[Spaltenumbruch]
denselben oft zu gebrauchen gewohnet waren? So thut ja auch der Wein den Krancken auf dem Lande, die ihn nie- mahls zu trincken bekommen, so viel gutes, den Patienten aber, die ihn im- merfort geniessen, ist er schädlich genug. Welches dann den Valesius zu sagen bewogen, es sey kein Zweiffel, daß das Manna in der Wüsten die Juden im Anfange werde haben purgiret, indem sie doch viele böse Feuchtigkeiten von dem Knoblauch und Zwiebeln, die sie zu ihrer gewöhnlichen Nahrung ge- braucht, würden gesammlet haben: nach diesem aber, und da die Manna nichts mehr auszuführen gefunden, hätte sie ihnen zur Nahrung gedienet, bevoraus, da sie von den Engeln zube- reitet worden; wie denn im LXXVIII. Psalm, im 25. 26. und 27sten Vers, ausdrücklich stehet: Der HErr gebot den Wolcken droben, und thät auf die Thüre des Himmels. Und ließ das Mann auf sie regnen, zu essen, und gab ihnen Speise die Fülle. Daß also diese Auslegung allerdings gar gut mit dem Hebräischen Worte Mann überein zu kommen scheinet, als welches eine berei- tete Speise bedeutet, wie aus dem 31. Vers des XVI. Cap. im II. Buch Mose kan geschlossen werden, woselbst stehet, das Manna in der Wüsten habe ge- schmeckt, wie Semmelmehl mit Honig vermischet.
Was ferner die Dicke und Grösse die- ser Mannakörner betrifft, da kommen sie alle mit einander überein, daß sie weiß gewesen, und so dicke, wie Corian- dersamen; ist auch hieran nicht zu zweif- feln, massen die Schrifft im XVI. Cap. des II. Buchs Mose diese Gleichheit ei- gentlich genug andeutet. Allein, wann die Schrifft das Manna mit dem Cori- andersamen vergleichet, ist solches, nach dem Jüdischen Talmud, von der runden Gestalt, nicht von der Farbe zu verste- hen, sintemahl die Corianderkörner nicht weiß sind: daher auch der Sama- [Spaltenumbruch]
ritanische Ausleger, an statt, daß er sa- gen solte, wie Coriander, setzet, wie Reiskörner.
Endlich sagt man auch insgemein, das Manna habe einen Geschmack ge- habt, wie ihn ein ieder, der es genossen, nur gewünschet hätte: und diese Mei- nung gründet sich auf den 20sten Vers des XVI den Cap. des Buchs der Weis- heit, woselbst gesagt wird, es hätte sich nach eines ieglichen Geschmack beque- met. Allein, es könte dieses auch wohl bedeuten, daß obgleich der Geschmack bey den Menschen so gar sehr unterschie- den, dennoch ein ieder unter den Jüden dasselbe nach seinem Geschmack befun- den hätte. Denn, wenn das Manna einen Wachtelgeschmack gehabt, wie es die Jüden verlangten, warum wären sie denn sein überdrüßig worden? sie hätten sich gewißlich nicht gegen Mose über den langen Gebrauch dieser Spei- se beklaget, wie sie nach dem XXI. Cap. des III. Buchs Mose thaten. Und ist merckwurdig daß Augustmus, welcher im 8. Cap. seines 118 den Sendschrei- bens gelehret, daß das Manna diese Ei- genschafft gehabt, daß alle Jüden dessel- bigen Geschmack daran gefunden, da- von sie zu essen sich gesehnet, im. Buch Retractation cap. 21. diesen Satz geändert, und gesaget, daß allein die frommen Jüden diesen so unterschiedenen Ge- schmack, nach ihrem Verlangen, ein- pfunden. Doch scheinen diese anderen Gedancken dieses heiligen Mannes mit den Worten des Apostels Pauli 1. Co- rinth. 10. nicht vollkommentlich überein zu treffen: denn dieser sagt, daß alle Jsraeliten einerley Speise gegessen. Gesetzt nun, es sey wahr, das Manna habe allerley Geschmack annehmen kön- nen, so muß man dennoch sagen, wie es auch etliche auslegen, daß solches von der unterschiedlichen Zurichtung herge- rühret, wie auch, nachdem die Jüden sich bemühet dasselbe zuzurichten.
