Platen, August von: Gedichte. Stuttgart, 1828.IV. Shakespear in seinen Sonetten. Du ziehst bey jedem Loos die beste Nummer, Denn wer, wie du, vermag so tief zu dringen In's tiefste Herz? Wenn du beginnst zu singen, Verstummen wir als klägliche Verstummer. Nicht Mädchenlaunen störten deinen Schlummer, Doch stets um Freundschaft sehn wir warm dich ringen: Dein Freund errettet dich aus Weiberschlingen, Und seine Schönheit ist dein Ruhm und Kummer. Bis auf die Sorgen, die für ihn dich nagen, Erhebst du Alles zur Apotheose, Bis auf den Schmerz, den er dich läßt ertragen! Wie sehr dich kränken mag der Seelenlose, Du lässest nie von ihm, und siehst mit Klagen Den Wurm des Lasters in der schönsten Rose. IV. Shakeſpear in ſeinen Sonetten. Du ziehſt bey jedem Loos die beſte Nummer, Denn wer, wie du, vermag ſo tief zu dringen In's tiefſte Herz? Wenn du beginnſt zu ſingen, Verſtummen wir als klaͤgliche Verſtummer. Nicht Maͤdchenlaunen ſtoͤrten deinen Schlummer, Doch ſtets um Freundſchaft ſehn wir warm dich ringen: Dein Freund errettet dich aus Weiberſchlingen, Und ſeine Schoͤnheit iſt dein Ruhm und Kummer. Bis auf die Sorgen, die fuͤr ihn dich nagen, Erhebſt du Alles zur Apotheoſe, Bis auf den Schmerz, den er dich laͤßt ertragen! Wie ſehr dich kraͤnken mag der Seelenloſe, Du laͤſſeſt nie von ihm, und ſiehſt mit Klagen Den Wurm des Laſters in der ſchoͤnſten Roſe. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb n="172" facs="#f0182"/> </div> <div n="3"> <head> <hi rendition="#aq">IV.</hi><lb/> <hi rendition="#g">Shakeſpear in ſeinen Sonetten.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">D</hi>u ziehſt bey jedem Loos die beſte Nummer,</l><lb/> <l>Denn wer, wie du, vermag ſo tief zu dringen</l><lb/> <l>In's tiefſte Herz? Wenn du beginnſt zu ſingen,</l><lb/> <l>Verſtummen wir als klaͤgliche Verſtummer.</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Nicht Maͤdchenlaunen ſtoͤrten deinen Schlummer,</l><lb/> <l>Doch ſtets um Freundſchaft ſehn wir warm dich ringen:</l><lb/> <l>Dein Freund errettet dich aus Weiberſchlingen,</l><lb/> <l>Und ſeine Schoͤnheit iſt dein Ruhm und Kummer.</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Bis auf die Sorgen, die fuͤr ihn dich nagen,</l><lb/> <l>Erhebſt du Alles zur Apotheoſe,</l><lb/> <l>Bis auf den Schmerz, den er dich laͤßt ertragen!</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Wie ſehr dich kraͤnken mag der Seelenloſe,</l><lb/> <l>Du laͤſſeſt nie von ihm, und ſiehſt mit Klagen</l><lb/> <l>Den Wurm des Laſters in der ſchoͤnſten Roſe.</l><lb/> </lg> </lg> <milestone unit="section" rendition="#hr"/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [172/0182]
IV.
Shakeſpear in ſeinen Sonetten.
Du ziehſt bey jedem Loos die beſte Nummer,
Denn wer, wie du, vermag ſo tief zu dringen
In's tiefſte Herz? Wenn du beginnſt zu ſingen,
Verſtummen wir als klaͤgliche Verſtummer.
Nicht Maͤdchenlaunen ſtoͤrten deinen Schlummer,
Doch ſtets um Freundſchaft ſehn wir warm dich ringen:
Dein Freund errettet dich aus Weiberſchlingen,
Und ſeine Schoͤnheit iſt dein Ruhm und Kummer.
Bis auf die Sorgen, die fuͤr ihn dich nagen,
Erhebſt du Alles zur Apotheoſe,
Bis auf den Schmerz, den er dich laͤßt ertragen!
Wie ſehr dich kraͤnken mag der Seelenloſe,
Du laͤſſeſt nie von ihm, und ſiehſt mit Klagen
Den Wurm des Laſters in der ſchoͤnſten Roſe.
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Zitationshilfe: | Platen, August von: Gedichte. Stuttgart, 1828, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/platen_gedichte_1828/182>, abgerufen am 03.03.2025. |