von Pappelba&#x0364;umen und<lb/>
Fichten &#x017F;ich befinden, welche alle Som-<lb/>
mer eine gro&#x017F;&#x017F;e Menge Hartz und Gum-<lb/>
mi von &#x017F;ich geben.</p><lb/>
          <p>Die&#x017F;es voraus ge&#x017F;etzt, &#x017F;o i&#x017F;t gar leicht-<lb/>
lich zu erachten, daß eine gro&#x017F;&#x017F;e Menge<lb/>
die&#x017F;er klebrichten und za&#x0364;hen Materie<lb/>
muß an den Ae&#x017F;ten hangen bleiben, wel-<lb/>
che im Winter vom Schnee bedeckt, und<lb/>
von der Ka&#x0364;lte hart und &#x017F;pro&#x0364;de wird ge-<lb/>
macht: wann dann die Ae&#x017F;te von dem<lb/>
Wind ge&#x017F;chu&#x0364;ttelt werden, rei&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie die-<lb/>
&#x017F;elben ab und fu&#x0364;hren &#x017F;ie ins Meer: &#x017F;o-<lb/>
dann fa&#x0364;llt &#x017F;ie, von wegen ihrer Schwe-<lb/>
re, zu Grunde, wird nach und nach als<lb/>
gleich&#x017F;am ausgekocht, und durch die be-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;ndige Bewegung des Saltzgei&#x017F;tes<lb/>
von der See geha&#x0364;rtet: daher kommt<lb/>
endlich der Agt&#x017F;tein, de&#x017F;&#x017F;en Natur wir<lb/>
gegenwa&#x0364;rtig unter&#x017F;uchen. Wann nun<lb/>
das Meer &#x017F;ich ungewo&#x0364;hnlich aufru&#x0364;h-<lb/>
ri&#x017F;ch erzeiget, und der Wind treibet die<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">J i i</fw><fw place="bottom" type="catch">Wel-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </back>
  </text>
</TEI>
[0585] über ein und andere Gewaͤchſe, Thiere ꝛc. ein bedecktes Geſchirr von Porcellan, ſtellen daſſelbige in einen Keſſel voll Waſſer, und laſſen es ſo lange ſieden, bis daß das Hun gar gekochet iſt: und end- lich ſtellen ſie den Keſſel in die gluͤhen- den Kohlen und die heiſſe Aſche, die gan- tze Nacht hindurch. Des Tages drauf verzehren ſie das Hun, zuſamt der Gin- ſeng und den Vogelneſtern, ohne Saltz und Eßig, oder, wie es bey uns heiſt, un- geſaltzen, ungeſchmaltzen: wann ſie nun alles rein aufgezehret haben, halten ſie ſich fein waꝛm, und bekommen zuwei- len einen Schweiß. Sie pflegen auch Reiß mit Waſſer ge- kocht, und mit Vogelneſtern und Gin- ſeng, auf obige Weiſe zugerichtet, zu ge- nieſſen. Das thun ſie bey anbrechen- dem Tage, und wann es moͤglich, raſten ſie darauf. Vom Agtſtein. Dieweil ich in meinem erſten Buche allzuwenig vom Agtſteine vermeldet, als habe nicht undienlich erachtet, hie- ſelbſten anzufuͤhren, was ich ſeit dem davon erfahren koͤnnen. Die Carabe, oder der Agtſtein, wird, wie gedacht, ordentlicher Weiſe, nir- gend anders als in dem Balthiſchen Meere, auf der Preußiſchen Kuͤſte und Strande gefunden. Wann da gewiſſe Winde wehen, ſo wird er auf den Strand geworffen: und die Einwoh- ner ſammlen ihn im groͤſten Sturme, aus Beyſorge, die See moͤchte ihn wie- derum zuruͤcke reiſſen. Es finden ſich aber Stuͤcken in verſchiedener Geſtalt und Groͤſſe, und was das allerwunder- ſamſte, und das den Naturkuͤndigern hauptſchwer faͤllt zu ergruͤbeln, iſt, daß bisweilen ſolche Stuͤcken Agtſtein ge- funden werden, in deren Mitten Blaͤt- ter von Baͤumen, Splitter, Spinnen, Fliegen, Ameiſen und ander Geſchmeiſ- ſe zu erſehen, ſo doch ſonſt nur auf dem Lande zu leben pfleget. Und derglei- chen Stuͤcken, darinne ſolche Dinge be- graben liegen, halten nicht nur heut zu tage die Liebhaber hoch, und ſehen ſie als die groͤſſeſten Seltſamkeiten an: ſon- dern ſchon Martialis zu ſeiner Zeit hat ein Epigramma gemacht auf eine Ameiſe, die man ihm in einem ſolchen Stuͤcke ſehen laſſen. Dum Phaëtonteâ formica vagatur in undâ Implicuit tenuem Succina gutta fe- ram. Sic modo quæ fuerat vitâ contemta ma- nente, Funeribus facta eſt cum pretioſa ſuis. Und gewiß, es iſt eine ſolche Sache, die nicht ſo leichtlich zu erklaͤren, wie naͤmlich Spreu und Splitter, auch Ge- wuͤrme, welche, weil ſie allzu leicht, be- ſtaͤndig auf dem Waſſer ſchwimmen, in die Agtſteinſtuͤcken moͤgen gerathen, die dannoch allezeit aus dem Abgrunde des Meers heraus gezogen werden. Bis- anhero haben die Philoſophi noch keine recht taugliche Urſache angeben koͤnnen, ſondern haben vermeinet, ſie muͤſſe eben ſo verborgen ſeyn, als wie diejenige Ei- genſchaft des Agtſteins, wann er Stroh und Spalten an ſich ziehet und aufhe- bet. Nichts deſto minder wollen wir verſuchen, ob wir ſowohl auf des einen, wie auf des andern Grund und Ur- ſprung kommen koͤnnen. Diejenigen, die das Balthiſche Meer, oder die Oſtſee beſchiffet, haben ange- mercket, daß auf der Preußiſchen Kuͤſte gar groſſe Stranden ſind, von welchen einige mehr, andere weniger uͤberſtroͤ- met werden: allein, an der Schwedi- ſchen Seite giebet es hohe Sandberge, und erhabene Oerter, an deren Ufer gantze Waͤlder von Pappelbaͤumen und Fichten ſich befinden, welche alle Som- mer eine groſſe Menge Hartz und Gum- mi von ſich geben. Dieſes voraus geſetzt, ſo iſt gar leicht- lich zu erachten, daß eine groſſe Menge dieſer klebrichten und zaͤhen Materie muß an den Aeſten hangen bleiben, wel- che im Winter vom Schnee bedeckt, und von der Kaͤlte hart und ſproͤde wird ge- macht: wann dann die Aeſte von dem Wind geſchuͤttelt werden, reiſſen ſie die- ſelben ab und fuͤhren ſie ins Meer: ſo- dann faͤllt ſie, von wegen ihrer Schwe- re, zu Grunde, wird nach und nach als gleichſam ausgekocht, und durch die be- ſtaͤndige Bewegung des Saltzgeiſtes von der See gehaͤrtet: daher kommt endlich der Agtſtein, deſſen Natur wir gegenwaͤrtig unterſuchen. Wann nun das Meer ſich ungewoͤhnlich aufruͤh- riſch erzeiget, und der Wind treibet die Wel- J i i

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pomet_materialist_1717
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pomet_materialist_1717/585
Zitationshilfe: Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pomet_materialist_1717/585>, abgerufen am 22.12.2024.