Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pocci, Franz von: Lustiges Komödienbüchlein. Bd. 6. München, 1877.

Bild:
<< vorherige Seite
Verwandlung.
Tiefer Wald. Nacht. Vollmond.
Casperl (stolpert herein und stößt sich bisweilen an einen Baumstamm).
Nun, heut' hat mich mein mir sonst günstiges
Schicksal sitzen lassen. Nachdem ich mich dem
Schooße meiner Familie entwunden habe, um so
gegen Abend mit einem Spaziergang die beschei-
dene Löschung meines alltäglichen Durstes zu ver-
binden, hat sich dieser mein angeborner Durst
wieder mit dem Schicksal verbunden, in dessen
Fügung es gelegen, daß sich der Abend wieder
mit der Nacht alliirt, um mich aus dem Wirths-
hause in diesen Wald zu bringen -- pumps!
(stößt
wieder an einen Baum)
wo ich mit Gegenständen der
Natur in unwillkürliche Berührung kommen und
vielleicht gar statt auf meinem üblichen Federbette
auf weicher, aber etwas feuchter Moosdecke eine
Nacht über ruhen soll, um am späten Morgen mit
einem Catarrhfieber aufzuwachen. Es wird immer
dunkler und der Mond scheint immer heller. Was
bleibt mir übrig, als mich niederzulegen, denn
meine Stelzen fangen bedeutend zu wackeln an,
weil mein Capitolium sich in schwankenden Um-
ständen befindet. Also legen wir uns hin! Jch
Verwandlung.
Tiefer Wald. Nacht. Vollmond.
Casperl (ſtolpert herein und ſtößt ſich bisweilen an einen Baumſtamm).
Nun, heut’ hat mich mein mir ſonſt günſtiges
Schickſal ſitzen laſſen. Nachdem ich mich dem
Schooße meiner Familie entwunden habe, um ſo
gegen Abend mit einem Spaziergang die beſchei-
dene Löſchung meines alltäglichen Durſtes zu ver-
binden, hat ſich dieſer mein angeborner Durſt
wieder mit dem Schickſal verbunden, in deſſen
Fügung es gelegen, daß ſich der Abend wieder
mit der Nacht alliirt, um mich aus dem Wirths-
hauſe in dieſen Wald zu bringen — pumps!
(ſtößt
wieder an einen Baum)
wo ich mit Gegenſtänden der
Natur in unwillkürliche Berührung kommen und
vielleicht gar ſtatt auf meinem üblichen Federbette
auf weicher, aber etwas feuchter Moosdecke eine
Nacht über ruhen ſoll, um am ſpäten Morgen mit
einem Catarrhfieber aufzuwachen. Es wird immer
dunkler und der Mond ſcheint immer heller. Was
bleibt mir übrig, als mich niederzulegen, denn
meine Stelzen fangen bedeutend zu wackeln an,
weil mein Capitolium ſich in ſchwankenden Um-
ſtänden befindet. Alſo legen wir uns hin! Jch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0269" n="233"/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Verwandlung.</hi> </head><lb/>
            <stage> <hi rendition="#c">Tiefer Wald. Nacht. Vollmond.</hi> </stage><lb/>
            <sp who="#CASPL">
              <speaker> <hi rendition="#b">Casperl</hi> </speaker>
              <stage>(&#x017F;tolpert herein und &#x017F;tößt &#x017F;ich bisweilen an einen Baum&#x017F;tamm).</stage><lb/>
              <p>Nun, heut&#x2019; hat mich mein mir &#x017F;on&#x017F;t gün&#x017F;tiges<lb/>
Schick&#x017F;al &#x017F;itzen la&#x017F;&#x017F;en. Nachdem ich mich dem<lb/>
Schooße meiner Familie entwunden habe, um &#x017F;o<lb/>
gegen Abend mit einem Spaziergang die be&#x017F;chei-<lb/>
dene Lö&#x017F;chung meines alltäglichen Dur&#x017F;tes zu ver-<lb/>
binden, hat &#x017F;ich die&#x017F;er mein angeborner Dur&#x017F;t<lb/>
wieder mit dem Schick&#x017F;al verbunden, in de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Fügung es gelegen, daß &#x017F;ich der Abend wieder<lb/>
mit der Nacht alliirt, um mich aus dem Wirths-<lb/>
hau&#x017F;e in die&#x017F;en Wald zu bringen &#x2014; pumps!</p>
              <stage>(&#x017F;tößt<lb/>
wieder an einen Baum)</stage>
              <p>wo ich mit Gegen&#x017F;tänden der<lb/>
Natur in unwillkürliche Berührung kommen und<lb/>
vielleicht gar &#x017F;tatt auf meinem üblichen Federbette<lb/>
auf weicher, aber etwas feuchter Moosdecke eine<lb/>
Nacht über ruhen &#x017F;oll, um am &#x017F;päten Morgen mit<lb/>
einem Catarrhfieber aufzuwachen. Es wird immer<lb/>
dunkler und der Mond &#x017F;cheint immer heller. Was<lb/>
bleibt mir übrig, als mich niederzulegen, denn<lb/>
meine Stelzen fangen bedeutend zu wackeln an,<lb/>
weil mein Capitolium &#x017F;ich in &#x017F;chwankenden Um-<lb/>
&#x017F;tänden befindet. Al&#x017F;o legen wir uns hin! Jch<lb/></p>
            </sp>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[233/0269] Verwandlung. Tiefer Wald. Nacht. Vollmond. Casperl (ſtolpert herein und ſtößt ſich bisweilen an einen Baumſtamm). Nun, heut’ hat mich mein mir ſonſt günſtiges Schickſal ſitzen laſſen. Nachdem ich mich dem Schooße meiner Familie entwunden habe, um ſo gegen Abend mit einem Spaziergang die beſchei- dene Löſchung meines alltäglichen Durſtes zu ver- binden, hat ſich dieſer mein angeborner Durſt wieder mit dem Schickſal verbunden, in deſſen Fügung es gelegen, daß ſich der Abend wieder mit der Nacht alliirt, um mich aus dem Wirths- hauſe in dieſen Wald zu bringen — pumps! (ſtößt wieder an einen Baum) wo ich mit Gegenſtänden der Natur in unwillkürliche Berührung kommen und vielleicht gar ſtatt auf meinem üblichen Federbette auf weicher, aber etwas feuchter Moosdecke eine Nacht über ruhen ſoll, um am ſpäten Morgen mit einem Catarrhfieber aufzuwachen. Es wird immer dunkler und der Mond ſcheint immer heller. Was bleibt mir übrig, als mich niederzulegen, denn meine Stelzen fangen bedeutend zu wackeln an, weil mein Capitolium ſich in ſchwankenden Um- ſtänden befindet. Alſo legen wir uns hin! Jch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pocci_komoedienbuechlein06_1877
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pocci_komoedienbuechlein06_1877/269
Zitationshilfe: Pocci, Franz von: Lustiges Komödienbüchlein. Bd. 6. München, 1877, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pocci_komoedienbuechlein06_1877/269>, abgerufen am 03.12.2024.