Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895.

Bild:
<< vorherige Seite
VIII.

Auch nachdem er seinen schweren Rausch ausgeschlafen,
verlangte Karl Büttner mit hartnäckigem Eigensinn von The¬
rese, sie solle ihm sein Geld herausgeben. Die Behandlung,
die ihr von seiner Seite wiederfahren, hatte die standhafte Frau
so wenig entmutigt, daß sie sich nach wie vor weigerte, ihm
zu sagen, wo sie das Geld versteckt halte.

Unter der Hand erkundigte sich Therese nach ein paar
Ziegen. Neuerdings hatte sie beschlossen, Ziegen von dem Gelde
zu kaufen. Jetzt noch Schweine aufzustellen, war zu spät im
Jahre, damit wollte sie bis zum nächsten Frühjahr warten.

Karl war wie umgewandelt. Ein neuer Zug schien in
sein Wesen gekommen zu sein, der ihm früher gänzlich fremd
gewesen: Tücke. Man hielt ihm sein Geld bevor -- gut! Seine
Antwort darauf war, daß er sich auf die faule Haut legte.

Ein Freund von angestrengtem Arbeiten war er niemals
gewesen, aber jetzt stellte er sich an wie ein stätischer Gaul.
Bis in den Vormittag hinein wälzte er sich im Bette, dann
verlangte er zu essen. Wenn das Gewünschte nicht gleich
kam, oder nicht nach seinem Sinne war, fluchte und schimpfte
er. Therese war nur noch seine Magd.

Früher, wo Karl die Gutmütigkeit in Person gewesen,
hatte Therese ihn oft geplagt mit ihrer Streitsucht; immer hatte
sie den Ruhseligen unter ihren energischen Willen zu ducken

VIII.

Auch nachdem er ſeinen ſchweren Rauſch ausgeſchlafen,
verlangte Karl Büttner mit hartnäckigem Eigenſinn von The¬
reſe, ſie ſolle ihm ſein Geld herausgeben. Die Behandlung,
die ihr von ſeiner Seite wiederfahren, hatte die ſtandhafte Frau
ſo wenig entmutigt, daß ſie ſich nach wie vor weigerte, ihm
zu ſagen, wo ſie das Geld verſteckt halte.

Unter der Hand erkundigte ſich Thereſe nach ein paar
Ziegen. Neuerdings hatte ſie beſchloſſen, Ziegen von dem Gelde
zu kaufen. Jetzt noch Schweine aufzuſtellen, war zu ſpät im
Jahre, damit wollte ſie bis zum nächſten Frühjahr warten.

Karl war wie umgewandelt. Ein neuer Zug ſchien in
ſein Weſen gekommen zu ſein, der ihm früher gänzlich fremd
geweſen: Tücke. Man hielt ihm ſein Geld bevor — gut! Seine
Antwort darauf war, daß er ſich auf die faule Haut legte.

Ein Freund von angeſtrengtem Arbeiten war er niemals
geweſen, aber jetzt ſtellte er ſich an wie ein ſtätiſcher Gaul.
Bis in den Vormittag hinein wälzte er ſich im Bette, dann
verlangte er zu eſſen. Wenn das Gewünſchte nicht gleich
kam, oder nicht nach ſeinem Sinne war, fluchte und ſchimpfte
er. Thereſe war nur noch ſeine Magd.

Früher, wo Karl die Gutmütigkeit in Perſon geweſen,
hatte Thereſe ihn oft geplagt mit ihrer Streitſucht; immer hatte
ſie den Ruhſeligen unter ihren energiſchen Willen zu ducken

