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Pinter von der Au, Johann Christoph: Neuer, vollkommener, verbesserter und ergänzter Pferd-Schatz. Frankfurt (Main), 1688.

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Pferde-Schatz.
[Spaltenumbruch] Teutſchen Pferden ins gemein verrichten: So iſt
ja offenbahr/ daß die Teutſchen Pferde mehr uͤberfuͤt-
tert/ als zur Nothdurfft geſpeiſet/ und damit mehr ver-
derbet/ und zu der Arbeit untuͤchtig/ als kraͤfftiger ge-
machet werden/ wann man ſie alſo mit kraͤfftigem
Futter ausſtopffet und uͤberfuͤllet/ daß ſie vor keichen
und blaſen nicht wol aus dem Stall gehen/ geſchwei-
gen geſchwind fortkommen koͤnnen.

Hierinnen ſtecket auch die rechte eigentliche Urſach/
warum die auslaͤndiſche Pferde in Teutſchland/ in
dem erſten und hoͤchſtens andern oder dritten Jahr
anfangen matt und krafftloß zu werden/ zukrancken/
und nichts guts auszurichteu/ welche in ihrem Lande
bey ihrer Wartung in die 20. 30. und mehr Jahr die
beſten Dienſte leiſten koͤnnten/ weil ſie nemlich von
unſern Knechten gezwungen werden/ ihre gute Ge-
wohnheit und maͤſſige Natur allgemach zu verlaſſen/
und eine andere unmaͤſſige Natur anzunehmen/ wi-
der ihr Vermoͤgen und Luſt zu eſſen und zu trincken/
auch deſto minder zuarbeiten/ und muͤſſig zu ſtehen/
welches das rechte Widerſpiel iſt/ demjenigen/ was ſie
in ihrer Erziehung in guter Ordnung und Maͤſſig-
keit angenommen/ und ſo offt aus geuͤbet haͤtten.

Dann wie ſelbige Voͤlcker ſich auf die Pferd-Zucht
Erziehung/ Wartung und Gebrauch ins gemein beſ-
ſer/ als wir verſtehen/ und darinnen der Natur und
Vernunfft gar viel naͤher kommen/ ſo erſetzen ſie den
Uberfluß des Futters bey den Pferden mit deſto fleiſſi-
ger Wartung/ und ſorgfaͤltigen Auffmercken auff je-
de Begebenheit/ Beſchaffenheit/ Veraͤnderung und
Zuſtand/ dem ſie bald abzuhelffen/ den meiſten aber
wol vorzukommen wiſſen; wir aber hergegen/ und
unſere Knechte wollen bey unſern Pferden allen Ab-
gang der noͤthigen Wartung/ mit dem Uberfluß Fut-
ters erſetzen/ und die rechte Verpflegung faſt gaͤntzlich
unterlaſſen.

Die Erfahrung wird einem jeden Liebhaber dieſer
Pferde in die Hand fallen/ wann er zu denſelben
Teutſche Knechte gebrauchen wird/ wie bald ſie die-
ſelben fertig machen koͤnnen/ denn bey denſelben iſt
nun eine gemeine Regel/ daß ſie die Striegel oͤffter
auff die Erde klopffen/ als auff dem Leibe gebrauchen/
den Staub abzubringen/ das Futter/ ſo ſie auff etliche
mahl oder einen gantzen Tag haben ſollen/ auff ein-
mahl fuͤrſchuͤtten/ und darauff einen guten ſtarcken
Trunck thun laſſen/ wie ſie ſelber gewohnet ſeyn/ da-
mit ſie deſto ehe zum Sauffen oder anderer Buͤberey
kommen/ und den Tag damit zubringen/ dabey ihnen
die Pferde ſelber auffwarten moͤgen. Dahero es nicht
unbillich (wiewol in einem andern Verſtand/ als es
ſeyn ſolle/) eine Wartung genennet wird/ wann die
Pferde Nacht und Tag auf ihre gehoͤrige Verſor-
gung warten muͤſſen da doch viel billicher die Knechte
ihrer Schuldigkeit abwarten ſolten/ wann die Pferde
ihrer Dienſte beduͤrffen. Aber dieſer Leute Beſſerung
iſt mehr zuwuͤnſchen als zuhoffen/ und iſt nicht hoch
genug zubeklagen uñ ſich zuverwundern/ wie doch ihre
Herren ſolche Unart gut ſeyn laſſen koͤnnen/ da ihnen
doch der taͤgliche Schaden einen andern Weg zeiget.

Wie offt zufuͤttern.