[Ende Spaltensatz]
Das andere Capitel. Von der Manna.
[Spaltenumbruch]
DAs, was wir Manna zu nennen pflegen, und unter diesem Titel ver- kauffen, ist ein weisser crystalliner Saft, welcher von den Eschen, auf Frantzö- sisch Fresnes domestiques & sauvages, von [Spaltenumbruch]
den Jtalienern Fraxini und Orni ge- nannt, ohne Schnitt, und von ihm selbst, theils aber auch, wenn man in die Bäume geschnitten, abrinnet. Jetztge- meldte Bäume wachsen häuffig in Ca-
labri-
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Hauptbeſchreibung erſten Theils achtes Buch.
[Spaltenumbruch]
denſelben oft zu gebrauchen gewohnet waren? So thut ja auch der Wein den Krancken auf dem Lande, die ihn nie- mahls zu trincken bekommen, ſo viel gutes, den Patienten aber, die ihn im- merfort genieſſen, iſt er ſchaͤdlich genug. Welches dann den Valeſius zu ſagen bewogen, es ſey kein Zweiffel, daß das Manna in der Wuͤſten die Juden im Anfange werde haben purgiret, indem ſie doch viele boͤſe Feuchtigkeiten von dem Knoblauch und Zwiebeln, die ſie zu ihrer gewoͤhnlichen Nahrung ge- braucht, wuͤrden geſammlet haben: nach dieſem aber, und da die Manna nichts mehr auszufuͤhren gefunden, haͤtte ſie ihnen zur Nahrung gedienet, bevoraus, da ſie von den Engeln zube- reitet worden; wie denn im LXXVIII. Pſalm, im 25. 26. und 27ſten Vers, ausdruͤcklich ſtehet: Der HErr gebot den Wolcken droben, und thaͤt auf die Thuͤre des Himmels. Und ließ das Mann auf ſie regnen, zu eſſen, und gab ihnen Speiſe die Fuͤlle. Daß alſo dieſe Auslegung allerdings gar gut mit dem Hebraͤiſchen Worte Mann uͤberein zu kommen ſcheinet, als welches eine berei- tete Speiſe bedeutet, wie aus dem 31. Vers des XVI. Cap. im II. Buch Moſe kan geſchloſſen werden, woſelbſt ſtehet, das Manna in der Wuͤſten habe ge- ſchmeckt, wie Semmelmehl mit Honig vermiſchet.
Was ferner die Dicke und Groͤſſe die- ſer Mannakoͤrner betrifft, da kommen ſie alle mit einander uͤberein, daß ſie weiß geweſen, und ſo dicke, wie Corian- derſamen; iſt auch hieran nicht zu zweif- feln, maſſen die Schrifft im XVI. Cap. des II. Buchs Moſe dieſe Gleichheit ei- gentlich genug andeutet. Allein, wann die Schrifft das Manna mit dem Cori- anderſamen vergleichet, iſt ſolches, nach dem Juͤdiſchen Talmud, von der runden Geſtalt, nicht von der Farbe zu verſte- hen, ſintemahl die Corianderkoͤrner nicht weiß ſind: daher auch der Sama- [Spaltenumbruch]
ritaniſche Ausleger, an ſtatt, daß er ſa- gen ſolte, wie Coriander, ſetzet, wie Reiskoͤrner.
