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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781.

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Vogt. Behüt euch Gott, Kriecher!

Kriecher. Ich sag euch schuldigen Dank, Herr
Untervogt!

Vogt. Du hast mir nichts zu danken. (Er
geht.) Und sagt im Gehn zu sich selbst: Wenn der
nicht den Teufel im Schild führt, so treugt mich
denn alles. Vielleicht wäre das ein Mann, wie ich
einen brauchte gegen den Mäurer; aber wer will
einem Heuchler trauen. Ich will den Schabenmi-
chel lieber, der ist gerade zu ein Schelm.


§. 24.
Ein reines, fröhliches und dankbares
Herz.

Vom Kriecher weg kommt der Vogt zu Aebi,
dem jüngern. Als dieser hörte, was ihm begegnete,
jauchzte er vor Freuden, und sprang auf, wie ein
junges Rind am ersten Frühlingstage auf der Weide
aufspringt -- Das will ich jezt auch meiner Frau
sagen, daß sie sich recht freue.

Ich warte bis morgen; es sind just morgen acht
Jahre, daß sie mich nahm. Es war Josephstag,
ich weiß es noch, wie wenn's gestern wäre. Wir
haben seitdem manche saure, aber auch m[an]che

[ - 1 Zeichen fehlt]ohe

Vogt. Behuͤt euch Gott, Kriecher!

Kriecher. Ich ſag euch ſchuldigen Dank, Herr
Untervogt!

Vogt. Du haſt mir nichts zu danken. (Er
geht.) Und ſagt im Gehn zu ſich ſelbſt: Wenn der
nicht den Teufel im Schild fuͤhrt, ſo treugt mich
denn alles. Vielleicht waͤre das ein Mann, wie ich
einen brauchte gegen den Maͤurer; aber wer will
einem Heuchler trauen. Ich will den Schabenmi-
chel lieber, der iſt gerade zu ein Schelm.


§. 24.
Ein reines, froͤhliches und dankbares
Herz.

Vom Kriecher weg kommt der Vogt zu Aebi,
dem juͤngern. Als dieſer hoͤrte, was ihm begegnete,
jauchzte er vor Freuden, und ſprang auf, wie ein
junges Rind am erſten Fruͤhlingstage auf der Weide
aufſpringt — Das will ich jezt auch meiner Frau
ſagen, daß ſie ſich recht freue.

Ich warte bis morgen; es ſind juſt morgen acht
Jahre, daß ſie mich nahm. Es war Joſephstag,
ich weiß es noch, wie wenn’s geſtern waͤre. Wir
haben ſeitdem manche ſaure, aber auch m[an]che

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[130/0155] Vogt. Behuͤt euch Gott, Kriecher! Kriecher. Ich ſag euch ſchuldigen Dank, Herr Untervogt! Vogt. Du haſt mir nichts zu danken. (Er geht.) Und ſagt im Gehn zu ſich ſelbſt: Wenn der nicht den Teufel im Schild fuͤhrt, ſo treugt mich denn alles. Vielleicht waͤre das ein Mann, wie ich einen brauchte gegen den Maͤurer; aber wer will einem Heuchler trauen. Ich will den Schabenmi- chel lieber, der iſt gerade zu ein Schelm. §. 24. Ein reines, froͤhliches und dankbares Herz. Vom Kriecher weg kommt der Vogt zu Aebi, dem juͤngern. Als dieſer hoͤrte, was ihm begegnete, jauchzte er vor Freuden, und ſprang auf, wie ein junges Rind am erſten Fruͤhlingstage auf der Weide aufſpringt — Das will ich jezt auch meiner Frau ſagen, daß ſie ſich recht freue. Ich warte bis morgen; es ſind juſt morgen acht Jahre, daß ſie mich nahm. Es war Joſephstag, ich weiß es noch, wie wenn’s geſtern waͤre. Wir haben ſeitdem manche ſaure, aber auch manche _ohe

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/155>, abgerufen am 22.12.2024.