Platen, August von: Gedichte. Stuttgart, 1828.Antwort an den Unbekannten. (S. Morgenblatt Nro. 311. 1827.) 1828. Bis zu mir, aus weiter Ferne, hör' ich süße Worte flüstern, Glättend jene Falten alle, welche meine Stirn verdüstern, Zeigend, daß ich nicht vergebens Nesseln schwang und Disteln köpfte, Nicht mit Danaideneimern aus des Lebens Brunnen schöpfte; Meiner Widersacher Mißmuth stört mich nicht in Roms Ruinen, Doch die Liebe, wie ein Pilger, übersteigt die Apenninen. Allen denen, die so gerne jede wahre Kraft verkennen Sey's gesagt, daß nicht einmal ich ihren Namen höre nennen; Doch von Andern hör' ich, welche sonder Scheu vor Witzes¬ nadeln Loben mein Gedicht mit Einsicht und mit Einsicht auch es tadeln: Diesen biet' ich aus der Ferne gern die Hand, und Dir vor Allen! Zwar Du ließest nicht die Stimme kritischer Vernunft erschallen, Aber nach dem Kapitole, dessen Höh'n ich jezt erklimme, Liessest wehn Du mir Begeist'rung, jene reine Milder¬ stimme, Die so glockenhell und herrlich von der Menschenlippe gleitet, Und elektrisch ihren schönen Liebesfunken weiter leitet. Antwort an den Unbekannten. (S. Morgenblatt Nro. 311. 1827.) 1828. Bis zu mir, aus weiter Ferne, hoͤr' ich ſuͤße Worte fluͤſtern, Glaͤttend jene Falten alle, welche meine Stirn verduͤſtern, Zeigend, daß ich nicht vergebens Neſſeln ſchwang und Diſteln koͤpfte, Nicht mit Danaideneimern aus des Lebens Brunnen ſchoͤpfte; Meiner Widerſacher Mißmuth ſtoͤrt mich nicht in Roms Ruinen, Doch die Liebe, wie ein Pilger, uͤberſteigt die Apenninen. Allen denen, die ſo gerne jede wahre Kraft verkennen Sey's geſagt, daß nicht einmal ich ihren Namen hoͤre nennen; Doch von Andern hoͤr' ich, welche ſonder Scheu vor Witzes¬ nadeln Loben mein Gedicht mit Einſicht und mit Einſicht auch es tadeln: Dieſen biet' ich aus der Ferne gern die Hand, und Dir vor Allen! Zwar Du ließeſt nicht die Stimme kritiſcher Vernunft erſchallen, Aber nach dem Kapitole, deſſen Hoͤh'n ich jezt erklimme, Lieſſeſt wehn Du mir Begeiſt'rung, jene reine Milder¬ ſtimme, Die ſo glockenhell und herrlich von der Menſchenlippe gleitet, Und elektriſch ihren ſchoͤnen Liebesfunken weiter leitet. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb n="77" facs="#f0087"/> </div> <div n="3"> <head> <hi rendition="#g">Antwort an den Unbekannten.</hi><lb/> </head> <p rendition="#c">(S. Morgenblatt Nro. 311. 1827.)</p><lb/> <p rendition="#c"><hi rendition="#g">1828</hi>.</p><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">B</hi>is zu mir, aus weiter Ferne, hoͤr' ich ſuͤße Worte<lb/><hi rendition="#et">fluͤſtern,</hi></l><lb/> <l>Glaͤttend jene Falten alle, welche meine Stirn verduͤſtern,</l><lb/> <l>Zeigend, daß ich nicht vergebens Neſſeln ſchwang und<lb/><hi rendition="#et">Diſteln koͤpfte,</hi></l><lb/> <l>Nicht mit Danaideneimern aus des Lebens Brunnen<lb/><hi rendition="#et">ſchoͤpfte;</hi></l><lb/> <l>Meiner Widerſacher Mißmuth ſtoͤrt mich nicht in Roms<lb/><hi rendition="#et">Ruinen,</hi></l><lb/> <l>Doch die Liebe, wie ein Pilger, uͤberſteigt die Apenninen.</l><lb/> <l>Allen denen, die ſo gerne jede wahre Kraft verkennen</l><lb/> <l>Sey's geſagt, daß nicht einmal ich ihren Namen hoͤre<lb/><hi rendition="#et">nennen;</hi></l><lb/> <l>Doch von Andern hoͤr' ich, welche ſonder Scheu vor Witzes¬<lb/><hi rendition="#et">nadeln</hi></l><lb/> <l>Loben mein Gedicht mit Einſicht und mit Einſicht auch<lb/><hi rendition="#et">es tadeln:</hi></l><lb/> <l>Dieſen biet' ich aus der Ferne gern die Hand, und Dir<lb/><hi rendition="#et">vor Allen!</hi></l><lb/> <l>Zwar Du ließeſt nicht die Stimme kritiſcher Vernunft<lb/><hi rendition="#et">erſchallen,</hi></l><lb/> <l>Aber nach dem Kapitole, deſſen Hoͤh'n ich jezt erklimme,</l><lb/> <l>Lieſſeſt wehn Du mir Begeiſt'rung, jene reine Milder¬<lb/><hi rendition="#et">ſtimme,</hi></l><lb/> <l>Die ſo glockenhell und herrlich von der Menſchenlippe<lb/><hi rendition="#et">gleitet,</hi></l><lb/> <l>Und elektriſch ihren ſchoͤnen Liebesfunken weiter leitet.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [77/0087]
Antwort an den Unbekannten.
(S. Morgenblatt Nro. 311. 1827.)
1828.
Bis zu mir, aus weiter Ferne, hoͤr' ich ſuͤße Worte
fluͤſtern,
Glaͤttend jene Falten alle, welche meine Stirn verduͤſtern,
Zeigend, daß ich nicht vergebens Neſſeln ſchwang und
Diſteln koͤpfte,
Nicht mit Danaideneimern aus des Lebens Brunnen
ſchoͤpfte;
Meiner Widerſacher Mißmuth ſtoͤrt mich nicht in Roms
Ruinen,
Doch die Liebe, wie ein Pilger, uͤberſteigt die Apenninen.
Allen denen, die ſo gerne jede wahre Kraft verkennen
Sey's geſagt, daß nicht einmal ich ihren Namen hoͤre
nennen;
Doch von Andern hoͤr' ich, welche ſonder Scheu vor Witzes¬
nadeln
Loben mein Gedicht mit Einſicht und mit Einſicht auch
es tadeln:
Dieſen biet' ich aus der Ferne gern die Hand, und Dir
vor Allen!
Zwar Du ließeſt nicht die Stimme kritiſcher Vernunft
erſchallen,
Aber nach dem Kapitole, deſſen Hoͤh'n ich jezt erklimme,
Lieſſeſt wehn Du mir Begeiſt'rung, jene reine Milder¬
ſtimme,
Die ſo glockenhell und herrlich von der Menſchenlippe
gleitet,
Und elektriſch ihren ſchoͤnen Liebesfunken weiter leitet.
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Zitationshilfe: | Platen, August von: Gedichte. Stuttgart, 1828, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/platen_gedichte_1828/87>, abgerufen am 03.03.2025. |