Endlich ſagt man auch insgemein, das Manna habe einen Geſchmack ge- habt, wie ihn ein ieder, der es genoſſen, nur gewuͤnſchet haͤtte: und dieſe Mei- nung gruͤndet ſich auf den 20ſten Vers des XVI den Cap. des Buchs der Weis- heit, woſelbſt geſagt wird, es haͤtte ſich nach eines ieglichen Geſchmack beque- met. Allein, es koͤnte dieſes auch wohl bedeuten, daß obgleich der Geſchmack bey den Menſchen ſo gar ſehr unterſchie- den, dennoch ein ieder unter den Juͤden daſſelbe nach ſeinem Geſchmack befun- den haͤtte. Denn, wenn das Manna einen Wachtelgeſchmack gehabt, wie es die Juͤden verlangten, warum waͤren ſie denn ſein uͤberdruͤßig worden? ſie haͤtten ſich gewißlich nicht gegen Moſe uͤber den langen Gebrauch dieſer Spei- ſe beklaget, wie ſie nach dem XXI. Cap. des III. Buchs Moſe thaten. Und iſt merckwurdig daß Auguſtmus, welcher im 8. Cap. ſeines 118 den Sendſchrei- bens gelehret, daß das Manna dieſe Ei- genſchafft gehabt, daß alle Juͤden deſſel- bigen Geſchmack daran gefunden, da- von ſie zu eſſen ſich geſehnet, im. Buch Retractation cap. 21. dieſen Satz geaͤndert, und geſaget, daß allein die frommen Juͤden dieſen ſo unterſchiedenen Ge- ſchmack, nach ihrem Verlangen, ein- pfunden. Doch ſcheinen dieſe anderen Gedancken dieſes heiligen Mannes mit den Worten des Apoſtels Pauli 1. Co- rinth. 10. nicht vollkommentlich uͤberein zu treffen: denn dieſer ſagt, daß alle Jſraeliten einerley Speiſe gegeſſen. Geſetzt nun, es ſey wahr, das Manna habe allerley Geſchmack annehmen koͤn- nen, ſo muß man dennoch ſagen, wie es auch etliche auslegen, daß ſolches von der unterſchiedlichen Zurichtung herge- ruͤhret, wie auch, nachdem die Juͤden ſich bemuͤhet daſſelbe zuzurichten.
[Ende Spaltensatz]
Das andere Capitel. Von der Manna.
[Spaltenumbruch]
DAs, was wir Manna zu nennen pflegen, und unter dieſem Titel ver- kauffen, iſt ein weiſſer cryſtalliner Saft, welcher von den Eſchen, auf Frantzoͤ- ſiſch Freſnes domeſtiques & ſauvages, von [Spaltenumbruch]
den Jtalienern Fraxini und Orni ge- nannt, ohne Schnitt, und von ihm ſelbſt, theils aber auch, wenn man in die Baͤume geſchnitten, abrinnet. Jetztge- meldte Baͤume wachſen haͤuffig in Ca-
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[0287]
Hauptbeſchreibung erſten Theils achtes Buch.
denſelben oft zu gebrauchen gewohnet
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mahls zu trincken bekommen, ſo viel
gutes, den Patienten aber, die ihn im-
merfort genieſſen, iſt er ſchaͤdlich genug.
Welches dann den Valeſius zu ſagen
bewogen, es ſey kein Zweiffel, daß das
Manna in der Wuͤſten die Juden im
Anfange werde haben purgiret, indem
ſie doch viele boͤſe Feuchtigkeiten von
dem Knoblauch und Zwiebeln, die ſie
zu ihrer gewoͤhnlichen Nahrung ge-
braucht, wuͤrden geſammlet haben:
nach dieſem aber, und da die Manna
nichts mehr auszufuͤhren gefunden,
haͤtte ſie ihnen zur Nahrung gedienet,
bevoraus, da ſie von den Engeln zube-
reitet worden; wie denn im LXXVIII.
Pſalm, im 25. 26. und 27ſten Vers,
ausdruͤcklich ſtehet: Der HErr gebot
den Wolcken droben, und thaͤt auf die
Thuͤre des Himmels. Und ließ das
Mann auf ſie regnen, zu eſſen, und gab
ihnen Speiſe die Fuͤlle. Daß alſo dieſe
Auslegung allerdings gar gut mit dem
Hebraͤiſchen Worte Mann uͤberein zu
kommen ſcheinet, als welches eine berei-
tete Speiſe bedeutet, wie aus dem 31.
Vers des XVI. Cap. im II. Buch Moſe
kan geſchloſſen werden, woſelbſt ſtehet,
das Manna in der Wuͤſten habe ge-
ſchmeckt, wie Semmelmehl mit Honig
vermiſchet.
