Platen, August von: Gedichte. Stuttgart, 1828.XXXVI. Da, wie fast ich es vermuthe, deine Liebe lau ge¬ worden, Fürcht' ich, daß die braune Scheitel über Nacht mir grau geworden! Geizest du mit Augenblicken, die mir mehr als dir ge¬ hören? Bist du, lieblicher Verschwender, plötzlich so genau ge¬ worden? Haben deiner Treue Rosen sich als Dorn den Stolz er¬ lesen? Sind der Liebesgöttin Tauben wie der Juno Pfau ge¬ worden? Wenn dich Weiber mir gestohlen, werden sie so lang dich fesseln, Bis der Tempel deiner Glieder ein zerstörter Bau ge¬ worden? Oder willst du blos mich locken, den du längst im Netz gefangen, O so lohnt sich's nicht der Mühe, daß du kalt und schlau geworden! XXXVI. Da, wie faſt ich es vermuthe, deine Liebe lau ge¬ worden, Fuͤrcht' ich, daß die braune Scheitel uͤber Nacht mir grau geworden! Geizeſt du mit Augenblicken, die mir mehr als dir ge¬ hoͤren? Biſt du, lieblicher Verſchwender, ploͤtzlich ſo genau ge¬ worden? Haben deiner Treue Roſen ſich als Dorn den Stolz er¬ leſen? Sind der Liebesgoͤttin Tauben wie der Juno Pfau ge¬ worden? Wenn dich Weiber mir geſtohlen, werden ſie ſo lang dich feſſeln, Bis der Tempel deiner Glieder ein zerſtoͤrter Bau ge¬ worden? Oder willſt du blos mich locken, den du laͤngſt im Netz gefangen, O ſo lohnt ſich's nicht der Muͤhe, daß du kalt und ſchlau geworden! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb n="154" facs="#f0164"/> </div> <div n="3"> <head> <hi rendition="#aq">XXXVI.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <l><hi rendition="#in">D</hi>a, wie faſt ich es vermuthe, deine Liebe lau ge¬<lb/><hi rendition="#et">worden,</hi></l><lb/> <l>Fuͤrcht' ich, daß die braune Scheitel uͤber Nacht mir grau<lb/><hi rendition="#et">geworden!</hi></l><lb/> <l>Geizeſt du mit Augenblicken, die mir mehr als dir ge¬<lb/><hi rendition="#et">hoͤren?</hi></l><lb/> <l>Biſt du, lieblicher Verſchwender, ploͤtzlich ſo genau ge¬<lb/><hi rendition="#et">worden?</hi></l><lb/> <l>Haben deiner Treue Roſen ſich als Dorn den Stolz er¬<lb/><hi rendition="#et">leſen?</hi></l><lb/> <l>Sind der Liebesgoͤttin Tauben wie der Juno Pfau ge¬<lb/><hi rendition="#et">worden?</hi></l><lb/> <l>Wenn dich Weiber mir geſtohlen, werden ſie ſo lang dich<lb/><hi rendition="#et">feſſeln,</hi></l><lb/> <l>Bis der Tempel deiner Glieder ein zerſtoͤrter Bau ge¬<lb/><hi rendition="#et">worden?</hi></l><lb/> <l>Oder willſt du blos mich locken, den du laͤngſt im Netz<lb/><hi rendition="#et">gefangen,</hi></l><lb/> <l>O ſo lohnt ſich's nicht der Muͤhe, daß du kalt und ſchlau<lb/><hi rendition="#et">geworden!</hi></l><lb/> </lg> <milestone unit="section" rendition="#hr"/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [154/0164]
XXXVI.
Da, wie faſt ich es vermuthe, deine Liebe lau ge¬
worden,
Fuͤrcht' ich, daß die braune Scheitel uͤber Nacht mir grau
geworden!
Geizeſt du mit Augenblicken, die mir mehr als dir ge¬
hoͤren?
Biſt du, lieblicher Verſchwender, ploͤtzlich ſo genau ge¬
worden?
Haben deiner Treue Roſen ſich als Dorn den Stolz er¬
leſen?
Sind der Liebesgoͤttin Tauben wie der Juno Pfau ge¬
worden?
Wenn dich Weiber mir geſtohlen, werden ſie ſo lang dich
feſſeln,
Bis der Tempel deiner Glieder ein zerſtoͤrter Bau ge¬
worden?
Oder willſt du blos mich locken, den du laͤngſt im Netz
gefangen,
O ſo lohnt ſich's nicht der Muͤhe, daß du kalt und ſchlau
geworden!
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Zitationshilfe: | Platen, August von: Gedichte. Stuttgart, 1828, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/platen_gedichte_1828/164>, abgerufen am 03.03.2025. |