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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787.

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Aber Arner hatte eine schlimme Nacht. Frost
und Hitze wechselten miteinander ab, und die Em-
pörung seines Innersten erhöhte das Wallen seines
Bluts und seines Fiebers. -- Sein Karl hörte ihn
zweymal nacheinander halb laut, daß es Therese
nicht verstund, bey sich selber sagen -- sie bringen
mich noch ins Grab -- sie bringen mich noch ins
Grab. --

Das gute Kind hüllte sich tief in seine Decke,
damit der Papa und die Mama sein Schluchzen
nicht hörten. --



§. 12.
Knechten Größe ist auch Menschen Größe.

So bald der Wein verraucht war, konnte der Ge-
neral auch nicht mehr schlafen. Der Mann, den
der Hund gebissen, gieng ihm im Kopf herum. Es
war ihm wie ein Traum, -- er sey todt, dann war
ihm wider, nein, er sey nicht todt! -- dann staunte
er nach, wie es auch gekommen, daß er ihn mit
den Hunden gehezt -- glaubte halb, Sylvia sey
daran Schuld -- dachte dann wieder, nein, er
könnte ihr unrecht thun, der Wein thue viel im
Menschen, das er nicht wisse -- dann dünkte ihn
wieder -- sie sey doch neben ihm gestanden, und

Aber Arner hatte eine ſchlimme Nacht. Froſt
und Hitze wechſelten miteinander ab, und die Em-
poͤrung ſeines Innerſten erhoͤhte das Wallen ſeines
Bluts und ſeines Fiebers. — Sein Karl hoͤrte ihn
zweymal nacheinander halb laut, daß es Thereſe
nicht verſtund, bey ſich ſelber ſagen — ſie bringen
mich noch ins Grab — ſie bringen mich noch ins
Grab. —

Das gute Kind huͤllte ſich tief in ſeine Decke,
damit der Papa und die Mama ſein Schluchzen
nicht hoͤrten. —



§. 12.
Knechten Groͤße iſt auch Menſchen Groͤße.

So bald der Wein verraucht war, konnte der Ge-
neral auch nicht mehr ſchlafen. Der Mann, den
der Hund gebiſſen, gieng ihm im Kopf herum. Es
war ihm wie ein Traum, — er ſey todt, dann war
ihm wider, nein, er ſey nicht todt! — dann ſtaunte
er nach, wie es auch gekommen, daß er ihn mit
den Hunden gehezt — glaubte halb, Sylvia ſey
daran Schuld — dachte dann wieder, nein, er
koͤnnte ihr unrecht thun, der Wein thue viel im
Menſchen, das er nicht wiſſe — dann duͤnkte ihn
wieder — ſie ſey doch neben ihm geſtanden, und

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[43/0061] Aber Arner hatte eine ſchlimme Nacht. Froſt und Hitze wechſelten miteinander ab, und die Em- poͤrung ſeines Innerſten erhoͤhte das Wallen ſeines Bluts und ſeines Fiebers. — Sein Karl hoͤrte ihn zweymal nacheinander halb laut, daß es Thereſe nicht verſtund, bey ſich ſelber ſagen — ſie bringen mich noch ins Grab — ſie bringen mich noch ins Grab. — Das gute Kind huͤllte ſich tief in ſeine Decke, damit der Papa und die Mama ſein Schluchzen nicht hoͤrten. — §. 12. Knechten Groͤße iſt auch Menſchen Groͤße. So bald der Wein verraucht war, konnte der Ge- neral auch nicht mehr ſchlafen. Der Mann, den der Hund gebiſſen, gieng ihm im Kopf herum. Es war ihm wie ein Traum, — er ſey todt, dann war ihm wider, nein, er ſey nicht todt! — dann ſtaunte er nach, wie es auch gekommen, daß er ihn mit den Hunden gehezt — glaubte halb, Sylvia ſey daran Schuld — dachte dann wieder, nein, er koͤnnte ihr unrecht thun, der Wein thue viel im Menſchen, das er nicht wiſſe — dann duͤnkte ihn wieder — ſie ſey doch neben ihm geſtanden, und

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/61>, abgerufen am 21.11.2024.