Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781.

Bild:
<< vorherige Seite

§. 91.
Des Junkers Antwort.

Aber der Junker setzte den Hut auf, sah et-
was ernsthaft umher, und sagte: Nachbaren!
Ihr bra[uc]htet eben keinen Redner für diese Dohr-
heit -- Die Sache selber und die Erscheinung des
Teufels ist Irrthum; und euer Herr Pfarrer ist
einer der verständigsten Geistlichen. Ihr solltet euch
schämen, ihn so durch einen armen Tropf, wie
euer Ehegaumer da ist, beschimpfen zu wollen.
Hättet ihr gebührende Achtung für seine vernünf-
tigen Lehren, so würdet ihr verständiger werden,
euern alten Weiberglauben ablegen, und nicht al-
len vernünftigen Leuten zum Trotze Meynungen
beybehalten wollen, die weder Hände noch Füsse
haben.

Die Bauern redeten zu Dutzenden: Offenbar
ist doch diese Nacht der Teufel dem Vogt erschie-
nen, und hat ihn nehmen wollen.

Junker. Ihr seyd im Irrthum, Nachbaren!
und ihr werdet euch noch vor dem Nachtessen eu-
rer Dummheit schämen müssen; aber ich hoffe,
ihr seyd doch auch nicht alle gleich verhärtet in

eurer
Z

§. 91.
Des Junkers Antwort.

Aber der Junker ſetzte den Hut auf, ſah et-
was ernſthaft umher, und ſagte: Nachbaren!
Ihr bra[uc]htet eben keinen Redner fuͤr dieſe Dohr-
heit — Die Sache ſelber und die Erſcheinung des
Teufels iſt Irrthum; und euer Herr Pfarrer iſt
einer der verſtaͤndigſten Geiſtlichen. Ihr ſolltet euch
ſchaͤmen, ihn ſo durch einen armen Tropf, wie
euer Ehegaumer da iſt, beſchimpfen zu wollen.
Haͤttet ihr gebuͤhrende Achtung fuͤr ſeine vernuͤnf-
tigen Lehren, ſo wuͤrdet ihr verſtaͤndiger werden,
euern alten Weiberglauben ablegen, und nicht al-
len vernuͤnftigen Leuten zum Trotze Meynungen
beybehalten wollen, die weder Haͤnde noch Fuͤſſe
haben.

Die Bauern redeten zu Dutzenden: Offenbar
iſt doch dieſe Nacht der Teufel dem Vogt erſchie-
nen, und hat ihn nehmen wollen.

Junker. Ihr ſeyd im Irrthum, Nachbaren!
und ihr werdet euch noch vor dem Nachteſſen eu-
rer Dummheit ſchaͤmen muͤſſen; aber ich hoffe,
ihr ſeyd doch auch nicht alle gleich verhaͤrtet in

eurer
Z
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0378" n="353"/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      <div n="2">
        <head>§. 91.<lb/><hi rendition="#b">Des Junkers Antwort.</hi></head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">A</hi>ber der Junker &#x017F;etzte den Hut auf, &#x017F;ah et-<lb/>
was ern&#x017F;thaft umher, und &#x017F;agte: Nachbaren!<lb/>
Ihr bra<supplied>uc</supplied>htet eben keinen Redner fu&#x0364;r die&#x017F;e Dohr-<lb/>
heit &#x2014; Die Sache &#x017F;elber und die Er&#x017F;cheinung des<lb/>
Teufels i&#x017F;t Irrthum; und euer Herr Pfarrer i&#x017F;t<lb/>
einer der ver&#x017F;ta&#x0364;ndig&#x017F;ten Gei&#x017F;tlichen. Ihr &#x017F;olltet euch<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;men, ihn &#x017F;o durch einen armen Tropf, wie<lb/>
euer Ehegaumer da i&#x017F;t, be&#x017F;chimpfen zu wollen.<lb/>
Ha&#x0364;ttet ihr gebu&#x0364;hrende Achtung fu&#x0364;r &#x017F;eine vernu&#x0364;nf-<lb/>
tigen Lehren, &#x017F;o wu&#x0364;rdet ihr ver&#x017F;ta&#x0364;ndiger werden,<lb/>
euern alten Weiberglauben ablegen, und nicht al-<lb/>
len vernu&#x0364;nftigen Leuten zum Trotze Meynungen<lb/>
beybehalten wollen, die weder Ha&#x0364;nde noch Fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e<lb/>
haben.</p><lb/>
        <p>Die Bauern redeten zu Dutzenden: Offenbar<lb/>
i&#x017F;t doch die&#x017F;e Nacht der Teufel dem Vogt er&#x017F;chie-<lb/>
nen, und hat ihn nehmen wollen.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">Junker.</hi> Ihr &#x017F;eyd im Irrthum, Nachbaren!<lb/>
und ihr werdet euch noch vor dem Nachte&#x017F;&#x017F;en eu-<lb/>
rer Dummheit &#x017F;cha&#x0364;men mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en; aber ich hoffe,<lb/>
ihr &#x017F;eyd doch auch nicht alle gleich verha&#x0364;rtet in<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Z</fw><fw place="bottom" type="catch">eurer</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[353/0378] §. 91. Des Junkers Antwort. Aber der Junker ſetzte den Hut auf, ſah et- was ernſthaft umher, und ſagte: Nachbaren! Ihr brauchtet eben keinen Redner fuͤr dieſe Dohr- heit — Die Sache ſelber und die Erſcheinung des Teufels iſt Irrthum; und euer Herr Pfarrer iſt einer der verſtaͤndigſten Geiſtlichen. Ihr ſolltet euch ſchaͤmen, ihn ſo durch einen armen Tropf, wie euer Ehegaumer da iſt, beſchimpfen zu wollen. Haͤttet ihr gebuͤhrende Achtung fuͤr ſeine vernuͤnf- tigen Lehren, ſo wuͤrdet ihr verſtaͤndiger werden, euern alten Weiberglauben ablegen, und nicht al- len vernuͤnftigen Leuten zum Trotze Meynungen beybehalten wollen, die weder Haͤnde noch Fuͤſſe haben. Die Bauern redeten zu Dutzenden: Offenbar iſt doch dieſe Nacht der Teufel dem Vogt erſchie- nen, und hat ihn nehmen wollen. Junker. Ihr ſeyd im Irrthum, Nachbaren! und ihr werdet euch noch vor dem Nachteſſen eu- rer Dummheit ſchaͤmen muͤſſen; aber ich hoffe, ihr ſeyd doch auch nicht alle gleich verhaͤrtet in eurer Z

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/378
Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781, S. 353. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/378>, abgerufen am 03.12.2024.