Platen, August von: Gedichte. Stuttgart, 1828.XXXVIII. Wie's auch die Tadler an mir tadeln mögen, Ich halte nie der Seele Muth in Schranken: Was wären wir, mit denen Alle zanken, Wenn wir uns selbst das bischen Ruhm entzögen? Soll bergen ich mein innerstes Vermögen, Was ich empfinde zu bekennen schwanken? Ich schämte mich der eigenen Gedanken, Wenn sie, wie Schwalben, an der Erde flögen. Hienieden lohnt's der Mühe nicht, zu zagen, Und wahr und frey zu sprechen kleidet Jeden, Da bald wir Alle ruhn in Sarkophagen. Es werden Spät're meinen Geist in Eden Beschwören und entschuldigen und sagen: Er dachte groß, wie konnt' er kleinlich reden? XXXVIII. Wie's auch die Tadler an mir tadeln moͤgen, Ich halte nie der Seele Muth in Schranken: Was waͤren wir, mit denen Alle zanken, Wenn wir uns ſelbſt das bischen Ruhm entzoͤgen? Soll bergen ich mein innerſtes Vermoͤgen, Was ich empfinde zu bekennen ſchwanken? Ich ſchaͤmte mich der eigenen Gedanken, Wenn ſie, wie Schwalben, an der Erde floͤgen. Hienieden lohnt's der Muͤhe nicht, zu zagen, Und wahr und frey zu ſprechen kleidet Jeden, Da bald wir Alle ruhn in Sarkophagen. Es werden Spaͤt're meinen Geiſt in Eden Beſchwoͤren und entſchuldigen und ſagen: Er dachte groß, wie konnt' er kleinlich reden? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0216" n="206"/> </div> <div n="3"> <head> <hi rendition="#aq">XXXVIII.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">W</hi>ie's auch die Tadler an mir tadeln moͤgen,</l><lb/> <l>Ich halte nie der Seele Muth in Schranken:</l><lb/> <l>Was waͤren wir, mit denen Alle zanken,</l><lb/> <l>Wenn wir uns ſelbſt das bischen Ruhm entzoͤgen?</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Soll bergen ich mein innerſtes Vermoͤgen,</l><lb/> <l>Was ich empfinde zu bekennen ſchwanken?</l><lb/> <l>Ich ſchaͤmte mich der eigenen Gedanken,</l><lb/> <l>Wenn ſie, wie Schwalben, an der Erde floͤgen.</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Hienieden lohnt's der Muͤhe nicht, zu zagen,</l><lb/> <l>Und wahr und frey zu ſprechen kleidet Jeden,</l><lb/> <l>Da bald wir Alle ruhn in Sarkophagen.</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Es werden Spaͤt're meinen Geiſt in Eden</l><lb/> <l>Beſchwoͤren und entſchuldigen und ſagen:</l><lb/> <l>Er dachte groß, wie konnt' er kleinlich reden?</l><lb/> </lg> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [206/0216]
XXXVIII.
Wie's auch die Tadler an mir tadeln moͤgen,
Ich halte nie der Seele Muth in Schranken:
Was waͤren wir, mit denen Alle zanken,
Wenn wir uns ſelbſt das bischen Ruhm entzoͤgen?
Soll bergen ich mein innerſtes Vermoͤgen,
Was ich empfinde zu bekennen ſchwanken?
Ich ſchaͤmte mich der eigenen Gedanken,
Wenn ſie, wie Schwalben, an der Erde floͤgen.
Hienieden lohnt's der Muͤhe nicht, zu zagen,
Und wahr und frey zu ſprechen kleidet Jeden,
Da bald wir Alle ruhn in Sarkophagen.
Es werden Spaͤt're meinen Geiſt in Eden
Beſchwoͤren und entſchuldigen und ſagen:
Er dachte groß, wie konnt' er kleinlich reden?
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