Welche gewohnet ſeyn ihren Pferden des Tages
[Spaltenumbruch] fuͤnff Futter zugeben/ theilen ſolche Zeit auch nach deß
Tages Laͤnge ein/ daß einerley Zeit zwiſchen jedem
Futter/ und nicht eine laͤnger/ die andere kuͤrtzer ſey/ ſo
auch bey denen noͤthig iſt/ welche vier/ und auch nur
drey Futter zulaſſen/ welches alles ſein erhebliche Urſa-
chen hat/ nur daß ſolche einmal eingefuͤhrte Ordnung
nicht leichtlich oder offt geaͤndert werde/ welche Ver-
wechslung eine andere Unordnung bey den Pferden
verurſachen kan. Dann es will der Columella/ daß
die Pferde groſſe Kopff-Wehe bekommen/ wann ſie
zu ungewiſſer Zeit unordentlich eſſen muͤſſen: denn
Unordnungen ſind zu keiner Zeit keinem Menſchen
oder Thier gut/ koͤnnen auch keinen guten Ausgang
haben/ denn was unzeitig geſchicht/ wird auch zur Un-
zeit wuͤrcken.

Etliche wollen des Pferdes Kraͤffte und Gewaͤchs
durch lauter Habern vermehren/ welches bey den
wachſenden Pferden mehr Schaden als Nutzen
bringet: dann von ſeiner Hitze wird ihnen das Ge-
daͤrm und gantzer Bauch zuſam̃en gezogen und auff-
geſchuͤrtzet/ daßſie wie die Windſpiel ſehen/ welches nit
allein uͤbelſtaͤndig/ ſondern auch auff mehrerley Wei-
ſe ſchaͤdlich/ weil ſolche Pferde auf dem Ruͤcken leicht-
lich gedrucket werden/ in dem der Sattel allzeit zuruͤck
weichet/ ſonderlich wenn man Bergan reitet: es ſcha-
det auch dem Geſicht/ und den innerlichen Gliedern
an der Geſundheit/ dahero der gantze Habern viel beſ-
ſer bey den arbeitſamen Roſſen/ als bey den feyrenden/
und den Alten ungleich geſuͤnder/ als den jungen iſt/
die man damit zuſtaͤrcken noͤthig hat/ uͤber das auch
gantzer Haber nicht voͤllig zu verdaͤuen/ wo deſſen viel
auff einander gegeben wird.

Andere mengen den Haber mit Stroh/ welches den
muͤſſigen Pferden jederzeit gut und geſund/ wo daſ-
ſelbe anders von friſchem reinem Weitzen-oder Ro-
cken-Stroh/ und nicht von altem mauß-fraͤſſigem/
faulen ſtinckenden Dachſtroh/ auch nicht Fingerlang/
ſondern je kuͤrtzer je beſſer geſchnitten iſt/ denn das
lang-geſchnittene Stroh koͤnnen die Pferde nicht aus
dem Halſe bringen/ wann es aber ſtecken bleibet/ ver-
urſachet es den ſelben die Huſten. Ob man aber die
Haͤlffte oder ein Drittheil/ auch wol zwey Drittheil
des Habers darunter menge/ iſt alles gut/ wann es
nach des verſtaͤndigen Austheilers Urtehil erwogen
iſt/ welcher Geſtalt man die Pferde fett und ſtarck ha-
ben will. Ein mehrers aber wuͤrde dem Pferde ei-
nen ungeſtalten Bauch bringen/ der wie den Kuͤhen
zuruͤck und beyderſeits ausgehet/ welches den Sattel
allzeit vorwerts ſchiebet/ und die Pferde vornen auff
dem Riß drucket/ uͤber das ſchmermuͤthig und unge-
ſchickt machet.

Welche Pferde nun den lautern Haber lieber als
das gemengte Stroh eſſen/ und das Stroh mit
Brauſen ausblaſen/ welches ſie doch eſſen ſollen/ muß
man das Futter etwas feucht machen/ biß ſie deſſen
entwohnen: denn das naſſe Futter iſt guten feyren-
den Pferden nicht ſo gut/ als das trockene.

Das Futter ſollen ſie auch mit guter Ruhe eſſen:
denn wann man unter ihrem eſſen viel mit ihnen zu
ſchaffen hat/ oder im Stall umlauffet/ ſehen ſie ſich
darnach um/ und laſſen das meiſte Futter aus dem
Maul auff die Erden fallen.

Wann

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Zitationshilfe: Pinter von der Au, Johann Christoph: Neuer, vollkommener, verbesserter und ergänzter Pferd-Schatz. Frankfurt (Main), 1688, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pinter_pferdschatz_1688/53>, abgerufen am 06.01.2025.