Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787.

Bild:
<< vorherige Seite

Geschlecht, den ihm Niemand ausziehen könne,
und so lange er diesen habe, so höre sein Beißen
nicht auf.

Es braucht viel und mehr als der Herzog
hatte, das Wahre und Falsche dieser Sätze zu sön-
dern; aber weil er ein so innig gutes Herz hatte, so
schadete ihm der Mischmasch nichts, er that ihm
vielmehr manchmal wohl, zerstreute ihn, und
machte ihm gutes Blut -- und sonst nichts; wenn
es ihm schon zu Zeiten vorkam, es sey wie er sage,
so blieb er im Grund immer was er war -- und
Bylifsky zählte in allweg so sicher auf sein Herz,
als der andere auf die Kunst, ihm für einen Au-
genblick den Kopf herumzudrehen, wohin er wollte.



§. 40.
Ein zweyfacher Unterschied zwischen Sa-
chen und zwischen Menschen.

Der erste war klug genug, seinen Bericht von
Bonnal also einzurichten, daß er zwar mit Be-
stimmtheit äußerte, die Sache gehe gut, und ihre
allgemeine Ausführung könne mit der Zeit dem
Land von Wichtigkeit werden, aber hingegen sich
nichts weniger als eifrig dafür zeigte, sondern
vielmehr eben so bestimmt beyfügte, se fodere

einen

Geſchlecht, den ihm Niemand ausziehen koͤnne,
und ſo lange er dieſen habe, ſo hoͤre ſein Beißen
nicht auf.

Es braucht viel und mehr als der Herzog
hatte, das Wahre und Falſche dieſer Saͤtze zu ſoͤn-
dern; aber weil er ein ſo innig gutes Herz hatte, ſo
ſchadete ihm der Miſchmaſch nichts, er that ihm
vielmehr manchmal wohl, zerſtreute ihn, und
machte ihm gutes Blut — und ſonſt nichts; wenn
es ihm ſchon zu Zeiten vorkam, es ſey wie er ſage,
ſo blieb er im Grund immer was er war — und
Bylifsky zaͤhlte in allweg ſo ſicher auf ſein Herz,
als der andere auf die Kunſt, ihm fuͤr einen Au-
genblick den Kopf herumzudrehen, wohin er wollte.



§. 40.
Ein zweyfacher Unterſchied zwiſchen Sa-
chen und zwiſchen Menſchen.

Der erſte war klug genug, ſeinen Bericht von
Bonnal alſo einzurichten, daß er zwar mit Be-
ſtimmtheit aͤußerte, die Sache gehe gut, und ihre
allgemeine Ausfuͤhrung koͤnne mit der Zeit dem
Land von Wichtigkeit werden, aber hingegen ſich
nichts weniger als eifrig dafuͤr zeigte, ſondern
vielmehr eben ſo beſtimmt beyfuͤgte, ſe fodere

einen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0178" n="160"/>
Ge&#x017F;chlecht, den ihm Niemand ausziehen ko&#x0364;nne,<lb/>
und &#x017F;o lange er die&#x017F;en habe, &#x017F;o ho&#x0364;re &#x017F;ein Beißen<lb/>
nicht auf.</p><lb/>
        <p>Es braucht viel und mehr als der Herzog<lb/>
hatte, das Wahre und Fal&#x017F;che die&#x017F;er Sa&#x0364;tze zu &#x017F;o&#x0364;n-<lb/>
dern; aber weil er ein &#x017F;o innig gutes Herz hatte, &#x017F;o<lb/>
&#x017F;chadete ihm der Mi&#x017F;chma&#x017F;ch nichts, er that ihm<lb/>
vielmehr manchmal wohl, zer&#x017F;treute ihn, und<lb/>
machte ihm gutes Blut &#x2014; und &#x017F;on&#x017F;t nichts; wenn<lb/>
es ihm &#x017F;chon zu Zeiten vorkam, es &#x017F;ey wie er &#x017F;age,<lb/>
&#x017F;o blieb er im Grund immer was er war &#x2014; und<lb/>
Bylifsky za&#x0364;hlte in allweg &#x017F;o &#x017F;icher auf &#x017F;ein Herz,<lb/>
als der andere auf die Kun&#x017F;t, ihm fu&#x0364;r einen Au-<lb/>
genblick den Kopf herumzudrehen, wohin er wollte.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">§. 40.<lb/>
Ein zweyfacher Unter&#x017F;chied zwi&#x017F;chen Sa-<lb/>
chen und zwi&#x017F;chen Men&#x017F;chen.</hi> </head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">D</hi>er er&#x017F;te war klug genug, &#x017F;einen Bericht von<lb/>
Bonnal al&#x017F;o einzurichten, daß er zwar mit Be-<lb/>
&#x017F;timmtheit a&#x0364;ußerte, die Sache gehe gut, und ihre<lb/>
allgemeine Ausfu&#x0364;hrung ko&#x0364;nne mit der Zeit dem<lb/>
Land von Wichtigkeit werden, aber hingegen &#x017F;ich<lb/>
nichts weniger als eifrig dafu&#x0364;r zeigte, &#x017F;ondern<lb/>
vielmehr eben &#x017F;o be&#x017F;timmt beyfu&#x0364;gte, &#x017F;e fodere<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">einen</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[160/0178] Geſchlecht, den ihm Niemand ausziehen koͤnne, und ſo lange er dieſen habe, ſo hoͤre ſein Beißen nicht auf. Es braucht viel und mehr als der Herzog hatte, das Wahre und Falſche dieſer Saͤtze zu ſoͤn- dern; aber weil er ein ſo innig gutes Herz hatte, ſo ſchadete ihm der Miſchmaſch nichts, er that ihm vielmehr manchmal wohl, zerſtreute ihn, und machte ihm gutes Blut — und ſonſt nichts; wenn es ihm ſchon zu Zeiten vorkam, es ſey wie er ſage, ſo blieb er im Grund immer was er war — und Bylifsky zaͤhlte in allweg ſo ſicher auf ſein Herz, als der andere auf die Kunſt, ihm fuͤr einen Au- genblick den Kopf herumzudrehen, wohin er wollte. §. 40. Ein zweyfacher Unterſchied zwiſchen Sa- chen und zwiſchen Menſchen. Der erſte war klug genug, ſeinen Bericht von Bonnal alſo einzurichten, daß er zwar mit Be- ſtimmtheit aͤußerte, die Sache gehe gut, und ihre allgemeine Ausfuͤhrung koͤnne mit der Zeit dem Land von Wichtigkeit werden, aber hingegen ſich nichts weniger als eifrig dafuͤr zeigte, ſondern vielmehr eben ſo beſtimmt beyfuͤgte, ſe fodere einen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/178
Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/178>, abgerufen am 21.12.2024.