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0387" n="[373]"/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#aq">VIII</hi>.<lb/></head>
          <p>Auch nachdem er &#x017F;einen &#x017F;chweren Rau&#x017F;ch ausge&#x017F;chlafen,<lb/>
verlangte Karl Büttner mit hartnäckigem Eigen&#x017F;inn von The¬<lb/>
re&#x017F;e, &#x017F;ie &#x017F;olle ihm &#x017F;ein Geld herausgeben. Die Behandlung,<lb/>
die ihr von &#x017F;einer Seite wiederfahren, hatte die &#x017F;tandhafte Frau<lb/>
&#x017F;o wenig entmutigt, daß &#x017F;ie &#x017F;ich nach wie vor weigerte, ihm<lb/>
zu &#x017F;agen, wo &#x017F;ie das Geld ver&#x017F;teckt halte.</p><lb/>
          <p>Unter der Hand erkundigte &#x017F;ich There&#x017F;e nach ein paar<lb/>
Ziegen. Neuerdings hatte &#x017F;ie be&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, Ziegen von dem Gelde<lb/>
zu kaufen. Jetzt noch Schweine aufzu&#x017F;tellen, war zu &#x017F;pät im<lb/>
Jahre, damit wollte &#x017F;ie bis zum näch&#x017F;ten Frühjahr warten.</p><lb/>
          <p>Karl war wie umgewandelt. Ein neuer Zug &#x017F;chien in<lb/>
&#x017F;ein We&#x017F;en gekommen zu &#x017F;ein, der ihm früher gänzlich fremd<lb/>
gewe&#x017F;en: Tücke. Man hielt ihm &#x017F;ein Geld bevor &#x2014; gut! Seine<lb/>
Antwort darauf war, daß er &#x017F;ich auf die faule Haut legte.</p><lb/>
          <p>Ein Freund von ange&#x017F;trengtem Arbeiten war er niemals<lb/>
gewe&#x017F;en, aber jetzt &#x017F;tellte er &#x017F;ich an wie ein &#x017F;täti&#x017F;cher Gaul.<lb/>
Bis in den Vormittag hinein wälzte er &#x017F;ich im Bette, dann<lb/>
verlangte er zu e&#x017F;&#x017F;en. Wenn das Gewün&#x017F;chte nicht gleich<lb/>
kam, oder nicht nach &#x017F;einem Sinne war, fluchte und &#x017F;chimpfte<lb/>
er. There&#x017F;e war nur noch &#x017F;eine Magd.</p><lb/>
          <p>Früher, wo Karl die Gutmütigkeit in Per&#x017F;on gewe&#x017F;en,<lb/>
hatte There&#x017F;e ihn oft geplagt mit ihrer Streit&#x017F;ucht; immer hatte<lb/>
&#x017F;ie den Ruh&#x017F;eligen unter ihren energi&#x017F;chen Willen zu ducken<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[373]/0387] VIII. Auch nachdem er ſeinen ſchweren Rauſch ausgeſchlafen, verlangte Karl Büttner mit hartnäckigem Eigenſinn von The¬ reſe, ſie ſolle ihm ſein Geld herausgeben. Die Behandlung, die ihr von ſeiner Seite wiederfahren, hatte die ſtandhafte Frau ſo wenig entmutigt, daß ſie ſich nach wie vor weigerte, ihm zu ſagen, wo ſie das Geld verſteckt halte. Unter der Hand erkundigte ſich Thereſe nach ein paar Ziegen. Neuerdings hatte ſie beſchloſſen, Ziegen von dem Gelde zu kaufen. Jetzt noch Schweine aufzuſtellen, war zu ſpät im Jahre, damit wollte ſie bis zum nächſten Frühjahr warten. Karl war wie umgewandelt. Ein neuer Zug ſchien in ſein Weſen gekommen zu ſein, der ihm früher gänzlich fremd geweſen: Tücke. Man hielt ihm ſein Geld bevor — gut! Seine Antwort darauf war, daß er ſich auf die faule Haut legte. Ein Freund von angeſtrengtem Arbeiten war er niemals geweſen, aber jetzt ſtellte er ſich an wie ein ſtätiſcher Gaul. Bis in den Vormittag hinein wälzte er ſich im Bette, dann verlangte er zu eſſen. Wenn das Gewünſchte nicht gleich kam, oder nicht nach ſeinem Sinne war, fluchte und ſchimpfte er. Thereſe war nur noch ſeine Magd. Früher, wo Karl die Gutmütigkeit in Perſon geweſen, hatte Thereſe ihn oft geplagt mit ihrer Streitſucht; immer hatte ſie den Ruhſeligen unter ihren energiſchen Willen zu ducken

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/387
Zitationshilfe: Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. [373]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/387>, abgerufen am 21.11.2024.