Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787.

Bild:
<< vorherige Seite

werden Ihnen, edler, lieber Junker, Vater zu sa-
gen. Gott segne Sie und Ihren Sie verehrenden

Pfarrer Ernst.


§. 11.
Der Sünde Sold ist wohl der Tod;
aber der Sichelmann nimmt immer
den eigentlichen Sünder.

Es war zu viel für heute! Er zitterte ob dem An-
fang des Briefs, und konnte ihn nicht fortlesen. --
Der Schreck ob dem Michel hatte ihn erschüttert,
und der Verdruß darüber empört -- Er war noch
wie im Jast, und izt übernahmen ihn die Bos-
heiten mit den Bauern in Bonnal, die ihm ganz
neu waren, daß er zitterte und den Brief nicht fort-
lesen konnte; es war ihm, wie wenn sein Herz
zerspringen wollte. --

Therese, die in der dunkeln Stube des Bauern
am Vorreyn, und ob der Angst und der Arbeit mit
dem Michel keine Veränderung an Arner bemerkte,
sahe erst izt, wie blaß und entstellt Er aussah, und
sagte, was ist es doch wieder? -- Jesus! du siehest
elender aus als der Michel! Er hatte den Brief in

werden Ihnen, edler, lieber Junker, Vater zu ſa-
gen. Gott ſegne Sie und Ihren Sie verehrenden

Pfarrer Ernſt.


§. 11.
Der Suͤnde Sold iſt wohl der Tod;
aber der Sichelmann nimmt immer
den eigentlichen Suͤnder.

Es war zu viel fuͤr heute! Er zitterte ob dem An-
fang des Briefs, und konnte ihn nicht fortleſen. —
Der Schreck ob dem Michel hatte ihn erſchuͤttert,
und der Verdruß daruͤber empoͤrt — Er war noch
wie im Jaſt, und izt uͤbernahmen ihn die Bos-
heiten mit den Bauern in Bonnal, die ihm ganz
neu waren, daß er zitterte und den Brief nicht fort-
leſen konnte; es war ihm, wie wenn ſein Herz
zerſpringen wollte. —

Thereſe, die in der dunkeln Stube des Bauern
am Vorreyn, und ob der Angſt und der Arbeit mit
dem Michel keine Veraͤnderung an Arner bemerkte,
ſahe erſt izt, wie blaß und entſtellt Er ausſah, und
ſagte, was iſt es doch wieder? — Jeſus! du ſieheſt
elender aus als der Michel! Er hatte den Brief in

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <floatingText>
          <body>
            <div type="letter">
              <p><pb facs="#f0058" n="40"/>
werden Ihnen, edler, lieber Junker, Vater zu &#x017F;a-<lb/>
gen. Gott &#x017F;egne Sie und Ihren Sie verehrenden</p><lb/>
              <closer>
                <salute> <hi rendition="#et">Pfarrer <hi rendition="#fr">Ern&#x017F;t</hi>.</hi> </salute>
              </closer>
            </div>
          </body>
        </floatingText>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">§. 11.<lb/>
Der Su&#x0364;nde Sold i&#x017F;t wohl der Tod;<lb/>
aber der Sichelmann nimmt immer<lb/>
den eigentlichen Su&#x0364;nder.</hi> </head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">E</hi>s war zu viel fu&#x0364;r heute! Er zitterte ob dem An-<lb/>
fang des Briefs, und konnte ihn nicht fortle&#x017F;en. &#x2014;<lb/>
Der Schreck ob dem Michel hatte ihn er&#x017F;chu&#x0364;ttert,<lb/>
und der Verdruß daru&#x0364;ber empo&#x0364;rt &#x2014; Er war noch<lb/>
wie im Ja&#x017F;t, und izt u&#x0364;bernahmen ihn die Bos-<lb/>
heiten mit den Bauern in Bonnal, die ihm ganz<lb/>
neu waren, daß er zitterte und den Brief nicht fort-<lb/>
le&#x017F;en konnte; es war ihm, wie wenn &#x017F;ein Herz<lb/>
zer&#x017F;pringen wollte. &#x2014;</p><lb/>
        <p>There&#x017F;e, die in der dunkeln Stube des Bauern<lb/>
am Vorreyn, und ob der Ang&#x017F;t und der Arbeit mit<lb/>
dem Michel keine Vera&#x0364;nderung an Arner bemerkte,<lb/>
&#x017F;ahe er&#x017F;t izt, wie blaß und ent&#x017F;tellt Er aus&#x017F;ah, und<lb/>
&#x017F;agte, was i&#x017F;t es doch wieder? &#x2014; Je&#x017F;us! du &#x017F;iehe&#x017F;t<lb/>
elender aus als der Michel! Er hatte den Brief in<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[40/0058] werden Ihnen, edler, lieber Junker, Vater zu ſa- gen. Gott ſegne Sie und Ihren Sie verehrenden Pfarrer Ernſt. §. 11. Der Suͤnde Sold iſt wohl der Tod; aber der Sichelmann nimmt immer den eigentlichen Suͤnder. Es war zu viel fuͤr heute! Er zitterte ob dem An- fang des Briefs, und konnte ihn nicht fortleſen. — Der Schreck ob dem Michel hatte ihn erſchuͤttert, und der Verdruß daruͤber empoͤrt — Er war noch wie im Jaſt, und izt uͤbernahmen ihn die Bos- heiten mit den Bauern in Bonnal, die ihm ganz neu waren, daß er zitterte und den Brief nicht fort- leſen konnte; es war ihm, wie wenn ſein Herz zerſpringen wollte. — Thereſe, die in der dunkeln Stube des Bauern am Vorreyn, und ob der Angſt und der Arbeit mit dem Michel keine Veraͤnderung an Arner bemerkte, ſahe erſt izt, wie blaß und entſtellt Er ausſah, und ſagte, was iſt es doch wieder? — Jeſus! du ſieheſt elender aus als der Michel! Er hatte den Brief in

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/58
Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/58>, abgerufen am 30.12.2024.