Was ferner die Dicke und Groͤſſe die-
ſer Mannakoͤrner betrifft, da kommen
ſie alle mit einander uͤberein, daß ſie
weiß geweſen, und ſo dicke, wie Corian-
derſamen; iſt auch hieran nicht zu zweif-
feln, maſſen die Schrifft im XVI. Cap.
des II. Buchs Moſe dieſe Gleichheit ei-
gentlich genug andeutet. Allein, wann
die Schrifft das Manna mit dem Cori-
anderſamen vergleichet, iſt ſolches, nach
dem Juͤdiſchen Talmud, von der runden
Geſtalt, nicht von der Farbe zu verſte-
hen, ſintemahl die Corianderkoͤrner
nicht weiß ſind: daher auch der Sama-
ritaniſche Ausleger, an ſtatt, daß er ſa-
gen ſolte, wie Coriander, ſetzet, wie
Reiskoͤrner.
Endlich ſagt man auch insgemein,
das Manna habe einen Geſchmack ge-
habt, wie ihn ein ieder, der es genoſſen,
nur gewuͤnſchet haͤtte: und dieſe Mei-
nung gruͤndet ſich auf den 20ſten Vers
des XVI den Cap. des Buchs der Weis-
heit, woſelbſt geſagt wird, es haͤtte ſich
nach eines ieglichen Geſchmack beque-
met. Allein, es koͤnte dieſes auch wohl
bedeuten, daß obgleich der Geſchmack
bey den Menſchen ſo gar ſehr unterſchie-
den, dennoch ein ieder unter den Juͤden
daſſelbe nach ſeinem Geſchmack befun-
den haͤtte. Denn, wenn das Manna
einen Wachtelgeſchmack gehabt, wie es
die Juͤden verlangten, warum waͤren
ſie denn ſein uͤberdruͤßig worden? ſie
haͤtten ſich gewißlich nicht gegen Moſe
uͤber den langen Gebrauch dieſer Spei-
ſe beklaget, wie ſie nach dem XXI. Cap.
des III. Buchs Moſe thaten. Und iſt
merckwurdig daß Auguſtmus, welcher
im 8. Cap. ſeines 118 den Sendſchrei-
bens gelehret, daß das Manna dieſe Ei-
genſchafft gehabt, daß alle Juͤden deſſel-
bigen Geſchmack daran gefunden, da-
von ſie zu eſſen ſich geſehnet, im. Buch
Retractation cap. 21. dieſen Satz geaͤndert,
und geſaget, daß allein die frommen
Juͤden dieſen ſo unterſchiedenen Ge-
ſchmack, nach ihrem Verlangen, ein-
pfunden. Doch ſcheinen dieſe anderen
Gedancken dieſes heiligen Mannes mit
den Worten des Apoſtels Pauli 1. Co-
rinth. 10. nicht vollkommentlich uͤberein
zu treffen: denn dieſer ſagt, daß alle
Jſraeliten einerley Speiſe gegeſſen.
Geſetzt nun, es ſey wahr, das Manna
habe allerley Geſchmack annehmen koͤn-
nen, ſo muß man dennoch ſagen, wie
es auch etliche auslegen, daß ſolches von
der unterſchiedlichen Zurichtung herge-
ruͤhret, wie auch, nachdem die Juͤden
ſich bemuͤhet daſſelbe zuzurichten.
Das andere Capitel.
Von der Manna.
DAs, was wir Manna zu nennen
pflegen, und unter dieſem Titel ver-
kauffen, iſt ein weiſſer cryſtalliner Saft,
welcher von den Eſchen, auf Frantzoͤ-
ſiſch Freſnes domeſtiques & ſauvages, von
den Jtalienern Fraxini und Orni ge-
nannt, ohne Schnitt, und von ihm
ſelbſt, theils aber auch, wenn man in die
Baͤume geſchnitten, abrinnet. Jetztge-
meldte Baͤume wachſen haͤuffig in Ca-
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Siehe Fig. 271.
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Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pomet_materialist_1717/287>, abgerufen am 20.02.2025.
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